
Dichtestress in der Challenge League hinter den Grasshoppers
Vorneweg GC, das sich zuletzt als Tabellenführer etwas abgesetzt hat und sechs Punkte vor dem ersten Verfolger Schaffhausen liegt. Noch dürfen sich die Hoppers nicht zurücklehnen – doch bleiben sie so nüchtern und effizient wie zuletzt, steht dem Wiederaufstieg in die Super League kaum mehr etwas im Weg.
Viel spannender dürfte da das Rennen um Rang zwei werden. Von Schaffhausen bis zum Sechsten Winterthur dürfen sich alle Teams berechtigte Hoffnungen auf die Barrage machen. Alle haben sich in dieser Saison gegenseitig Punkte abgeknöpft und werden dies bis zuletzt weiterhin tun, der Dichtestress erschwert eine Prognose, das Wettkampfglück wird ebenfalls seinen Teil dazu beitragen.
1. Grasshoppers
GC ist das Mass aller Dinge und wird den Aufstieg mehr oder wenig ungefährdet schaffen. Das Spielerkader ist qualitativ und quantitativ der Konkurrenz überlegen. Der Fussball, den die Mannschaft spielt, ist alles andere als unterhaltsam oder gar spektakulär, aber er ist zweckmässig und zielorientiert. Nicht zu unterschätzen: Es spricht für die GC-Spieler, dass sie sich auch durch die internen Querelen in der Führungsetage in den vergangenen Wochen nicht aus der Ruhe bringen liessen und resultatmässig keinen Einbruch verzeichneten.
2. Thun
Solange bei GC die Millionen aus China fliessen, ist es egal, in welcher Liga man spielt – Geldsorgen gibt es keine. Das gilt nicht für die Thuner: Mittelfristig müssen sie zurück in die Super League, wo die TV-Gelder und die Transfererlöse für eigene Spieler um ein Vielfaches höher sind als im Unterhaus. Darauf ist das Geschäftsmodell ausgelegt. Klubboss Andres Gerber und Trainer Carlos Bernegger ist es gelungen, den Spielern die Aufstiegspflicht einzutrichtern. Aus der aktuellen Resultatkrise werden sich die Thuner schon bald befreien und am Ende als «best of the rest» hinter GC in die Barrage einziehen.
3. Aarau
Verrückt: Der FC Aarau stellt die beste Offensive der Liga, vergibt aber auch die meisten Grosschancen. Schon bei einer durchschnittlichen Effizienz im Torabschluss wäre die Mannschaft ein ernsthafter Anwärter auf Rang 1. Deshalb und weil die Fehlerquote auch in der Defensive zu hoch ist (am drittmeisten Gegentore), wird der FCA zwar weiterhin für Spektakel sorgen, die Barrage aber knapp verpassen. Der Boden für die Ernte in der nächsten Saison jedoch ist gelegt: Vorausgesetzt, das Kader bleibt im Sommer einigermassen beisammen und wird punktuell noch verstärkt, ist Aarau dann ein heisser Aufstiegsanwärter.
4. Schaffhausen
Der FC Schaffhausen hat sich vom Abstiegskandidaten zum Spitzenklub gemausert. Für den Erfolg des aktuellen Tabellenzweiten zeichnen der Trainer, zwei Topstürmer und das Kollektiv verantwortlich: Chefcoach Murat Yakin ist keine Arbeitsbiene, aber ein hervorragender Taktiker. Auf dem Platz stechen die Goalgetter Rodrigo Pollero und Ivan Prtajin heraus, die bisher elf beziehungsweise neun Tore erzielt haben. Bleibt die Frage, ob der FC Schaffhausen im Schlussspurt weiterhin auf konstant hohem Niveau spielen kann oder ob er im Kampf um den Barrageplatz abreissen lassen wird. Letzteres ist die wahrscheinlichere Variante.
5. Stade Lausanne-Ouchy
Zahlreiche Exponenten der Liga sind sich einig: Zusammen mit dem FC Aarau spielt Stade Lausanne-Ouchy den attraktivsten Fussball. Der frühere Barcelona-Spieler Meho Kodro veredelt die Vorarbeit von Trainerlegende Andrea Binotto, mit dem der Klub aus dem Lausanner Tourismusviertel Ouchy 2019 in die Challenge League aufgestiegen ist. SLO hat geschafft, woran andere Klubs mit ähnlicher Philosophie gescheitert sind: Aus einer zusammengewürfelten Truppe wurde ein homogenes Gebilde. Im Barrage-Rennen werden die Waadtländer lange ein Wörtchen mitreden, auf der Zielgerade aber anderen den Vortritt lassen müssen.
6. Winterthur
Die Mannschaft von Trainer Ralf Loose kann jeden Gegner schlagen. Aber sie kann auch gegen jedes Team verlieren. Zuletzt setzten die Zürcher auf die Karte Defensive, spielten gegen Kriens und Aarau jeweils 0:0 und holten aus den sechs vergangenen Partien nur zwei Punkte. Folge: Absturz auf Rang 6. Die Trümpfe sind Mittelstürmer Roman Buess (8 Tore) und der aktuell verletzte Teamleader Davide Callà, ohne den der Punkteschnitt in den Keller fiel. Typisch für den FC Winterthur ist, dass ihm jeweils gegen Saisonende die Luft ausgeht. Auch dieses Mal.