«Erstrangige Staatsaufgabe»: Der Kanton Aargau sagt Ja zu CO2-Reduktion

Mit Eiswürfeln und roter Frabe auf der Treppe zum Grossratsgeäude macht die JUSO auf  den Klimawandel aufmerksam (Colin Frei)
Mit Eiswürfeln und roter Frabe auf der Treppe zum Grossratsgeäude macht die JUSO auf den Klimawandel aufmerksam (Colin Frei)

Im Kanton Aargau wird ein Entwicklungsschwerpunkt zum Klimaschutz erarbeitet, der in den Aufgaben- und Finanzplan der Regierung aufgenommen wird. Unter anderem sollen so Projekte zur CO2-Reduktion erarbeitet und umgesetzt werden. Das hat der Grosse Rat gestern Dienstag beschlossen. Er stimmte der Motion der GLP-Fraktion mit 82 Ja zu 41 Nein-Stimmen deutlich zu.

Die Nein-Stimmen kamen dabei von der SVP und der EDU, während sich die FDP für einmal den Linken und den Mitteparteien anschloss. Praktisch gleich stimmten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier über ein Postulat der CVP ab, welches verlangt, dass der Klimaschutz als «erstrangige Staatsaufgabe» berücksichtigt werden soll und eine kantonale Strategie zum Klimaschutz verlangte.

Und auch die SP brachte ihren Vorstoss für einen «wirksamen Klimaschutz» im Kanton Aargau durch. Demnach wird der Klimaschutz als übergeordneter Schwerpunkt die Aargauer Politik in Zukunft mitbestimmen.

Das alles ist im Sinne der Regierung. Der Kanton wolle seinen Beitrag leisten, damit die Schweiz das Klimaabkommen von Paris erfüllen kann, wie Energie- und Umweltdirektor Stephan Attiger im Grossen Rat betonte.

Die Meinungen waren da bereits gemacht, das liess die zuvor fast zwei Stunden lang geführte Klimadebatte vermuten. Während Grüne, SP, GLP und CVP klar für mehr Klimaschutz votierten, stellten sich die SVP und die zwei Vertreter der EDU dagegen. «Man muss sich die Verhältnismässigkeit vor Augen führen», sagte SVP-Grossrat Christian Glur für seine Fraktion.

Die kleine Schweiz und der noch kleinere Kanton Aargau könnten kaum etwas Nennenswertes bewirken. Eigenverantwortung sei der richtige Weg und praktischer Umweltschutz, etwa durch Recycling und Steuerung der Zuwanderung erwünscht, so Glur.

Vorstösse von «Klimaideologen» für Lenkungsabgaben und neue Steuern lehne die SVP ab. Die Aktion der Juso vor dem Grossratsgebäude bezeichnete Glur als «Energieverschwendung». Die Jungsozialisten hatten auf der Treppe mit rotem, schmelzendem Eis auf die Klimaerwärmung aufmerksam gemacht.

Der Anstoss für eine separat zu führende Klimadebatte kam im vergangenen Frühling von der CVP. «Für uns ist der Klimaschutz ein selbstverständliches Anliegen, kein propagandistisches Wahlkampfthema», sagte Fraktionspräsident Alfons Paul Kaufmann gestern.

Die CVP sorge auf nationaler Ebene dafür, dass die Ziele des Pariser Klima-Abkommens (Reduktion der Treibhausgas-Emissionen) in der Schweiz umgesetzt würden, auch im Kanton solle der Klimaschutz eine erstrangige Staatsaufgabe sein. Die Ausrufung des von links geforderten Klimanotstands wäre aber Schlagwortpolitik, so Kaufmann.

Weniger konkret drückte sich Roland Frauchiger (EVP) aus. Die Fraktion EVP-BDP erkenne aber den Handlungsbedarf und unterstütze, dass dieser im Aufgaben- und Finanzplan thematisiert werde. Auch die Freisinnigen hatten sich in den letzten Monaten dem Thema angenähert. Gestern blieben sie in der Debatte jedoch zurückhaltend. Das einzige Votum kam von Fraktionspräsidentin Sabina Freiermuth.

Die FDP unterstütze das Vorhaben der Regierung, den Klimawandel als Entwicklungsschwerpunkt in den Finanzplan aufzunehmen, kurzfristigen Massnahmen, wie sie in letzter Zeit zuhauf per Vorstoss verlangt worden sind, stimmen sie aber nicht zu.

Im Kanton würde bereits viel unternommen, so Freiermuth. Firmen würden sich nicht erst seit gestern mit Klimaschutz befassen. Innovation, Fortschritt und Eigenverantwortung seien denn die Schlüssel zum Erfolg gegen den Klimawandel.

Erwartungsgemäss anders sahen das die linken Parteien und die GLP. GLP-Fraktionschefin Barbara Portmann veranschaulichte dies mit einer Sanduhr. Die Zeit sei knapp, Handeln dringend, sagte sie. Speziell der Ausstieg aus den fossilen Energien müsse schneller gehen.
«Die Transformation hätte schon lange beginnen müssen, die Versäumnisse holen uns jetzt ein», sagte Robert Obrist (Grüne). Es brauche Förderung von Projekten für mehr Klimaschutz und die entsprechende Finanzierung.

In der Landwirtschaft, beim Gewässerschutz, in der Raumplanung und auch in der Gesundheitspolitik könne der Aargau Einfluss nehmen, führten Grossrätinnen und Grossräte der Grünen aus. Alleine könnten sie aber wenig bewirken, es brauche die gesamte Gesellschaft und alle Parteien. Etwa die SP. «Wir sind überzeugt davon, dass es jetzt eine umfassende ökologische Wende braucht», sagte Parteipräsidentin Gabriela Suter.

Die Energiewende müsse indes sozialverträglich ausgestaltet sein, neue Abgaben darum möglichst vollständig an die Bevölkerung zurückfliessen. Auch wenn die Förderung von Innovation wichtig und unabdingbar sei, so gehe der Kampf gegen den Klimawandel jedoch nicht ohne Regulierungen und Anreize. «Freiwilligkeit reicht nicht aus», so Suter.