Die ewige Leier beim FC Aarau

Noch ein Eckball. FCA-Captain Elsad Zverotic kommt zum Schuss – abgewehrt! Nächster, endgültig letzter Versuch – doch die Flanke von Liridon Balaj ist viel zu harmlos. Und damit symptomatisch: Nach dem kurz darauf ertönenden Schlusspfiff bleibt aus Aarauer Sicht die bittere Erkenntnis, dass mehr möglich gewesen wäre. Viel mehr.

Und so wiederholen sich die Ereignisse: Wie gegen Thun (0:1) und gegen Kriens (2:2) bringt sich der FC Aarau um  den Lohn, um die drei Punkte, die ihm gemessen an der Leistung und dem Chancenverhältnis zugestanden wären.

Wollten die Spieler etwa die Worte ihres Trainers Stephan Keller untermauern? Der sagte vor dem GC-Spiel im Interview mit der Aargauer Zeitung: «Statistisch gehören wir europaweit zu den Mannschaften, die im Verhältnis zum Aufwand am schlechtesten wegkommen. Wir nützen aktuell nur 20 Prozent unserer Torchancen.»

Gleich sechs Grosschancen lässt Aarau liegen

Dieser Wert hat sich gegen die Zürcher sogar noch verringert. Gleich sechs Grosschancen lässt Aarau liegen, darunter ein schwach geschossener Penalty von Olivier Jäckle, dem jedoch eine Fehleinschätzung von Schiedsrichter Nicolas Jancevski vorangeht: GC-Verteidiger Toti springt der Ball kurz vor der Pause nicht an die Hand, sondern ins Gesicht.

Neben Jäckle sündigen Kevin Spadanuda, Petar Misic und der eingewechselte Liridon Balaj. Sie alle scheitern aus bester Position am eigenen Unvermögen oder an GC-Goalie Matic. Verrückt: Zwischen der 20. und 24. Minute reiht Aarau vier Grosschancen aneinander.

Die Frage drängt sich auf: Wie wäre das Spiel ausgegangen, hätte Aarau auf seinen sechsfachen Torschützen Shkelzen Gashi zählen können? Der 32-Jährige ist krank gemeldet, ob Corona oder eine «normaler» Infekt dahintersteckt, bleibt bis dato ungeklärt. Fakt ist: Gashis Kaltblütigkeit vor dem gegnerischen Tor hätte dem FC Aarau gegen GC sehr gut getan.

Das Aarauer Sturmduo bilden an diesem Abend zu Beginn Marco Aratore und Petar Misic. Zwei klein gewachsene Leichtgewichte, die in dieser Saison noch ohne Torerfolg sind. Die beiden reiben sich gegen die robusten GC-Verteidiger auf, sehen aber kein Land. Ihre Auswechslung zur Pause ist logisch und bezeichnend für die grosse Schwachstelle eines spielerisch gefälligen FCA. Indes: Auch Stojilkovic und Balaj, die es danach an Stelle von Aratore und Misic versuchen, können die Gashi-Lücke in keiner Weise schliessen und bleiben harmlos.

Harmlos: Diese Bezeichnung gilt lange auch für die GC-Offensive, immerhin die zweitbeste der Liga. Und trotzdem gehen die Gäste in der 31. Minute in Führung. Ein Geschenk von Simon Enzler, dem bislang so starken Goalie im Tor des FC Aarau. Er rutscht beim Versuch der gepflegten Spieleröffnung aus, der Ball landet bei André Santos und der GC-Stratege nutzt seine ganze Routine, um das Spielgerät aus 30 Metern direkt ins Tor zu befördern.

Mit der glücklichen Führung im Rücken besinnen sich die Hoppers auf das Verteidigen und lassen Aarau anrennen. Erst in der Schlussphase bieten ihnen sich nach Kontern die Chancen, das Skore zu erhöhen. Doch gegen das harmlose Heimteam ist dies am Ende nicht nötig. Und so liegen nun acht Punkte zwischen Tabellenführer GC und dem Siebten Aarau, das vorerst im Mittelfeld kleben bleibt, statt sich in der Spitzengruppe zu positionieren.

Bleibt der Blick neben das Spielfeld, auf die ewige Stadionposse des FC Aarau, die seit gestern Abend um eine weitere Schmonzette reicher ist: Wie schon am 3. Oktober gegen Chiasso (2:1) lodern gegen GC plötzlich Flammen im Sicherungskasten eines Flutlichtmasten. Drei Feuerwehrautos rasen mit Blaulicht heran, der Schiedsrichter unterbricht die Partie, lässt dann aber weiterspielen, weil die Sicht für die Spieler noch ausreiche.

Good News von der Stadionfront

Wenige Stunden vor dem Anpfiff des Spiels gegen die Grasshoppers feiert der FCA bereits den ersten Sieg des Tages – abseits des grünen Rasens: An der schriftlich geführten Generalversammlung der Swiss Football League SFL haben 19 von 20 Klubs der Änderung der Stadionklausel im Lizenzreglement zugestimmt. Demnach wird künftig die Ausnahmebewilligung für die Austragung von Profispielen in einem eigentlich nicht den Vorgaben entsprechenden Stadion nicht mehr für maximal 5 Jahre erteilt, sondern jeweils um ein Jahr verlängert werden, wenn der betroffene Klub alles in seiner Macht stehende getan hat, um das Neubauprojekt voranzutreiben.

Die Reglementsänderung war sehr wichtig für den FC Aarau: Gemäss den bisherigen Bestimmungen wäre die Ausnahmebewilligung für das Brügglifeld Ende Saison 2021/22 ausgelaufen. Sie wäre nur verlängert worden, wenn bis Herbst 2021 mit den Bauarbeiten am neuen Stadionstandort Torfeld Süd beginnen würden – was nicht passieren wird. Der FCA hätte nach Sommer 2022 im Brügglifeld nur dann weiterhin Profispiele absolvieren dürfen, wenn das Stadion für mehrere Millionen saniert worden wäre – aus finanzieller Sicht und wegen drohender Einsprachen keine ernsthafte Option.