Die teure Vergangenheit des FC Aarau

Schlussrang 6, von A bis Z ein Knorz – die Saison 2017/18 war eine, die keinen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Gerne würde das auch der Präsident des FC Aarau, Philipp Bonorand, behaupten. Doch er kann nicht: Denn gerade jetzt wieder, wo das Budget für die anstehende Saison zusammengestellt wird, sieht er sich mit den Folgen von damals konfrontiert.

Sage und schreibe 21-mal hat sich in der Saison 2017/18 ein FCA-Profi so schwer verletzt, sodass er mindestens drei Wochen ausfiel. Fünf Spieler erlitten langwierige Knieverletzungen. Wie in allen Branchen üblich bei Berufsunfällen, übernimmt auch beim FC Aarau jeweils ab dem dritten Ausfalltag die Unfallversicherung den Lohn der Verletzten.

Verletzungen gehören zum Fussball dazu wie Tore und Taktik. Deswegen zahlen Fussballklubs bis zu sechsmal höhere Prämien an ihre Unfallversicherung (UVG) als etwa eine Firma, deren Angestellte von morgens bis abends am Bürotisch sitzen. Doch die Prämienzahlungen des FC Aarau sind in den vergangenen zwei Jahren explodiert und zur grossen Belastung für die Klubkasse geworden.

Ein Sechstel des Gesamtbudgets fliesst in die UVG

In den Jahren 2016, 2017 und 2018 sank die Summe von 233 000 auf 188 000 Franken, die Folge von wenigen Verletzungen mit hauptsächlich kurzer Ausfalldauer jeweils im Jahr zuvor. Dann die Saison 2017/18, in der sich die Verletzungshexe im Brügglifeld austobte und in der es zur kurzfristigen Situation kam, dass die von der Unfallversicherung HDI bezogenen Leistungen höher waren als die vom FCA bezahlten Prämien.

Die Reaktion war heftig: Um den ihrerseits entstandenen Schaden zu beheben, erhöhte die HDI für das Jahr 2019 die Prämien um 340 000 Franken. Der vom FC Aarau entsandte Broker sprach bei anderen Versicherungen vor, jedoch chancenlos: Nur eine Offerte ging ein notabene eine schlechtere als jene der HDI, sodass man die 529 000 Franken ins Budget aufnehmen musste.

Bei der Verhandlung der Prämien für 2020 der Schock: Zwar konnte eine Versicherung gefunden werden, welche die HDI unterbot. Doch weil sich die Differenz der Offerten von 100 000 Franken auf der Millionengrenze ergab (928 000 vs. 1 028 000 Franken), wendet die FC Aarau AG nun einen Sechstel des Gesamtbudgets allein für die UVG-Prämien auf. 

Besonders bitter: Seit dem Sommer 2018 haben die Anzahl und die Schwere der Verletzungen deutlich abgenommen, während die UVG-Prämien explodiert sind. Eine Besserung für 2021 ist nicht in Sicht.

Dies wirft ein neues Licht auf die Arbeit von Sportchef Sandro Burki: Er stand in der Kritik, im Sommer 2019 die abgewanderten Schlüsselspieler Nikolic, Obexer, Bürgy, Tasar und Karanovic nicht adäquat ersetzt zu haben. Doch a) waren die drei Erstgenannten Leihspieler, deren Löhne die Stammklubs bezahlt haben. Und b) kosten Spieler dieser Güteklasse so viel Geld, das der FC Aarau nach der Explosion der UVG-Prämien erst recht nicht hat.

In diesem Sommer gesellen sich zur hohen Prämienbelastung der fehlende Hauptsponsor, die weggebrochenen Matcheinnahmen nach der Coronapause und die Unsicherheit, wie viele Zuschauer ab Oktober wieder ins Brügglifeld dürfen. Insgesamt, so Präsident Bonorand, würden dem Sportchef beim Kaderbau mittlerweile über eine halbe Million Franken weniger zur Verfügung stehen als in der Saison 2018/19.

Frei von Schuld an der vergangenen Saison (Rang acht) ist Burki dadurch nicht, denn: Der FCA gehört weiterhin zu den vier Klubs in der Challenge League, die am meisten für die Profimannschaft ausgeben. Und dass man aus weniger Geld sogar mehr als zuvor herausholen kann, ist nicht zwingend ein Widerspruch. Doch dass in diesem Sommer etwa die Löhne der abgewanderten Grossverdiener Neumayr und Schneuwly nicht eins zu eins in neue sogenannte Stars reinvestiert werden können, liegt auf der Hand.

Zurück zu den UVG-Prämien. Bonorand hofft dereinst auf eine jährliche Summe von rund 400 000 Franken: «Damit hätte eine Versicherung 2019 mit uns Geld verdient – und auch in diesem Jahr sind wir auf diesem Kurs.» Um ab 2022 Entlastung zu haben, wurden Massnahmen ergriffen: Aufrüstung der medizinischen Abteilung mit Fokus auf Früherkennung von Verletzungen. Und bei Bagatellfällen (Ausfalldauer 1-2 Wochen) sollen für einen verletzten Spieler nicht mehr automatisch Taggelder beantragt werden, was den Leistungsbezug weitersenken und so den FCA attraktiver für Versicherungen machen soll.