
Der virtuelle Luzerner Stadtlauf – ein Selbstversuch im Familienrennen
Normalerweise lockt der Luzerner Stadtlauf gegen 15 000 Rennende auf die Strecken zwischen 660 m und 7 Kilometer. Normalerweise bestreite ich keine Läufe, sondern berichte nur darüber. Aber was ist schon normal in der Corona-Zeit. An Massenveranstaltungen ist nicht zu denken. Der 43. Luzerner Stadtlauf, grösster seiner Art in der Zentralschweiz, wurde abgesagt.
Die Idee der Organisatoren, einige der geplanten Rennen virtuell durchzuführen, gefiel mir. Das Prozedere ist simpel. Man lädt die kostenlose App «viRACE» herunter und loggt sich ein. Zu einer bestimmten Startzeit rennt man da, wo es einem beliebt, los, und legt die vorgegebene Distanz zurück. Die App zeichnet die Strecke und die Laufzeit auf. Unterwegs ertönen Infos, wie weit es noch ist ins Ziel und wie gut die Gegner unterwegs sind.
Startlinie mit Strassenkreide, Spielplatz als Ziel
Ich muss meine Familie nicht zwingen, mit mir das virtuelle Laufexperiment zu wagen. Unsere zwei Töchter sind Feuer und Flamme, als sie sich am Sonntagmorgen in die Turnkleider stürzen für das 1,5 km kurze Familienrennen. Wir starten die App kurz vor 10 Uhr. Eine Roboterstimme motiviert zum Warm-up. Nach ein paar Hampelmännern ertönt der Countdown. Hinter der mit Strassenkreide gemalten Startlinie zählen wir mit: fünf, vier, drei … Der Startton geht im Kirchenglockengeläut unter, wir preschen los, die Jüngsten unter Gekicher. Quer durchs Quartier, entlang des gesperrten Fussballplatzes, mal spazierend, mal joggend kommen wir voran. «Kein Gedränge beim Start, so sollte es immer sein», lobt die App-Stimme. Wir halten uns ans Social Distancing, beim realen Luzerner Stadtlauf wäre das unmöglich gewesen. «Du hast dir eine wirklich schöne Route ausgewählt», findet die App-Dame, obwohl unser Parcours durchs Dorf kaum mit dem Original durch die Luzerner Altstadt mithalten kann.
Wir freuen uns, als es heisst, wir hätten die Hälfte der Strecke geschafft. Und geben Gas, als wir hören, dass uns das Team «DiDrüüPinkeSäuli» direkt auf den Fersen ist. «Wo immer du läufst, kein anderer Teilnehmer hat dieselbe Aussicht wie du», sagt die Roboterstimme. Für den Endspurt – «noch 150 Meter» – ist uns das egal. Denn hier zeigt sich, dass unsere Routenwahl suboptimal war, weil sie am Spielplatz vorbeiführt. So laufen wir die letzten Meter zwischen Schaukel und Rutschbahn im Zickzackkurs. Nach 1,5 km klingt «Sie sind im Ziel, herzliche Gratulation» aus dem iPhone, «lassen Sie sich von den Menschenmassen feiern.» Letzteres bleibt schwierig und uns wird bewusst: ein virtuelles Rennen kann einen richtigen Lauf mit Feststimmung am Streckenrand nie ersetzen.
Wenn dich die Freunde in der Rangliste finden
Während sich unsere Töchter mit Schaukeln belohnen, studieren wir die Finisherzeiten. Diese sind zwar schlecht vergleichbar, da die einen Steigungen einbauen, andere wie wir nicht. 16 Minuten waren wir unterwegs. Die Siegerzeit von 5:13 Minuten beeindruckt uns. Letztlich ging es aber nur ums Mitmachen. Rund 1000 Lauffreunde nutzten die App am Samstag, 170 Familien am Sonntag. Kein schlechter Wert für das virtuelle Format, das das Oltner Start-up-Unternehmen Quevita AG erst am 16. April lancierte. Weitere Läufe sind programmiert.
Während wir diskutieren, dass die App und das virtuelle Rennen eine witzige Sache sind, kommt die SMS eines Freundes. «Wart ihr das, haben euch in der Rangliste entdeckt, sind auch mitgerannt ;-)». Anders als wir wäre er mit seiner Familie auch am realen Lauf in Luzern gestartet. Vielleicht machen wir das 2021 auch? Wenn wieder alles normal ist und man unterwegs das Schnaufen der Kontrahenten statt die Roboterstimme hört.
Hier gibt es weitere Infos zur App viRACE.
Hier gibt es weitere Infos zur Quevita AG, die die Laufapp viRACE entwickelt hat.