Die Dänen sind die neuen Schweden: Ihr Erfolgsrezept gegen das Virus könnte auch in der Schweiz funktionieren

Während in den meisten europäischen Ländern die Corona-Ansteckungen steil ansteigen, ist die dänische Kurve seit einem Monat flach. Im Sieben-Tages-Durchschnitt gab es zuletzt gar eine Delle nach unten. Dabei hat das Land mit seinen fünf Millionen Einwohnern keine neuen Restriktionen verfügt.

Es gelten nur wenige Einschränkungen. Bars und Restaurants müssen um 22 Uhr schliessen, im öffentlich Verkehr herrscht Maskenpflicht, aber nur dort. Zudem es gilt eine Versammlungsgrenze von 50 Personen – ausser bei Anlässen mit sitzendem Publikum: Da dürfen weiterhin 500 Personen zusammenkommen.

Ansonsten ist die Gesellschaft offen, und die Lage laut den Behörden unter Kontrolle. Die Kontaktverfolgung funktioniert, lokale Ausbrüche können rasch eingedämmt werden.

Die Regierung orientiert sich am schwedischen Modell und setzt fast ausschliesslich auf Empfehlungen: Hygiene, Abstand, freiwilliges Home-Office und reduzierte soziale Kontakte. Regierungschefin Mette Frederiksen sagte am Donnerstag, diese freiwilligen Empfehlungen seien die «Superwaffe» im Kampf gegen Covid-19.

Abstand halten, das ist die «Superwaffe »der dänischen Regierungschefin Mette Frederiksen.

Abstand halten, das ist die «Superwaffe »der dänischen Regierungschefin Mette Frederiksen. © Keystone

Schnelle Gratis-Tests für alle als Erfolgsgarant

Und noch eine zweite «Superwaffe» führt Dänemark gegen das Virus ins Feld: das Testen. Im Vergleich der grösseren europäischen Länder schwingt Dänemark klar oben aus bezüglich der Anzahl Tests pro Einwohner: Zuletzt waren es dreimal so viele wie in der Schweiz.

Die Positivrate liegt bei 1,3 Prozent (gegenüber 17,7 in der Schweiz). Die Tests werden in speziell eingerichteten Zentren gratis durchgeführt und können online gebucht werden, unabhängig davon, ob man Symptome hat oder nicht. Ein Arztkontakt ist nicht nötig. Vor dem Besuch bei den Grosseltern schnell testen lassen? Kein Problem!

Die schnellen Tests machen Quarantänemassnahmen zudem nahezu unnötig: Nahe Kontakte einer positiv getesteten Person müssen zum Test und erhalten meist innerhalb von 24 Stunden das Resultat. Ist dieses negativ, ist keine weitere Quarantäne mehr nötig. Nur bei der Einreise aus Risikogebieten müssen auch die Dänen nach wie vor in Isolation. Allerdings wird diese nicht kontrolliert, man setzt auf Vertrauen.

Kühner Vorschlag: Tests nochmals massiv erhöhen

Trotz der guten Lage haben allerdings auch in Dänemark zuletzt die Warnlampen zu blinken begonnen. Nach einzelnen Tagen mit leicht erhöhten Fallzahlen fordern nun mehrere Epidemiologen Massnahmen, wie sie andere Länder schon länger kennen: ausgeweitete Maskenpflicht und tiefere Versammlungsgrenze. Die dänische Regierung wartet vorerst jedoch weiter ab.

Derweil haben sich die Wirtschaftsweisen, ein Beratergremium der Regierung, mit einem kühnen Alternativvorschlag zu Wort gemeldet: Die Anzahl der Tests solle noch um ein Vielfaches erweitert werden, von heute 360’000 auf 2,9 Millionen Tests pro Woche. Damit könnte die gesamt Bevölkerung jede zweite Woche getestet werden.

Das wäre zwar enorm teuer, doch würde die Kontaktverfolgung noch effizienter. Wirtschaft und Gesellschaft könnten problemlos am Laufen gehalten werden.