Ein Asthmaspray gegen schwere Corona-Verläufe – neue Studie weckt Hoffnungen

Professor Karl Lauterbach, der bekannte deutsche Politiker und Gesundheitsökonom, nannte die Studie auf Twitter einen «Game-Changer».

146 Covid-Patienten wurden bereits im Frühstadium mit einem Asthmaspray behandelt. Im Vergleich mit einer Kontrollgruppe gab es signifikant weniger Hospitalisationen und schwere Verläufe und die Erholungszeiten waren markant kürzer.

«Budesonide» heisst das Präparat und ist ein synthetisch hergestelltes Glukokortikoid. Das ist ein Steroid, als Arzneimittel wird es vor allem entzündungshemmend und immunsuppressiv angewendet. Bisher wurde es gegen Asthma, COPD (chronic obstructive pulmonary disease, auch «Raucherlunge» genannt) oder gegen Heuschnupfen eingesetzt. Die Studie empfahl, zweimal täglich zwei Dosen à 800 Milligramm (zwei Puffs mit der Spraybüchse). Nebenwirkungen sollen keine beobachtet worden sein.

Die Forscher, Mediziner aus England und Australien, hatten beobachtet, dass überraschend wenig Asthmapatienten schwere Covid-Verläufe zeigten. Eigentlich hätte man angesichts einer solchen Krankheit mehr Leute mit Atembeschwerden in den Intensivstationen erwartet. Sie vermuteten, dass das mit der Tat­sache zusammenhängen könnte, dass diese Patienten bereits mit Glukokortikoiden behandelt würden, und lagen offenbar damit richtig.

Bisher wurden nur schwere Fälle mit dem Steroid Dexamethason behandelt. Damit sollte aber ein Zytokinsturm, ein Überschiessen des Immun­systems, verhindert werden.

Gute Meldungen von der Medikamentenfront

Fast gleichzeitig mit der Veröffentlichung der Budesonide-Studie gab der Pharmahersteller Roche bekannt, dass sein zusammen mit der US-Firma Regeneron Pharmaceuticals entwickeltes Antikörperpräparat das Risiko, nach einer Infektion zu erkranken, um 81 Prozent senken könne. Casirivimab und Imdevimab heissen die Wirkstoffe. Es handelt sich um sogenannte monoklonale Antikörper. Das sind Proteine, die aus einer Zelllinie geklont wurden und das Spike-Protein des Coronavirus angreifen. Sie machen die dornenförmigen Hüllenfortsätze, mit denen das Virus in die Zelle eindringt, unwirksam. Auch bei diesem Medikament wurden keine Nebenwirkungen beobachtet. Die Ergebnisse wurden mit einer Phase-III-Studie mit 1500 Teilnehmern erreicht.

Der US-Pharmakonzern Pfizer arbeitet an einem sogenannten Proteasehemmer. Das ist ein Präparat, das ein bestimmtes Enzym, welches das Virus braucht, um sich zu replizieren, unschädlich macht. Auf diese Art funktionieren Medikamente gegen HIV und Hepatitis C.

Laut Pfizer soll es sich um ein oral einzunehmendes Präparat handeln. Gegenüber den mono­klonalen Antikörpern von Roche/Regeneron, die unter die Haut gespritzt werden müssen, ein nicht zu unterschätzender Vorteil. PF-07321332, so heisst der Kandidat, habe in vitro, also in der Laborerprobung, eine gute Wirksamkeit gezeigt, meldet Pfizer. Damit ist dieser Wirkstoff allerdings nicht allein. Das Labor ist eine eigene Welt. Wie sich der Stoff in vivo, im menschlichen Körper, bewährt, ist eine ganz andere Sache.

Medikamentenforschung wird vernachlässigt

Im Gegensatz zu den Impfstoffen, die breit getestet und intensiv von der Öffentlichkeit beobachtet wurden, gibt es praktisch keine grösseren Studien über medikamentöse Therapien. Gemacht wurden sie zwar schon zahlreich, aber es sind meist kleinere Studien mit 100 bis 200 Teilnehmern. Durchaus «sorgfältig gemacht», wie Lauterbach der Budesonide-Studie attestiert, aber eben von nur begrenzter Aus­sagekraft. Ob sie deshalb wirklich «Game-Changer» sind, kann man bezweifeln.

In der Schweiz zugelassen wurde bisher nur Remdesivir. Leider erwies sich das teure Präparat als unwirksam. «An einer günstigen medikamentösen Therapie scheint kein Interesse zu bestehen», schreibt Professor Paul R. Vogt, Direktor der Herzklinik am Universitätsspital Zürich. Er hatte – auch in dieser Zeitung – im Dezember 2020 einen Vorschlag gemacht, der aber unbeachtet blieb. Er hat in der Woche nach Ostern sein «3. Manuskript» auf dem Portal der DMZ, der «Mittelländischen Zeitung», veröffentlicht und greift dort zu recht forschen Tönen: «Eine effektive medikamentöse Therapie von Covid-19 könnte viel Leid und viele Todesfälle verhindern und wäre ein wichtiger Beitrag, die Kliniken zu entlasten. Aber alle Versuche, mittels einer prospektiv-randomisierten Studie eine Kombinationstherapie mit bereits bekannten Medikamenten auch nur zu evaluieren, wurden von den Behörden (BAG, Taskforce) ohne Diskussion auf eine zum Teil unanständige und rüde Art und Weise abgeschmettert – als ob all jene Experten, welche weltweit über positive Resultate medikamentöser Therapien berichteten, Idioten wären.»

Im «Pharmaland Schweiz» sei es offenbar nicht möglich, ­etwas neben den Impfungen seriös zu evaluieren. Vogt ist nicht gegen die Impfstrategie, mahnt aber, dass es nicht unmöglich sei, dass sie durch neue Virus-Mutationen unterlaufen werden könne. In dieser Hinsicht hat die Wissenschaft mit der mRNA-Methode allerdings eine Trumpfkarte in der Hand. Es ist leichter, einen bereits erprobten Impfstoff an eine neue Mutante anzupassen, als einen neuen entwickeln zu müssen.

Auf der Internet-Plattform infosperber.ch äusserte sich auch die Ärztin Monique Lekhy Hagen, Präsidentin der Walliser Ärztegesellschaft und Co-Präsidentin der Konferenz der kantonalen Ärztegesellschaften. Sie beklagt sich vor allem darüber, dass die praktischen Mediziner nicht aktiver in die Bewältigung der Pandemie einbezogen würden.