Eigenmietwert und Reichtumssteuer

Welche Ziele verfolgt man mit Steuern? Primär ist ihre Erhebung nötig, um die drei Ebenen unseres Staates, Gemeinden, Kantone und Bund, mit den für deren Aufgabenerfüllung nötigen Mitteln zu alimentieren. Das könnte man auch über Abgaben oder Gebühren tun. Mit dem Instrument der Steuern will man einen Ausgleich der Lasten zwischen wirtschaftlich Starken und Schwächeren schaffen und soziale Gerechtigkeit herstellen.

Wie ihr Name aber sagt, dienen Steuern auch der Lenkung. Wer eine zweckgebundene, freiwillige Altersvorsorge betreibt (Säule 3) wird steuerlich belohnt, weil er im Alter der Staatskasse Sozialhilfeausgaben erspart. Das gilt im Prinzip auch für Leute, die sich Wohneigentum leisten. Dieses kann verkauft werden und Pflegeheimkosten decken. Hinzu kommt, dass Eigenheimbesitzer sesshaft sind und sich signifikant stärker für die örtliche Gemeinschaft engagieren als andere Bürgerinnen und Bürger.

Damit sind wir beim Thema Eigenmietwert. Dass eine Abschaffung der Eigenmietwert-Besteuerung – wie sie wieder einmal zur Diskussion steht – bei Mietern auf Widerstand stösst, ist einfühlbar. Bei Steuern muss man jedoch zwingend Leute in ähnlichen Verhältnissen vergleichen. Nehmen wir zwei vierköpfige Familien mit gleichem Einkommen. Während die A-Familie sich den Traum vom Häuschen erfüllt und sich für dessen Finanzierung bei den Ausgaben einschränkt, macht die B-Familie Ferien in der Karibik, leistet sich einen Offroader und als Zweitwagen ein Cabriolet sowie ein Boot auf dem Hallwilersee. Die Kinder? Smartphone und Markenkleider ab Vorschulalter. Für diese Dinge sind weder Nutzungs- noch Luxussteuern zu entrichten.

Klar, Hausbesitzer dürfen ihre Hypothekarzinsen steuerlich absetzen. Das gilt aber – wie bei allen Schulden – auch für den Kleinkredit, welche Familie B aufgenommen hat. Im Gegensatz zu den längst verschrotteten Autos (die B-Familie) gibt es bei A zum Zeitpunkt der Pensionierung ein Haus, auf dessen Wert die Gemeinde bei einem Alters- oder Pflegeheimaufenthalt zurückgreifen kann, bevor die Gemeinschaft zahlungspflichtig wird.

Gibt es künftig keinen Eigenmietwert mehr und damit keinen steuerlichen Abzug von Hypothekarzinsen, dann steigt die Tendenz, seine Schulden abzutragen, massiv an. Ein Ärgernis für die Banken. Die haben derzeit ein Problem. Sie schwimmen in flüssigen Mitteln. Hypotheken mit einer Liegenschaft im Hintergrund sind keine virtuelle, sondern eine reale Anlage, auf die im Fall der Fälle zurückgegriffen werden kann. Wenig Freude haben auch Gärtner und Handwerker. Ihre Leistungen könnten nicht mehr steuerlich abgesetzt werden – ihre Dienstleistungen dürften so weniger gefragt sein.

Wie auch immer. Die Mehrheit der Hausbesitzer aus der Ü-60-Generation hat unabhängig davon ihre Liegenschaft weitgehend abbezahlt und in die Säule 3 einbezahlt. Das Vermögen beträgt so rasch 600 000 und mehr Franken. Vermögen allerdings, das nur genutzt werden kann, wenn man sein jahrelang erspartes Haus aufgibt.

Im Aargau steht am 23. September die sogenannte «Millionärssteuer» zur Volksabstimmung, die entsprechende Vermögen um bis zu 114 Prozent stärker belasten will. Was kümmert das den Häuschen- oder Eigentumswohnungsbesitzer mit seinen 600 000 Franken Buchvermögen? Der Titel der Juso-Initiative ist eine Mogelpackung – bei Annahme der Volksinitiative würden schon ab einem steuerbaren Vermögen von 475 000 Franken höhere Steuern fällig – womit speziell ältere Personen im Visier der Initianten scheinen.