
Die Welt ist ein Solothurner Dorf
Mit zwei Kollegen verbringe ich meine Ferien auf der Karibikinsel Kuba. Für den abendlichen Ausklang der Stadtbesichtigung in der Hauptstadt Havanna besuchen wir auf dem Heimweg eine Bar. Sie ist abgelegen und Gäste sind zu diesem Zeitpunkt ausser uns keine da. Das grosse Graffito an der Wand und die Getränkekarte mit dem originalen Mojito und dem lokalen Rum sprechen uns jedoch an.
Wir lassen Erlebtes Revue passieren und sind etwas erstaunt, dass wir in der Millionenstadt kaum anderen Touristen begegnet sind. Das ändert sich jedoch einige Getränke später. Plötzlich sind wir zu sechst in der Bembé Bar – und alle sprechen Schweizerdeutsch. Wir setzen uns zur anderen Gruppe an den runden Tisch und tauschen uns über die Ferien und Pläne aus.
Im Verlaufe des Gesprächs finden wir heraus, dass die beiden Männer und die Frau ganz aus der Nähe unseres Wohnorts kommen. Keine 20 Autominuten. Und das ist noch nicht alles. Als wir uns über Leben und Beruf unterhalten, stellt sich heraus, dass die Frau bei der SUVA arbeitet. Ich erzähle ihr, dass ich zwei Jahre zuvor einen Velounfall hatte, bei welchem ich meinen Kiefer dreifach brach und die Zähne stark beschädigte. Deshalb hatte ich eine Zeit lang nicht arbeiten können und brauchte die Unterstützung der SUVA. Als ich ihr meinen Namen mitteile, schaut sie mich erstaunt an und sagt: «Von dir habe ich Fotos gesehen. Ich habe deinen Fall bearbeitet.» Und tatsächlich weiss sie alles über mein Missgeschick, die Verletzungen und sogar, was das Ganze gekostet hat. So kann ich mich bei ihr persönlich bedanken und sie 8000 Kilometer von unserer Heimat entfernt auf ein Getränk einladen. Zufall? Schicksal? Dass ich ausgerechnet in der 2-Millionen-Stadt Havanna auf sie treffe, ist in etwa so wahrscheinlich, wie Menschen mit dem Nachnamen Nützi, die ausserhalb von Wolfwil wohnen.