Die fünf Fallstricke bei der Erhöhung des Frauenrentenalters

Vor 26 Jahren wurde das Frauenrentenalter von 62 auf 64 Jahre angehoben. Dieser Schritt erscheint heute revolutionär. Für die Bürgerlichen ist die Anhebung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre eine Selbstverständlichkeit, die Linke wehrt sich vehement dagegen. Was taugen die Argumente?

Altersarmut ist weiblich

Gemäss Studien ist das Geschlecht ein Risiko für Altersarmut. 11 Prozent aller Frauen beantragen direkt beim Renteneintritt Ergänzungsleistungen, um über die Runden zu kommen. 2019 bezogen über 140’000 Frauen Ergänzungsleistungen – bei den Männern waren es halb so viele.

Die Krux mit der beruflichen Vorsorge

Allerdings: Bei der Höhe der AHV-Renten gibt es praktisch keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Dennoch moniert die Linke, dass die Renten der Frauen einen Drittel tiefer sind als diejenigen der Männer. Der Grund dafür liegt aber nicht in der AHV, sondern in der beruflichen Vorsorge. Rund ein Drittel aller Frauen kann aktuell keine Renten aus der Pensionskasse beziehen, da sie nur Teilzeit oder in Niedriglohnbranchen gearbeitet haben; so erfolgten während der Erwerbszeit keine obligatorischen Abzüge in die berufliche Vorsorge (BVG).Das heisst: Frauen werden im Alter dafür bestraft, weil sie im Vergleich zu Männern einen Grossteil der unbezahlten Arbeit leisten, die nicht versichert ist.

Auch Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel sagt:

«Wir haben grosse Benachteiligungen bei der zweiten Säule, aber ich hoffe trotzdem, dass wir das Frauenrentenalter heben können, weil Rentenalter 65 überfällig ist und wir die AHV leicht entlasten können.»

Die Reform der beruflichen Vorsorge, welche eine Verbesserung für die Rentensituation der Frauen vorsieht, ist im Parlament hängig.

Brüche im Erwerbsleben

Bei den Arbeitnehmenden, die bis zum gesetzlichen Pensionsalter arbeiten wollen, aber keine Stelle mehr finden, sind Frauen dreimal mehr betroffen als Männer. «Das trifft Arbeitslose oder Teilzeitarbeitende ab 55 Jahren», sagt Gabriela Medici vom Gewerkschaftsbund. Lukas Müller-Brunner vom Arbeitgeberverband entgegnet, dass der Bundesrat ein Massnahmenpaket erarbeitet habe zur Stärkung der Marktfähigkeit älterer Arbeitsloser – wie die Überbrückungsleistungen.

Was die Verfassung sagt

Die Hälfte aller Frauen, die mit 64 in Rente gehen, müssen mit weniger als 1754 Franken AHV-Rente pro Monat auskommen. Medici weist darauf hin, dass die AHV gemäss Verfassung existenzsichernd sein muss. Müller-Brunner sagt, Frauen würden von einem höheren Rentenalter profitieren, indem sie mehr Beitragsjahre in der AHV aufweisen und zusammen mit dem Arbeitgeber ein höheres Sparkapital in der Pensionskasse ansammeln könnten.

Die Mobilisierung der Frauen

Der Frauenstreik von 2019 hallt nach. Noch selten wurde derart intensiv über Frauenanliegen diskutiert – Frauen sind zum politischen Machtfaktor geworden. Das zeigt auch der Appell «Hände weg von den Frauenrenten» der Gewerkschaften. Mehr als 300’000 Menschen haben ihn unterzeichnet.