Digitaler Stress

Können Sie sich noch an die Zeit erinnern, als es keine Computer, Smartphones und Tablets gab? Als man mühselig Briefe auf die Post bringen musste, um erst Tage später eine Antwort zu erhalten? Als die aktuellsten Neuigkeiten nicht im Onlineticker, sondern erst am nächsten Morgen in der Tageszeitung standen?

Ich nicht. Nur gerade zwanzig Tage nach der Jahrtausendwende geboren, gehöre ich zur Generation der digital natives, also zu jenen, die direkt ins digitale Zeitalter hineingeboren wurden. Eine Welt ohne Internet, E-Mails und dauernde Erreichbarkeit habe ich nie erlebt. Kein Handy in der Hosentasche? Für mich eine fast surreale Vorstellung.

Dennoch muss ich zugeben, manchmal wünsche ich mir einen Schritt zurück in die Welt ohne Computer und Smartphone, die ich gar nie erlebt habe. In meiner digitalen Welt läuft nämlich nicht immer alles so, wie ich gerne will. Über 50 Mal am Tag meldet sich mein Handy und verlangt nach meiner Aufmerksamkeit. Ich will zwar grundsätzlich informiert bleiben, bekomme so aber unfreiwillig auch vieles andere mit. Seien es komödiantische Videos in WhatsApp-Gruppen, mit der Handykamera abgelichtete Mittagsmenüs auf Snapchat oder eine Online-Zeitung, die mich über die Schwangerschaft von Meghan Markle aufklären will; dies alles sind Beispiele für Nachrichten, die häufig nur stören. Trotzdem sind schnelle Reaktionen gefragt, sonst kommt man am Ende des Tages daher wie die alte Fasnacht. Das Ganze frisst viel Zeit, Stress ist programmiert. Dagegen hilft es auch nicht, ein «native» zu sein.

Diese Unannehmlichkeiten vor Augen, verkenne ich leicht die Vorteile, die ich der Digitalisierung zu verdanken habe. Ein Mobiltelefon, eine Kamera, ein Navigationsgerät und vieles mehr, vereinigt hinter einigen Quadratzentimetern Touch-Bildschirm, klang noch nach Science Fiction, als ich das Licht der Welt erblickte. Zudem pflegte vermutlich kaum je eine Generation vor meiner einen so intensiven Kontakt zu Freunden und Familie. Social Media macht’s möglich: Die bestandene Autoprüfung eines Kollegen, Impressionen aus dem Urlaub meiner Eltern und viele weitere persönliche Neuigkeiten landen innerhalb von Sekundenbruchteilen bei mir, dank Smartphone. Digitaler Stress hin oder her – darauf möchte ich dann doch nicht verzichten.