
Ein Besuch bei der Wohngruppe Striterhof: «Ich würde gerne das Tüüfeli wegzaubern»
Ein Aufenthaltsraum zum Spielen, es hat eine Modelleisenbahn, Puzzles und vieles mehr. Ein Aufenthaltsraum zum Spielen, es hat eine Modelleisenbahn, Puzzles und vieles mehr. Ein Aufenthaltsraum zum Spielen, es hat eine Modelleisenbahn, Puzzles und vieles mehr. Ein Aufenthaltsraum zum Spielen, es hat eine Modelleisenbahn, Puzzles und vieles mehr. Ein Aufenthaltsraum zum Spielen, es hat eine Modelleisenbahn, Puzzles und vieles mehr. Ein Aufenthaltsraum zum Spielen, es hat eine Modelleisenbahn, Puzzles und vieles mehr. Ein Aufenthaltsraum zum Spielen, es hat eine Modelleisenbahn, Puzzles und vieles mehr.
Serie
In einer Serie stellen wir in loser Folge soziale Institutionen im Luzerner Wiggertal und dessen Umgebung vor. Ihre Namen hat wohl jeder und jede schon gehört. Wir zeigen, wer dort lebt, arbeitet, berichten über besondere Schicksale und Herausforderungen.
Der Striterhof neben der Kirche von Pfaffnau war einmal ein Hotel und ist heute ein Wohnhaus. Seit zwanzig Jahren begleitet die Stiftung für Schwerbehinderte Luzern SSBL hier Menschen mit Beeinträchtigung auf ihrem Lebensweg. Einer, der seit Beginn in der Wohngruppe Striterhof lebt, ist Martin Wüest.
«Ich bin aus Grossdietwil und bei Mami und Papi aufgewachsen», sagt er kindlich. «Das Mami lebt noch.» Wüest erlebte in seiner Jugend vieles, an das er sich nicht mehr gerne erinnert. Rasch erzählt der 60-jährige Mann mit der Seele eines Kindes die Stationen auf: «Ich war in Bremgarten, im Josephsheim, in Schüpfheim im ‹Sonnebüel› und in der ‹Linde› in Gunzwil.» Er senkt den Kopf, als er das erzählt.
Vor 20 Jahren kam er nach Pfaffnau. Damals wurde die WG Striterhof gerade eröffnet. «Am 20. August 2001 …», sagt er, ohne zu zögern. – «Martin ist unser wandelnder Terminkalender», erklärt die Strengelbacherin Gisela Lorenzo, Teamleiterin der WG Striterhof, welche beim Gespräch dabei ist.
Wüest zählt alle Vornamen der Personen auf, die damals mit ihm lebten. Seine Inselbegabung ist erstaunlich. Auch andere Daten und Namen bis zu 30 Jahre zurück kann er mühelos aufzählen. Ansonsten ist das Gespräch mit ihm schwierig. Seine Sätze sind kurz und abgehackt. Gisela Lorenzo hilft, motiviert ihn manchmal mit einer Berührung seiner Hände.
Im Juli mit Verein Insieme in den Ferien
Begeisterung ist spürbar, als Martin Wüest über seine Sommer-Ferien im Juli in Gon-tenschwil mit dem Verein Insieme erzählt. Wie aus der Kanone geschossen, zählt er die Aktivitäten an jedem Tag der Woche auf: den Besuch im «Züri-Zoo», die Badi in Sempach, die Besichtigung der Baumschule und das «Zügli-Fahren» in Schinznach- Dorf und zum Abschluss die Schifffahrt auf dem Hallwilersee. «I Emmebrugg si mer au goge shoppe», erzählt er. Farbstifte habe er gekauft. Wüest hat ein phänomenales Gedächtnis. Doch er spürt manchmal auch eine unheimliche Spannung in sich. Die Energie will hinaus. Manchmal streiten die Bewohner untereinander. Gewalt ist ein Thema. «Ich würde gerne das Tüüfeli wegzaubern», beschreibt er diese Momente. «Wenn es ihm schlecht geht, geben wir ihm den Rückzugsraum, den er braucht», erklärt Lorenzo.
Die Frage «Machen wir noch ein Foto?», verrät, dass er nicht mehr lange sitzen will und langsam genug hat.
