Die EHC Olten AG schlitterte an einer Katastrophe vorbei – wie kam es dazu?

Die EHC Olten AG weist einen Verlust von 400 000 Franken aus. Eigentlich wäre er sogar im Bereich von über einer Million. Wie konnte das passieren?
Marc Thommen: Wir haben gesehen, dass unser Budget unter den gegebenen Umständen nicht umsetzbar ist. Erst jetzt haben wir, nach Bereinigung des Budgets, die effektive Kostenwahrheit.

Können Sie Beispiele nennen, wie es zu diesem Fehlbetrag kommen konnte?
Es wurde zum Beispiel ein Donatorenbetrag, der für diese Saison vorgesehen war, bereits auf die letzte Jahresrechnung gebucht. Den konnten wir entsprechend nicht mehr in der laufen Rechnung verbuchen. Es geht da um mehrere hunderttausend Franken. Zusätzlich fehlen uns Einnahmen aus dem Debitoren-Bereich, welche sich auf rund eine Viertelmillion Franken belaufen. Und zu schlechter Letzt hatten wir noch einen grossen Abschreiber auf unser WIR-Vermögen in der Höhe von einer halben Million im Bereich von 30 bis 40 Prozent (146 000 Franken).

Nicht hilfreich in diesem ganzen Prozess war die Vorwärtsstrategie des alten Verwaltungsrats…
Das ist so. Die Mannschaft wurde sukzessive teurer und Spieler zum Teil mit langjährigen Verträgen angebunden. Dasselbe gilt für diverse, längerfristige Sponsoring-Vereinbarungen, welche uns die Hände gebunden haben. Wir konnten und können erst jetzt entsprechende Korrekturen vornehmen. Wir sind nun bemüht, eine eigentlich konkursreife AG wieder auf Vordermann zu bringen.

Also wäre die EHCO AG Konkurs gegangen, wenn die Mitglieder des Verwaltungsrats und dem Klub nahe stehende Personen nicht Geld im sechsstelligen Bereich eingeschossen oder auf Forderungen verzichtet hätten?
Es war eigentlich schon eins nach Zwölf. Der VR hat sich mit dem Szenario auseinandergesetzt, die Bilanz zu deponieren. Die erste Rettungsaktion gab es im April 2018. Die zweite im März 2019.

Wieso sind Sie damit erst jetzt an die Öffentlichkeit gegangen?
Wir wollten die GV abwarten und dort eine saubere Rechnung präsentieren. Es geht jetzt auch nicht darum, mit dem Finger auf Leute zu zeigen, welche sich jahrelang mit viel Einsatz und Herzblut für diesen Klub eingesetzt haben. Wir wollen vorwärts schauen. Klar ist für uns, dass wir in Zukunft jeden Franken, dem wir ausgeben, zwei bis dreimal umdrehen. Denn für uns ist zwingend, dass der EHCO wieder schwarze Zahlen schreibt.  

Kommentar: Den totalen Kollaps abgewendet

Das, was schon seit geraumer Zeit gemunkelt wurde, kam nun auf dem Tisch. Der EHC Olten ist in den letzten Monaten in eine fatale Schräglage geraten. Der finanzielle Kollaps der Organisation konnte nur dank massiven monetären Sondermassnahmen des Verwaltungsrats abgewendet werden. In den letzten Jahren, bevor die neue Führungscrew um VR-Präsident Marc Thommen das Zepter übernommen hat, ist die Kontrolle über den Geschäftsgang der AG offensichtlich komplett verloren gegangen. Mit fast desaströsen Folgen. Wenn einem bei der Lektüre des aktuellen Geschäftsberichts vor Augen geführt wird, welche – teilweise haarsträubenden – finanziellen Klimmzüge im Rahmen der vom alten VR der EHC Olten AG um Ex-Geschäftsführer Peter Rötheli ausgerufenen Vorwärtsstrategie eingegangen wurden, dann muss man froh sein, dass die Powermäuse in etwas weniger als einem Monat überhaupt noch an der Meisterschaft teilnehmen werden. Die gute Nachricht ist: Der EHCO hat nach diesem finanziellen Kraftakt und der internen Strukturbereinigung die Basis dazu gelegt, dass der Klub auf einem stabilen Fundament in die Zukunft gehen kann. Der Verwaltungsrat und Geschäftsführer Patrick Reber sind mit voller Kraft dabei, das Unternehmen so zu strukturieren, dass der EHCO als ambitionierte Eishockey-Organisation weiterexistieren kann – aber unter wirtschaftlich vernünftigen Rahmenbedingungen. (Marcel Kuchta)