
Die junge Wilden des FC Aarau sorgen für eine Premiere
Wie motiviert ein Trainer eine Mannschaft, die im Tabellenkeller der Challenge League klassiert ist, aber nicht absteigen kann? Einfach deshalb, weil es keinen Absteiger gibt. Gar nicht so einfach: Aber halt! Da gibt es Begriffe und Reizpunkte wie Prestige, Ehre und Stolz. Und da gibt es natürlich auch noch den Umstand, dass die Spieler in dieser Endphase der Meisterschaft Werbung in eigener Sache machen müssen, um in Zukunft weiterhin im Profigeschäft einen Platz zu haben.
Patrick Rahmen, der Trainer des FC Aarau, hat vor dem Spiel in Chiasso noch einen weiteren Ansatz gefunden: «Es braucht mehr als das gute Spiel gegen Wil, um den desolaten Auftritt beim 0:5 gegen GC vor einer Woche gutzumachen. Wir vom Trainerstaff und die Mannschaft haben eine Verantwortung gegenüber unseren Sponsoren und Fans, die dem FC Aarau in der Coronakrise sehr solidarisch gestimmt sind.»
Man war also gespannt, welches Gesicht der FC Aarau nach dem Debakel gegen GC und dem überzeugenden 4:1-Sieg gegen Wil im Tessin zeigen wird. Antwort: Werbung in eigener Sache hat der FC Aarau beim Tabellenletzten Chiasso vor der trostlosen Kulisse von nur 160 Zuschauern im Stadio Riva IV zwar keine gemacht. Von Spielkultur oder gar Spektakel war wenig bis nichts zu sehen. Aber Rahmens Mannschaft hat mit dem 3:1-Erfolg die resultatmässige Pflicht erfüllt. Und sie hat wiederum in den Basics überzeugt: Solidarität, Kampfwille, Laufbereitschaft, Aggressivität. Gegen Ende der Partie nutzte Aarau die Müdigkeit des Heimteams resolut aus und gewann verdient mit 3:1. Nochmals Trainer Rahmen: «In Chiasso gibt es keinen Schönheitspreis zu gewinnen. Wir haben den Kampf angenommen, das war das wichtigste, dann kommt das gute Resultat von alleine.»
Nach der Pause kommt Leben in die Bude
Nach einer von taktischem Geplänkel und entsprechend viel Langeweile geprägten ersten Halbzeit kam nach der Pause etwas Leben in die Bude. Ein erstes Zeichen setzte der mit zunehmender Spieldauer immer stärker werdende Marco Schneuwly nach 52 Minuten, er sah seinen Volleyknaller aus 15 Metern jedoch von der Lattenoberkante ins Aus prallen.
Kurz darauf der nächste Aarauer Lattenschuss durch Liridon Balaj: Doch dieses Mal blieb der Ball im Spiel, kam zu Captain Elsad Zverotic und der erzielte im zweiten Anlauf die Gästeführung. Das 1:0 hatte allerdings nicht lange Bestand, ein Eigentor von Raoul Giger führte zum Ausgleich. Es folgte ein kurzzeitiger Schlagabtausch, doch wie schon gegen Wil bäumte sich Aarau auch in Chiasso nach dem zwischenzeitlichen Rückschlag auf und verdiente sich die späten Tore zum 3:1-Erfolg: Erst traf Balaj nach herrlichem Zuspiel von Olivier Jäckle und in der Nachspielzeit markierte der zuletzt arg gescholtene und auch gegen Chiasso lediglich eingewechselte Markus Neumayr das Schlussskore.
Jetzt folgt für junge Wilde die Bewährungsprobe
Fazit der Partie? Sicherlich die Erkenntnis, dass Trainer Rahmen drei Tage nach dem 4:1 gegen den FC Wil wiederum der gleichen Startformation mit sechs 22-jährigen oder jüngeren Spielern vertraute und erneut Recht bekam. Mehr noch: Die jungen Wilden sorgten für eine Premiere – zum ersten Mal in der laufenden Saison gewann der FC Aarau zwei Spiele in Folge. Zverotic, in Chiasso Captain, Torschütze und leidenschaftlicher Anführer, sagt: «Die Jungen haben die Chance genutzt und sich in den Vordergrund gespielt. Die Basis ist gelegt, jetzt aber müssen sie dranbleiben und gegen die nächsten Gegner den gleichen Biss an den Tag legen.» Diese heissen Winterthur und Lausanne. Zweifellos härtere Brocken als in dieser Woche Wil und Chiasso.