Devin Muller und der unbändige Wille des Abgängers

Als Devin Muller am Dienstagmorgen das Eistraining beendet, wird der Stürmer des EHC Olten von zwei Teenagerinnen abgefangen. «Devin, Du darfst nicht gehen! Du bist der Beste!» Dicke Tränen kullern über die Wangen. Muller verabschiedet sich schulterzuckend in die Garderobe und kommt mit Stöcken in der Hand zurück. Er überreicht eines seiner neuwertigen Arbeitsgeräte seinem weinenden Fan. Devin Muller verlässt den EHC Olten Ende Saison definitiv und wechselt für zwei Jahre zum HC Ajoie.

Sein Abgang sorgt gerade in Fankreisen für grosse Emotionen. Als diese Zeitung Devin Muller schliesslich auf seinen Transfer anspricht und danach fragt, wie es dazu gekommen ist, sprudelt es aus ihm heraus. Auch er selber habe «einige Nachrichten und Feedbacks» erhalten. «Ich kann nur betonen, dass der Wechsel nichts mit Geld oder einer Abneigung gegenüber dem EHC Olten zu tun hat», sagt Muller und bekräftigt: «Überhaupt gar nichts.» Die Umstände hätten nun mal einen Wechsel ergeben, «der für alle beteiligten Parteien die beste Lösung ist.» Für ihn, für den EHC Olten, für den HC Ajoie.

Die schlimmste Saison der Karriere
Nach der Juniorenausbildung beim EV Zug liess Devin Muller nichts unversucht, absolvierte zwei Saisons in der Juniorenliga BCHL in Kanada, der Heimat seines Vaters Colin. Danach gab Devin Muller 2012 für den HC Thurgau sein NLB-Debüt. In den vier darauffolgenden Saisons etablierte er sich beim HC La Chaux-de-Fonds zu einer festen Grösse und wurde zum Teamleader. Nicht zuletzt auch dank 22 Treffern aus 47 Spielen machte er den EHC Olten auf sich aufmerksam.

Muller stiess im Sommer 2017 zu den Powermäusen. Er tat es mit einem schweren Rucksack voller Erwartungen. Denn schliesslich wurde er als neuer Schweizer Goalskorer geholt. Doch den Ansprüchen wurde er in Olten nie gerecht. Ist er von sich selber enttäuscht? «Natürlich. Ich habe mehr von mir erwartet, vor allem offensiv. Ich bin jeweils gut gestartet in der Vorbereitung, doch dann kamen die Verletzungen», bedauert er.

Im ersten EHCO-Jahr war es eine Lungenquetschung, die ihn über sechs Wochen ausser Gefecht gesetzt hatte. In dieser Saison musste er wegen einer Schulterluxation aussetzen, verpasste die halbe Saison, ehe er sich nach dem Comeback eine Gehirnerschütterung zuzog und wieder für Wochen ausfiel. Nur 14 Spiele hat er deshalb in dieser Saison bislang absolviert. «Ich erlebe gesundheitlich die schlimmste Saison meiner Karriere, es ist eine riesige Pechsaison», sagt er.

Und dennoch: Muller will die Verletzungen in keiner Weise als Entschuldigung seiner durchzogenen Leistungen voranschieben. Ganz im Gegenteil. Er wird selbstkritisch: «Wenn ich ein Riesentalent wäre, würde ich nicht in der NLB spielen. Ich kann Eishockey spielen, aber man muss realistisch bleiben.»

Die Rolle akzeptiert
Devin Muller rutschte unlängst in der Team-Hierarchie ab, die offensiven Rollen wurden verletzungsbedingt ohne seine Berücksichtigung besetzt. Natürlich bedauere er es zutiefst, nicht eine Skorer-Rolle innezuhaben, «aber ich akzeptiere es zu 100 Prozent. Ich will jetzt mit meiner positiven Einstellung dem Team helfen», sagt er.

Ohnehin sei er mittlerweile in einem Alter, in dem er realisiere, dass das Team wichtiger sei als das eigene Befinden, so der 26-Jährige. «Wenn ich jetzt in den Playoffs 20 Tore schiesse, weiss das in zehn Jahren niemand mehr. Aber wenn wir den Meistertitel holen, wird das die Stadt für lange Zeit nicht vergessen.» Und einen Teil einer solchen Geschichte zu sein, wird man als Eishockeyspieler nie mehr vergessen. «Unser grosses Ziel steht nun im Vordergrund.»

Grosses Ziel: Jetzt erst recht
Nun, mit dem Bekanntwerden seines Abgangs, will Devin Muller mit dem Motto «Jetzt erst recht» in die Playoffs gehen. «Diejenigen, die mich kennen, wissen: Es interessiert mich jetzt nicht, wo ich nächste Saison spiele. Ich werde alles daransetzen, dass wir den Kübel nach Olten holen», so Muller enthusiastisch. Er spricht Klartext: «Und sollte es zu einer Serie gegen Ajoie kommen, werde ich erst recht motiviert sein und mich vor keinem Gegenspieler scheuen.»

Der unbändige Wille des Abgängers. Die Voraussetzungen für einen Triumph seien optimal, ja so gut wie noch nie in seiner Karriere, glaubt Muller. «Wir haben das Potenzial für den Titel. Wir haben die individuelle Klasse und auch die menschliche Seite stimmt im Team mit super Charakteren. Ich will das mit diesem Team wirklich erreichen. Das ist für mich eine grosse Herzensangelegenheit.»

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