
Ein Abend ganz im Sinne des FC Aarau
Aarau und das Spieldiktat? Das waren in den vergangenen Ligaspielen keine Freunde. Gegen Vaduz (1:3) und Yverdon (1:1) hatte der FCA 67 bzw. 70 Prozent Ballbesitz und holte lediglich gegen die Waadtländer in extremis einen Punkt. Torchancen? Mangelware!
Also warum nicht einmal dem Gegner das Spieldiktat überlassen, statt pausenlos auf eine massierte Abwehr zuzurollen? Das dachte sich wohl auch Trainer Stephan Keller, jedenfalls übt sich seine Mannschaft gegen Wil in der Startphase in Zurückhaltung, was den Ballbesitz betrifft. Und siehe da: Nach 25 Minuten führt Aarau mit 2:0, obwohl die Ostschweizer bis dahin phasenweise mehr als 60 Prozent Ballbesitz haben und optisch überlegen sind. Der taktische Paradigmenwechsel erlaubt es dem Heimteam, zu kontern. Und dass die Aarauer das können, ist hinlänglich bekannt.
Der schnellste Aarauer Treffer der Saison
4. Minute: Ein 30 Meter weiter Sensationspass von Rechtsverteidiger Thiesson entblösst die Wiler Abwehr – Querpass von Almeida auf den mitgelaufenen Linksverteidiger Jan Kronig, der die Ruhe bewahrt und sein erstes Tor im FCA-Dress erzielt. Mehr noch: In der vergangenen Saison verteidigte der Schweizer U21-Nationalspieler noch für den FC Wil. Bei seinem 1:0 dürften ihn also doppelt spezielle Gefühle begleiten.
Auch nach dem schnellsten Saisontreffer des FCA sind es die Gäste, die spielen, die Torchancen aber hat Aarau. Erst schiesst Liridon Balaj in Rugby-Manier den Ball aus bester Position über das Fangnetz, ehe es Landsmann Donat Rrudhani in der25. Minute besser macht: Der Kosovare, der in Absenz von Jäckle (gesperrt) und Gashi (zu Beginn Ersatz) die Captainbinde trägt, wird 20 Meter vor dem Tor freigespielt und tut dann das, was er am besten kann: Mit seinem linken Fuss den Ball im Tor versenken. Punktgenau landet sein Schuss rechts unten im Netz.
Als die Mannschaften nach der Halbzeitpause wieder das Spielfeld betreten, ist die drängendste Frage unter den 2836 Zuschauern: Kassiert der FC Aarau – wie so oft – früh nach dem Wiederanpfiff ein Gegentor? Die Antwort: Nein! Das Heimteam übersteht die kritische Phase und erhält nach 54 Minuten die Chance auf das 3:0. Spadanuda wird im Strafraum gefällt, klarer Penalty. Doch es bleibt beim Zweitore-Vorsprung, weil Marco Aratore vom Punkt zwar genau zielt, doch zu wenig scharf schiesst, so dass Wil-Goalie Keller an diesem Abend doch ein persönliches Highlight erfährt.
Zum zweiten Mal in der Liga zu Null gespielt
Beim 2:0 bleibt es, was bedeutet: Der FC Aarau spielt zum zweiten Mal in der Liga zu Null, was für das Gefühl nach bis dato 11 Gegentreffern ebenso wichtig wie die drei Punkte sein dürfte. Apropos Gefühl: Der Sieg im ersten Aufeinandertreffen mit den Wilern nach der 0:7-Schmach im vergangenen April schliesst auch diese Wunde einigermassen.
Und zuletzt darf der FC Aarau konstatieren, dass der Abend nicht nur im Brügglifeld nach seinem Sinne verlaufen ist: Winterthur hat sein Auswärtsspiel in Vaduz 0:2 verloren, somit schliessen die Aarauer bis auf einen Punkt an den Tabellenführer auf und reisen mit breiter Brust ans Direktduell am Freitag in Winterthur.