Eine Rückkehr in die Schweiz ist für Yannick Rathgeb vorerst kein Thema

Fast 6200 Kilometer weit entfernt ist Yannick Rathgeb von seiner Heimatstadt Langenthal. Der 23-jährige Eishockeyspieler wohnt in Milford, einem Vorort der Metropole New York. Von dort aus will der Verteidiger eigentlich die grosse Eishockeywelt erobern, aktuell stellt sich das aber als schwierig heraus. Oft ist Rathgeb bei seinem Team, den Bridgeport Sound Tigers, nur überzählig, nur selten erhält er in der American Hockey League (AHL) – der zweithöchsten Eishockeyliga Nordamerikas – überhaupt Einsatzzeit.

Dabei hat eigentlich alles so gut angefangen. Nachdem sich Yannick Rathgeb am Schlüsselbein verletzte und mit Fribourg-Gottéron das Ende der letzten NLA-Saison verpasst hat, wollte er sich in der Organisation der New York Islanders hoch motiviert und voller Vorfreude aufdrängen. Prompt wusste er im Vorbereitungscamp unter anderem mit dem härtesten Schuss aller NHL-Aspiranten zu gefallen. Nach nur einem Testspiel gegen die Philadelphia Flyers wurde der Verteidiger aber in die AHL abgeschoben.

Und bei den Bridgeport Sound Tigers wurde Rathgeb in den ersten vier Saisonspielen nicht einmal eingesetzt – ohne Begründung, versteht sich. «Ich glaube, ich muss frecher werden», sagt Yannick Rathgeb. Die Schweizer Höflichkeitsmanieren werden im harten Eishockeygeschäft in Übersee oft eher als Schwäche verstanden. Rathgeb will deshalb künftig auch neben dem Eis vermehrt die Ellbogen ausfahren.

Kleine Insel «Swissness»
Immerhin gefällt es ihm in seinem neuen Zuhause in Milford gut. Vor etwa einem Monat ist Freundin Federica Boschung mit Hündin Zola zu ihm gezogen, gemeinsam haben sie eine kleine Insel «Swissness» aufgebaut. Das Paar profitiert von den nahegelegenen Parks, dem 50 Meter vor der Haustüre liegenden Strand und der Ruhe, die trotz der Nähe zur Grossstadt vorhanden ist. «Man spürt, dass hier alles grösser ist. Obwohl das Zentrum von New York nur anderthalb Stunden entfernt ist, merken wir hier aber nicht viel vom ‹Big City Life›», sagt Yannick Rathgeb.

Ein bisschen vermisse er seine Heimat schon. Ein persönliches Gespräch mit seinen Eltern und Bekannten kann auch ein Video-Anruf nicht ersetzen, und einen Langenthaler «Yldirims-Kebap» könne er nicht einfach so herbeizaubern, erklärt Rathgeb und lacht.

Fokus auf Amerika
«Zuhause» ist Yannick Rathgeb nicht nur in Milford, sondern gefühlsmässig weiterhin auch in Langenthal. Die Stadt im Oberaargau sieht er als Rückzugsort, der gute Erinnerungen an seine Kindheit birgt. «Ich habe eigentlich immer gesagt, dass ich meine Karriere gerne beim SC Langenthal beenden möchte», verrät Rathgeb. Momentan stehe aber das Abenteuer Amerika im Zentrum. Erst recht, nachdem der Start etwas holprig war. Nur weil Rathgeb in seinem Begehren ausgebremst wurde, will er noch lange nicht aufgeben. «Würde ich jetzt in die Schweiz zurückkehren, würde mich das mein ganzes Leben lang ärgern», verdeutlicht Rathgeb.

Grund zum Zweifeln hat er keinen. «Ich bin überzeugt, dass eine Chance kommen wird. Ist sie da, will ich bereit sein», kündet Rathgeb an. Dafür nutze er sogar das Training mit einem Fähigkeiten-Coach. Der Traum von der grossen Karriere in der besten Eishockeyliga der Welt ist auf den ersten Blick nicht wirklich greifbar und gleichwohl nicht in weiter Ferne. Im Eishockey geht es schnell. Eine Verletzung eines Verteidigers bei den New York Islanders könnte bereits alles verändern. Und weil die Stadien von Bridgeport und den Islanders nur 86 Kilometer Luftlinie trennen, gilt das auch für Yannick Rathgeb.