
EHC Olten: Simon Lüthis verrückter Abend und die erstaunliche Zahl 80
Erst schiesst er sein Team 26 Sekunden vor Schluss in Unterzahl in die Verlängerung, danach entscheidet er mit dem 22. Penalty auch noch das Penaltyschiessen zum 3:2-Heimsieg gegen die Ticino Rockets. Einen solch verrückten Abend hat Simon Lüthi schon lange nicht mehr erlebt. Ja er kam an diesem Abend im Alter von 34 Jahren sogar zu einer Premiere: Erstmals trat er in einem Penaltyschiessen als Schütze an. Nervös sei er nicht gewesen, als Trainer Fredrik Söderström ihn kurzerhand aufs Feld schickte. Warum auch, stand er doch vor der schönen Ausgangslage, treffen zu dürfen und so das Spiel zu entscheiden. Simon Lüthi tat es – und wie: In bester Stürmermanier versetzte der Routinier den Torhüter und lupfte die Scheibe hoch ins Tor. Einstudiert sei es nicht gewesen, «aber das Ziel war schon, mit der Backhand etwas zu probieren und abzuschliessen», verrät der doppelte Matchwinner.
Bereits sein Tor 26 Sekunden vor Schluss war sehenswert. Simon Lüthi strich im Gespräch die Vorarbeit von Garry Nunn heraus. Der EHCO-Topskorer setzte an der Bande entscheidend nach und zog so mehrere Tessiner auf sich, während Lüthi sich völlig freistehend vor das Tor schlich – und den Pass des Kanadiers herrlich verwertete. Viel habe er dabei nicht überlegt und einfach abgeschlossen. «Zum Glück ging er rein», sagt er und ergänzt: «Es ist sicher schön, wenn man als Verteidiger trifft, denn zu vielen Toren kommt man ja in einer Saison in der Regel nicht. Aber noch schöner war, dass wir die Fähigkeit bewiesen haben, dass wir auch solche Spiele noch wenden können.»
«Viel zu viele Abschlüsse»
Simon Lüthi war einer der Spieler, die defensiv wie auch offensiv besonders aktiv waren. Mit fünf Torschüssen verzeichnete er, der wiederum viel Eiszeit genoss und auch im Powerplay zum Einsatz kam, hinter Topskorer Nunn (7) am zweitmeisten Abschlüsse. Insgesamt 80 Abschlussversuche wurden beim EHC Olten über 65 Minuten gezählt. «Viel zu viele», sagt Fredrik Söderström, «diese Zahl zeigt uns auf, mit welcher Panik und Verzweiflung wir uns durch das Spiel kämpften. Es bedeutet auch, dass wir 80 Mal den Puck kontrolliert haben und ihn ohne Ertrag wieder hergegeben haben. Mit solchen Werten passiert etwas in einem Spiel», gibt der Headcoach zu bedenken. «Klar, die Mentalität ist da, dass wir etwas kreieren wollen. Aber man sollte dennoch nur in den Abschluss gehen, wenn man davon überzeugt ist, dass es ein Tor geben könnte. Geduldig sein, die Kontrolle haben und nicht zu überhastet agieren, ist in solchen Spielen nach wie vor das beste Rezept.» Man strebe in einem Spiel rund 60 Abschlussversuche an, davon würden 30 auf das Tor kommen. Folgt man den statistischen Werten, so würde aus jeder zehnten Chance ein Tor entstehen. «Das ist so etwas wie die magische Formel, an der wir uns etwas orientieren möchten», erklärt Söderström.
Bereits heute darf der EHCO beim HC Ajoie wieder ran. Es ist die 9. Partie in 18 Tagen, weshalb die Frage erlaubt sei, wie schwer der Faktor Müdigkeit wiegt. Simon Lüthi glaubt nicht, dass es ein grosses Thema ist und sieht den Faktor als gering an. «Spielen macht Spass und man hat auch einen guten Rhythmus», sagt er, auch wenn er zugibt, dass es nach dem Ajoie-Spiel «auch mal gut ist, ein paar Tage Regeneration zu haben.» Doch vorerst steht das Duell mit dem Leader nach Verlustpunkten an – quasi zum Dessert einer intensiven Zeit. Lüthi nimmt die 3:4-Niederlage nach Verlängerung vom 12. Dezember gegen Ajoie als Massstab, die rückblickend als Startschuss einer Siegesserie diente. «Können wir über 60 Minuten unsere Leistung abrufen, ist sehr viel möglich.»
Langenthal gegen die Rockets in der Pflicht
Die Ticino Rockets erwiesen sich in dieser Saison schon mehrmals als unangenehmer Gegner. So gelang es den Tessinern bereits zwei Mal den EHC Kloten (2:0 und 2:1 n. V.) und einmal den SC Langenthal (3:2) zu bezwingen – und damit beide Topteams der Liga. Und in der Donnerstagspartie brachten die Rockets den EHC Olten an den Rand einer Niederlage.
Auch deshalb stehen die Tessiner momentan nicht auf dem letzten, sondern auf dem vorletzten Rang direkt vor Winterthur. Dementsprechend warnt SCL-Verteidiger Luca Christen vor dem nächsten Duell mit dem Farmteam: «Eigentlich muss man sie immer schlagen. Aber genauso wenig darf man sie unterschätzen.» Was dann passiert, hat wie erwähnt auch der SC Langenthal bereits einmal erfahren. Auswärts sei die Aufgabe, die Rockets zu bezwingen, zumeist aber schwieriger. Im Schoren müsse man dominant auftreten, so könne man Schwierigkeiten vermeiden. So gesehen am 24. November: Damals gewann der SCL zuhause mit 7:2 gegen die Ticino Rockets.
Logischerweise will der SC Langenthal gegen Biasca als Sieger vom Eis und seine Positiv-Serie fortsetzen. Zuletzt resultierten drei Siege in Folge, in den letzten zehn Spielen gewann Gelb-Blau acht Mal. Auch deshalb steht die Mannschaft von Trainer Jeff Campbell auf dem zweiten Tabellenrang – knapp hinter Kloten. Christen warnt aber erneut: «Sie haben viele junge Spieler, die in die NLA wollen. Sie treten immer sehr engagiert und energisch auf.» Das muss der SCL unterbinden. Die letzten Spiele sollen dabei als Gradmesser dienen: «Gegen Ajoie und Sierre waren wir gut. Wenn wir so spielen, müssten die drei Punkte erreichbar sein.»
Christen selbst sorgte zuletzt mit der persönlichen Statistik für Freude. Gleich zwei Mal in Folge traf der Verteidiger. Er ist insgesamt auch Langenthals bester defensiver Punktesammler. Mit 25 Zählern (6 Tore und 19 Assists) liegt er gleichauf mit Sierres Maxime Montandon und einen Punkt hinter dem ligabesten Verteidiger Simon Kindschi auf Rang drei.