Die trügerische Sicherheit der Namensrangliste

Wenn sich ein kleiner Erdenbürger auf den Weg macht, haben die Eltern neun Monate Zeit, einen Namen auszuwählen. Wohlklingend soll der sein, eine schöne Bedeutung haben und vor allem: einzigartig. Gar nicht so einfach, fand ich. Als wir dann die Namen aussuchen mussten für zwei Erdenbürger, die sich gleichzeitig angemeldet haben, waren wir schon fast überfordert. Zusammen mit den Zweitnamen sind dies nämlich vier Vornamen, die gleichzeitig bestimmt werden müssen.

Wie das wohl meine Eltern hinbekommen haben, habe ich mich da gefragt. Während meiner ganzen Schulzeit bin ich nie einer Namensvetterin begegnet – weder vom Klang und schon gar nicht von der Schreibweise her. Als ich vor einiger Zeit eine von gleich drei Frauen mit dem gleichen Namen in einer Gruppe von nur 40 Personen war, hat sich das entsprechend komisch angefühlt. Die Namensfindung gleich anzugehen wie meine Eltern, kam dann aber doch nicht in Frage: Die Vornamen der Grossmütter kombinieren, das hat bei meinem Namen ganz gut geklappt. Für unsere Jungs wären das dann analog die Namen der Grossväter gewesen. Ich konnte mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, auf dem Spielplatz «Hans-Hubert» zu rufen.

Damit sich auf dem Spielplatz nicht alle Kinder umdrehen, wenn wir nach unseren Söhnen rufen, war für uns klar, dass wir keinen Namen wählen werden, der die Namenshitparade anführt. Rang 60 oder 70, das sollte passen, dachten wir. Doch offensichtlich haben dies bei uns im Dorf auch andere Eltern gedacht. Unser Ältester ist zwar der einzige mit seinem Namen in der Klasse. Während der Kindergartenzeit gab es aber einen jüngeren Namensvetter, was dann beim Namen zum Zusatz «Kleiner» und «Grosser» führte. Und auch einen Jahrgang darunter gibt es wieder mindestens einen Namensvetter.

Beim einen Zwilling hatten wir wohl doch ein glückliches Händchen. Bis jetzt ist mir noch kein Namensvetter in Kindergarten und Schule begegnet. Beim anderen Zwilling auch nicht – wenn man nur auf die Schreibweise achtet. Auf der Rangliste des Dorfschnellsten habe ich seinen Namen in seiner Kategorie aber sicher drei Mal entdeckt. Es sind zwar alle anders geschrieben. Wenn man den Namen aber über den Spielplatz ruft, fallen diese Unterschiede nicht ins Gewicht.

Müsste ich erneut Vornamen aussuchen, würde ich somit auf drei Dinge achten: Erstens: Rang 60 oder 70 in der Namensrangliste bedeutet, dass jedes sechzigste oder siebzigste Kind so heisst. Bei 300 Kindern an der Schule sind das dann mindestens fünf. Zweitens: Ähnliche Schreibweisen werden bei den Namensranglisten oft einzeln abgebildet. Alle Schreibweisen zusammengenommen ergibt dann plötzlich ein ganz anderes Bild. Drittens: Letztlich kommt es nicht drauf an, auf welchem Rang ein Name steht. Hauptsache, er gefällt den Eltern.

Und zuletzt noch ein aktueller Pro-Tipp: Ein kurzer Name gibt weniger Arbeit, wenn er auf ein Räbeliechtli geschrieben werden soll.