Elf Schindelhölzer – das braucht der FC Aarau gegen Aufsteiger Kriens

Fussball-Feinschmecker aufgepasst: Kommt am Samstag gesättigt ins Brügglifeld. Auf dem Menüplan steht nichts für zarte Mägen. Stattdessen: zähe, schwere und raue Fussballkost. Ein Fest für Liebhaber des dreckigen Spiels soll es werden. Nach null Punkten aus den ersten beiden Spielen zählt für den FC Aarau gegen Challenge-League-Aufsteiger Kriens nämlich nur eines: der Sieg. Wie der zustande kommt, ist egal.

Trainer Patrick Rahmen sagt: «Der Schönheitspreis interessiert mich nicht. Wir müssen punkten.» Sonst, das weiss Rahmen, das weiss Sportchef Sandro Burki, das weiss das Präsidium um Alfred Schmid – sonst droht der FC Aarau schon wieder früh in der Saison den Anschluss an die Tabellenspitze zu verlieren. Das Feuer der Hoffnung auf bessere Zeiten würde zum Flämmchen. Und das wäre ein knappes Jahr vor der entscheidenden Volksabstimmung zum neuen Stadion verheerend.

Durchblick behalten
Einer, der genau weiss, was der FC Aarau jetzt braucht, ist Innenverteidiger Nicolas Schindelholz. Seit dem 1:3 in Winterthur prägen zwei fette Narben das markante Gesicht des Blondschopfs: Die erste ist ein Überbleibsel aus einem Testspiel in der Vorbereitung. Beide Male lief Schindelholz das Blut in Strömen übers Gesicht. Nur weil es kein Ernstkampf war, verzichtete er beim ersten Cut aufs Weiterspielen. In Winterthur hingegen kehrte Schindelholz nach kurzer Behandlung zurück auf den Platz und spielte seine besten 45 Minuten im FCA-Trikot.

Nach Spielschluss wollte man Schindelholz nicht in der Dunkelheit begegnen. Das linke Auge blutunterlaufen, oberhalb der rechten Braue eine imponierende Naht. Doch den Durchblick behielt der 30-Jährige, seine Analyse brachte das Hauptproblem auf den Punkt: «Wir sind spielerisch die bessere Mannschaft, aber wir haben uns niederkämpfen lassen. Das darf einfach nicht passieren.»

Spieler wie Frontino, Tasar, Schneuwly, Liechti und Peyretti sind Fussball-Schöngeister. Nun sind andere Typen gefragt, Softies haben Pause. Die Krienser sind sich der Aarauer Defizite bewusst: Sie werden dem Favoriten den Ball überlassen, dafür die Räume eng machen und enorm körperbetont spielen. So wie sie das schon beim Aufeinandertreffen der beiden Teams in der Vorbereitung gemacht haben. Damals endete das Spiel 2:2. Um im Ernstkampf zu siegen, müssen sich die Aarauer gegen die Widrigkeiten wehren. Nur wer physisch und kämpferisch auf Augenhöhe mit dem Gegner ist, dem bringen spielerische und technische Vorteile etwas. Heute gilt: Elf Schindelholzer müsst ihr sein.

Die Sinnfrage stets verworfen
Wer von den FCA-Profis nicht weiss, was Kämpfen bedeutet, der soll bei Nicolas Schindelholz nachfragen. Vor neun Jahren wechselte er gemeinsam mit Timm Klose aus dem Nachwuchs des FC Basel zum FC Thun: Beiden wird vom damaligen Thun-Trainer Murat Yakin gleich viel Potenzial nachgesagt. Doch die Wege der Kumpels trennten sich: Klose machte Karriere in der Bundesliga (u.a. Cupsieger mit dem VfL Wolfsburg), wurde Nationalspieler und sicherte sich vor zwei Jahren einen millionenschweren Vertrag in England.

Glückskind Klose, Pechvogel Schindelholz: Nicht weniger als 15 (!) Verletzungen liegen seit dem Wechsel nach Thun hinter ihm. Der Körper machte nicht mit, doch Fleiss und Leidensfähigkeit für eine internationale Karriere hätten bei Schindelholz gestimmt: Jedes Mal hat er sich ohne Murren zurückgekämpft. Die Monate alleine im Kraftraum und in der Physiotherapie hat er nicht mitgezählt, aber: «Immer wieder getrennt zu werden von den Kollegen und nicht nur sportlich, sondern auch menschlich den Anschluss zu verlieren, das war hart.»

Die Sinnfrage, gibt Schindelholz zu, habe er sich schon einige Male gestellt. Im Hinterkopf: Die körperlichen Spätfolgen und der Fakt, dass man normalerweise als Fussballer in der Schweiz nach der Karriere nicht ausgesorgt hat. Schindelholz hat die Fluchtgedanken jedes Mal verworfen. «Nach drei bis vier Tagen jeweils, als ich wieder auf dem Hometrainer trainieren konnte, war die Motivation zurück. Es braucht Fleiss und viele Überstunden, um stärker als zuvor zurückzukommen. Ein verletzter Spieler trainiert mehr als ein gesunder – wer das nicht akzeptiert, für den wird es schwierig.»

Trotz den vielen Rückschlägen – Schindelholz sagt: «Es waren schöne Jahre: Ich habe Freundschaften fürs Leben geschlossen und viel über meinen Körper gelernt. Und jetzt bin ich in Aarau, weil ich Klubs mit familiärer Atmosphäre mag. Sportlich will ich mithelfen, den FC Aarau dorthin zu bringen, wo er hingehört.»

«Kapieren, um was es geht»
Ein Kämpfer neben und auf dem Platz. «Ich brauche harte Zweikämpfe, um ins Spiel zu finden», sagt Schindelholz. Und weiter: «Wir erfahrenen Spieler müssen die Mannschaft führen, wir sind jetzt gefragt. Aber letztlich funktioniert es nur, wenn jeder einzelne kapiert, um was es geht.»

Gegen Kriens müssten sie die richtige Mischung zwischen Aggressivität und Spielstärke finden: «Wir haben hervorragende Fussballer im Team, diesen Vorteil dürfen wir uns nicht nehmen lassen. Aber im richtigen Moment ein taktisches Foul, mit Konsequenz den Körper zwischen Ball und Gegner stellen und vor allem in allen Belangen ruhiger werden – das gehört auch dazu, das müssen wir verbessern.»

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