
Die Maske schützt die Ruderer auch vor der Kälte

Nebel schwebt an jenem Morgen über der Aare. Die Sonne zaubert mit ihren ersten Strahlen ein Glitzern auf den Fluss. Die Junioren des Ruderclubs Aarburg sind aber nicht damit beschäftigt, die besondere Stimmung am Wasser zu geniessen. Sie befreien das Motorboot, in dem ihr Trainer sie später auf begleiten wird, von Eis. Block um Block, Scheibe um Scheibe und Eimer um Eimer leeren sie aus dem Schiff in die Aare. Sie tragen warme Jacken und Hosen, zum Teil Handschuhe und Kappe – und eine Schutzmaske. Das Covid-19-Schutzkonzept verpflichtet die Ruderer, im Bootshaus und auf dessen Vorplätzen und auf dem Steg eine Maske anzuziehen. Sitzt der Ruderer im Boot, kann er sie ablegen – sofern er oder sie im Skiff, sprich im Einer, alleine trainiert.
Kleinere Trainingsgruppen und virtuelle Alternativen
In Mannschaftsbooten bleibt die Maskenpflicht für alle ab 16 Jahren, es sei denn, sie leben im selben Haushalt. «Wir sind froh, dass wir unsere Trainings mit geringen Einschränkungen relativ normal durchziehen können», sagt Roger Grepper, Trainer und Ruderchef des RC Aarburg. An jenem Morgen teilt er die älteren und die jüngeren Ruderer in zwei Gruppen auf, die nacheinander an ihrer Technik arbeiten, «damit nicht zu viele Leute gleichzeitig ums Ruderhaus schwirren.»
Den Anfang machen elf Junioren. Einige sind seit längerem dabei, andere stiessen erst hinzu, weil sie in ihren angestammten Sportarten wie Judo oder Fussball nicht trainieren können. Mit desinfizierten Händen und «maskiert» tragen sie die Boote aus dem Clubhaus, legen Ruder und Schwimmwesten bereit. Dann geht es los: Einrudern, ein paar Übungen und am Ende ein Rennen auf der Aare. «Wettkämpfe waren heuer auch für uns eher spärlich», sagt Roger Grepper. Der Langstreckentest in Mulhouse vom Sonntag wurde abgesagt. Die Schweizer Meisterschaft ging statt im Sommer im September über die Bühne. Die Aarburger fuhren einige B-Finals heraus und schnitten insgesamt zur Zufriedenheit ihres Trainers ab. «Es hat sich ausbezahlt, dass wir während des Lockdowns im Frühjahr dranblieben.»
Die Aarburger durften damals ihr Ruderhaus, dessen Fitnessraum und die Ergometer nicht nutzen. Kurzerhand brachte Roger Grepper die «Trockenrudergeräte» den ambitionierten und potentiellen Kaderathleten heim. In der Whatsapp-Gruppe «Covid19» erhielten die Mitglieder, die sonst bis zu sechs Mal pro Woche trainieren, detaillierte Aufgaben. Joggingrunden, Kraft- und Rumpftraining, Ergometerstrecken waren zu absolvieren, die Leistungsdaten zu erfassen und an den Trainer zu melden. Dieser führte Buch und auch an die Leistungstests des Verbands, die dezentral bestritten wurden, gewöhnten sich die Aarburger. «Wir haben viel gelernt, was virtuelle Kommunikation angeht», sagt Grepper – die heutige Vereins-Generalversammlung findet ebenfalls nicht «physisch» statt.

Wer nicht mehr kommen darf, ist weg vom Fenster
Als die Corona-Fallzahlen sanken und die Ruderstätten im Sommer wieder zugänglich waren, führte der Verein eine «interne Schweizermeisterschaft» durch. Joggen, Ergometerrudern, Liegestützen und Rudern auf dem Wasser ergaben eine Gesamtpunktzahl, die mit symbolischen Geldpreisen belohnt wurde. Ein Spaghetti-Essen rundete den Anlass ab. «Es ist so wichtig, vor allem die Jungen bei der Stange und im Club zu behalten, sonst sind sie weg vom Fenster», betont Grepper. Einige Abgänge verzeichnete der Verein, vielleicht durch die Corona-Zwangspause, aber auch bedingt durch Schulwechsel.
Die Stimmung bei denen, die weiterhin regelmässig trainieren, ist gut. Nach getaner Arbeit auf dem Wasser putzt und pflegt man gemeinsam die Boote. «Ich habe heute unterwegs meine Maske verloren», sagt einer, «aber ich habe sie auf dem Rückweg mit dem Ruder wieder aus der Aare gefischt.» Stört sie nicht, die Maske? «Nein», ist der Tenor, und wer selber bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auf dem Fluss ist, spürt: die Maske schützt sogar das Gesicht vor Kälte. «Der nationale Verband Swiss Rowing empfiehlt das Rudern mit Maske zwar nicht, aber es geht tiptop», findet Roger Grepper. Die Aarburger gehen mit Respekt, aber ohne Angst aufs Wasser – und trainieren solange es nicht kälter als Minus 5 Grad ist. «Ich kann mich zu hundert Prozent darauf verlassen, dass jeder, der sich nicht fit fühlt, daheimbleibt», sagt Roger Grepper, «grundsätzlich tut jeder sich, seinem Körper und dem Immunsystem viel Gutes, während er draussen trainiert.»