Die Fussballer des FC Aarau sind zum Erfolg verdammt

Wer in diesen Tagen in Gespräche über den FC Aarau verwickelt ist, der hört stets die gleiche Frage: «Woher kommt plötzlich das viele Geld, um Spieler wie Marco Schneuwly, Elsad Zverotic oder Mickael Almeida ins Brügglifeld zu lotsen? Wer finanziert den prominenten Trainerstaff um Patrick Rahmen und Marco Walker?» Das Kader für die siebte Challenge-League-Saison des Vereins ist gemäss Insidern teurer als alle sechs bisherigen: Rund fünf Millionen Franken werden bis im nächsten Frühling für die Profiabteilung aufgeworfen. Und immer noch steht der Transfer von Grossverdiener Goran Karanovic im Raum.

Woher hat der FC Aarau plötzlich so viel Geld? Die Antwort hängt mit der Bedeutung der bevorstehenden Saison zusammen. Wahrscheinlich im ersten Halbjahr 2019 stimmt das Aarauer Stimmvolk über die BNO-Teilrevision im Areal Torfeld Süd ab. Gibt es ein «Ja», darf die Bauherrin HRS «Plan B» umsetzen: ein Fussballstadion mit 10 000 Plätzen, umgeben und querfinanziert von vier Hochhäusern. Gibt es ein «Nein», wird es im Torfeld Süd kein Stadion geben. Und weil die dann notwendige Brügglifeld-Sanierung a) Millionen kostet und b) wohl von den Anwohnern torpediert würde, steht im Fall eines «Neins» der Rückzug des FC Aarau aus dem Profifussball im Raum.

Das wäre das Worst-Case-Szenario. Als nicht direkt ins Bauprojekt involvierte Partei sind dem FC Aarau die Hände gebunden, dennoch kann er die Abstimmung beeinflussen: mit attraktivem und erfolgreichem Fussball. Während der vergangenen Saison hiess es: Solch miserable Leistungen haben kein neues Stadion verdient. In der Saison 2018/19 soll das Gegenteil der Fall sein. Der Verein ist zum Erfolg verdammt. Es heisst zwar: Geld schiesst keine Tore. Trotzdem: Routinierte und hungrige Spieler mit Super-League-Erfahrung erhöhen die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg. Dafür wird auch eine Korrektur des im Januar 2018 eingeschlagenen Kurses in Kauf genommen: Damals erhielten vier Nachwuchstalente Profiverträge, Sportchef Sandro Burki sagte: «Wir wollen vermehrt auf Talente aus der Region setzen.» Ist dieser Plan ad acta gelegt? Jein. Die vier erwähnten Jungprofis wurden in den vergangenen Wochen ausgeliehen oder in den Nachwuchs zurückversetzt. Vertraglich an den FCA gebunden sind sie aber weiterhin, ebenso werden sie immer mal wieder mit den Profis trainieren. Die Transferstrategie dieses Sommers aber war deutlich auf kurzfristigen Erfolg ausgerichtet. Es kamen Profis im fortgeschrittenen Alter und viele Leihspieler. Heisst: In einem Jahr wird das Kader, egal in welcher Liga es weitergeht, erneut ein starkes Facelifting erfahren.

Das letzte Gefecht des Präsidenten

Nun endgültig zur entscheidenden Frage der Geldbeschaffung: Zum einen hat der FCA das Glück, auf treue und grosszügige Sponsoren und Gönner zählen zu dürfen, die trotz jahrelanger Krise beim letzten Anlauf zum neuen Stadion nochmals mithelfen. Mit der Stadion-Bauherrin HRS ist ein Sponsor dazugestossen, der pro Saison 200 000 Franken zahlt. Zum anderen hat die FCA-Führung um Präsident Alfred Schmid die jahrelang angesammelten Reserven angezapft, um die Verpflichtung von neun Spielern und eines neuen Trainerstabs zu ermöglichen. In jedem Geschäftsjahr der Ära Schmid (seit 2007) machte der Klub Rückstellungen: Das Konto wurde angelegt, um dereinst mit einer schlagkräftigen Mannschaft ins neue Stadion zu ziehen. Nun wurde der Zweck modifiziert, nun wurde das Geld ausgegeben, um ein schlagkräftiges Team für die Abstimmung zu formen. Der Baumeister: Sportchef Sandro Burki.

Präsident Schmid sagt: «Wir wollten gegenüber dem Aarauer Stimmvolk ein Zeichen setzen, dass wir es ernst meinen, dass wir unseren Beitrag leisten und dass in Aarau erfolgreicher Spitzenfussball möglich ist. Den Vorwurf, nicht alles in unserer Macht Stehende für eine erfolgreiche Abstimmung getan zu haben, dürfen wir nicht aufkommen lassen.» Für Schmid ist die bevorstehende Saison die zwölfte und letzte als Präsident – vorausgesetzt, er findet einen Nachfolger. Wer Schmid kennt, der weiss: Das Stadion ist für ihn eine Herzensangelegenheit und eine Frage des Stolzes. Er zieht nun in sein letztes Gefecht. Als der Präsident in die Geschichte einzugehen, in dessen Ära der Traum endgültig platzt, träfe ihn sehr. Um das zu verhindern, tut er im Hintergrund das Seinige: Sich öffentlich dazu äussern mag er nicht, aber ziemlich sicher half der Unternehmer in diesem Sommer erneut als Mäzen aus. Und dass Schmid das Anzapfen der Klubreserven forciert, versteht sich von selbst: Schliesslich gründen sie grossteils auf seinen Spenden, also will er es sein, der die Ersparnisse ausgibt. Für seinen Nachfolger hat er sie jedenfalls nicht angeschafft.