Der Mann mit kognitiver Behinderung ist einer von acht Menschen (sechs Männer und zwei Frauen), für welche die SSBL-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in Pfaffnau sorgen. «Die jüngste Person ist 41 und die älteste 68 Jahre alt», erklärt Gisela Lorenzo. Es handelt sich um ältere Klienten mit geistiger, psychischer oder mehrfacher Behinderung.
Sie haben alle ein eigenes Zimmer mit Dusche und WC im früheren Hotel, das für die Bedürfnisse der Wohngruppe behindertengerecht umgebaut wurde. Die WG hat neun Zimmer, von denen acht zurzeit bewohnt sind. Architektonisch sehr schön ist der Speisesaal, weil er halbrund gebaut ist. Zudem gibt es einen lauschigen Gartensitzplatz auf der Seite der Pfaffnauerstrasse – die frühere Terrasse des Hotels mit Gaststätte. Ortsfremde fragten zuweilen, ob man hier etwas zu trinken bekomme.
Einer Arbeit mit Entgelt können die Bewohner und Bewohnerinnen nicht nachgehen. Im Atelier musizieren sie, filzen, malen und fertigen Geschenkkarten und Zündwürfel an. Die Artikel werden im Geschenkshop der SSBL in Rathausen (Emmen) verkauft. Ausserdem helfen die Klienten beim Zubereiten des Mittag- und des Abendessens mit in der Küche. Deshalb wird oft Gemüse gerüstet und täglich frisch gekocht.
Die WG Striterhof funktioniert ähnlich wie eine Wohngemeinschaft. Zwölf SSBL-Mitarbeitende sind für das Wohl der Bewohner besorgt. Es sind zumeist ausgebildete Fachpersonen Betreuung (FaBe), Fachpersonen Gesundheit (FaGe) und Sozialpädagogen. Nachts hat eine Person Pikettdienst und schläft im Haus. Der Betrieb bietet zurzeit zwei Ausbildungsplätze an.
Immer weniger junge Menschen mit Behinderung
«Für unsere Klienten ist die WG Striterhof ihr Zuhause», erklärt Gisela Lorenzo. Die Frühdiagnostik während der Schwangerschaft führt dazu, dass Kinder mir schwerer Behinderung oft gar nicht mehr das Licht der Welt erblicken. Darum gibt es immer weniger junge Menschen mit Behinderung, die nach der Schulzeit in einer heilpädagogischen Schule das Angebot wie im Striterhof brauchen.
Jüngere Behinderte sind heute viel selbstständiger und haben darum andere Bedürfnisse, wenn sie aus der Heilpädagogischen Schule austreten. Die Selbständigkeit der Klienten in der WG Striterhof ist hingegen kleiner, weil sie die heutige heilpädagogische Förderung damals noch nicht erhalten haben. «Sie wurden lange zuhause umsorgt und leben jetzt hier. Sie kennen es nicht anders», erklärt Lorenzo.
Im Juni war das 50-Jahr-Jubiläum der SSBL und die WG Striterhof in Pfaffnau feierte ihr 20-jähriges Bestehen (siehe Box). «Die Pfaffnauer sind sehr verständnisvoll und offen für unsere Bewohnerinnen und Bewohner», sagt die Teamleiterin. In den Läden kenne man sie und spreche sie oft mit Vornamen an. Auch dürfe die WG Striterhof die Dorf-Turnhalle benützen, wofür sie der Gemeinde sehr dankbar ist. «Wir haben auch ein gutes Einvernehmen mit der Kirchgemeinde», sagt Gisela Lorenzo. «Nach dem Erntedankfest bringen sie uns jeweils das Gemüse vorbei.» Daraus entsteht dann ein feines Mittagessen oder ein Znacht fürs Haus.
Die Stiftung SSBL bietet 305 Wohnplätze an
Die 1971 gegründete Stiftung für Schwerbehinderte Luzern SSBL gestaltet Lebensraum für Menschen mit Behinderung und schafft Räume, in denen sie ihre persönlichen Möglichkeiten leben und entwickeln können. Mit 860 Mitarbeitenden bietet die SSBL an 11 Standorten im Kanton Luzern 305 Wohnplätze im Erwachsenenbereich, 75 Arbeitsplätze für Tagesbeschäftigte sowie 17 Wohnplätze für Kinder im Vorschulalter an. In Reiden gibt es ebenfalls eine Wohngruppe.
