
«Es gibt immer noch viel zu entdecken»
ZUR PERSON
Aufgewachsen in: St. Urban
Wohnort: Luzern
Geburtstag: 24. November 1984
Zivilstand: ledig
Hobbys: Musik, Natur, lesen
Stadt oder Land?
Stadt
Reden oder Zuhören?
Eher zuhören, vor allem in der Gruppe
Sommer oder Winter?
Sommer!
Auto oder öV?
Ich habe ein Auto, fahre aber ohne Verstärker und Konzertmaterial mit dem öV
Konzert spielen oder besuchen?
Beides! Besuch als Inspiration für eigenes Konzert
Covern oder selber schreiben?
Selber schreiben, gut Covern ist nämlich sehr schwierig
Der aus St. Urban stammende Gitarrist Urs Müller musiziert seit drei Jahren erfolgreich mit Kali. Gemeinsam mit Raphael Loher und Nicolas Stocker spielt er Musik, die sich in kein Genre zwängen lässt. 2015 zog es ihn für ein musikalisches Abenteuer mehrere Monate nach New York. Nun geht der 34-Jährige mit Kali auf Tournee nach Russland und Deutschland.
Woher haben Sie Ihre musikalische Ader?
Das würde ich auch gerne wissen … Von meinen Eltern wohl eher nicht (lacht). Meine Mutter war zwar im Kirchenchor und mein Vater in der Blasmusik. Und anscheinend hat meine Grossmutter Lieder auf der Gitarre begleitet. Als Kind wollte ich mal Dirigent werden, also irgendwie war da schon von klein auf eine Begeisterung für Musik da. So richtig gepackt hat es mich erst mit elf Jahren, als ich mit dem Gitarrenspielen angefangen habe. Aber eigentlich ist in meiner Verwandtschaft kein Musiker oder Künstler anzutreffen, das hat meiner Familie auch schon Rätsel aufgegeben. Wahrscheinlich muss, wie in meinem Fall, jemand einmal in der Familie damit anfangen.
Wie viele Gitarren besitzen Sie? Und welche ist Ihre liebste?
Viele, um genau zu sein 10, vor allem E-Gitarren. Meine liebste ist eine schwarze Fender Telecaster. Man entwickelt schon eine besondere Beziehung zum Instrument, das man täglich spielt. Manchmal ist man eins mit dem Instrument, an anderen Tagen wünscht man sich, es würde doch ein wenig anders klingen … Erinnert auch ein wenig an andere Beziehungen.
Erzählen Sie mehr!
Man meint etwas/jemanden in- und auswendig zu kennen und wird dann doch immer wieder überrascht und nimmt kleinste Veränderungen wahr. Vielleicht hat sich auch gar nicht die Gitarre/das Gegenüber verändert, sondern die eigene Wahrnehmung. Aber wieder zurück zur Gitarre – Holz arbeitet jeden Tag. Es dehnt sich aus und zieht sich wieder zusammen. Es resoniert auch mal anders und man muss den Anschlag verändern, damit sie so klingt, wie man möchte. Ich kenne sogar Musiker, die ihr Instrument nach Berlin zu einer Person bringen, die es auf eine Art osteopathisch und mit Akupunktur behandelt. Klingt für viele Leute bestimmt ziemlich seltsam …
In welchen Bands haben Sie bislang gespielt und wie haben die Bands Sie geprägt?
Ich habe bisher in sechzehn unterschiedlichen Bands gespielt, die auch stilistisch zum Teil weit voneinander entfernt waren. Hinzu kommen noch viele einmalige Projekte. Von Folk über experimenteller Musik bis hin zu Hip-Hop. Manchmal frage ich mich, wie das alles nebeneinander/miteinander funktioniert hat. Jede Band hat mich geprägt. Durch die vielen Konzerte und Proben zeichnet sich immer klarer ab, wie man als Band funktionieren möchte. Es gibt immer noch sehr viel zu entdecken.
Wie kamen Sie zu Kali und was hat Sie dazu bewegt, zu bleiben?
Raphael Loher und Nicolas Stocker haben schon vor Kali an der Musikhochschule Luzern zusammen gespielt. Nicolas Stocker kannte ich bereits vom Umfeld von Nik Bärtsch’s Mobile, wo er Schlagzeug spielt. Sie wollten mit einem Gitarristen spielen und haben mich angefragt. Schon bald nach dem ersten Treffen haben wir intensiv zusammen geprobt und allgemein viel Zeit in die Band investiert. Alle entwickeln sich musikalisch weiter und haben Spass, zusammen etwas Eigenes zu kreieren.
Wie würden Sie die Musik beschreiben, die Kali spielt?
Jemand hat uns mal als Post-Genre Musiker bezeichnet, die Noise, improvisierte Musik, New Minimal, Ambient, Prog Groove, Alternative Rock und Elemente zeitgenössischer-klassischer Kammermusik vereinen. Jazz wurde nicht genannt … Da wir aber alle an der Jazzschule studiert haben, spielt dieser Einfluss sicher auch stark mit. Jazz ist ja inzwischen ein sehr weiter Begriff, weshalb ich denke, dass einige Hörer uns sicher auch im Jazz einteilen würden. Es ist sowieso so eine Sache mit den Musikgenres. Meistens sind sie unzureichend, um die Musik genau zu beschreiben. Am besten man hört sich die Musik live an und entscheidet selber, wie man sie benennen möchte.
Wie kam der Name Kali zustande?
Einen passenden Bandnamen zu finden, ist wohl oftmals schwieriger als die Musik zu schreiben. Zustande kam er an einem Abend in Raphael Lohers Wohnzimmer. Kali ist eine hinduistische Göttin der Zerstörung, aber auch der Erneuerung. Ich glaube dieser Gedanke hat uns gepackt. Zudem ist der Name kurz, prägnant und klingt, wie ich finde, schön. Die Grundidee geht aber schon auf Raphael Loher zurück, welcher sich viel mit fernöstlichen Philosophien auseinandersetzt.
Welchen Bühnenauftritt werden Sie nie vergessen?
Es waren viele spezielle Momente dabei. Spontan denke ich ans Konzert mit Caroline Chevin als Vorgruppe für Eric Clapton in Basel. Clapton war zwischen 13 und 16 Jahren mein grosses Idol. Zudem die Konzerte 2017 mit Kaspar von Grünigen und 2018 mit Kali am Jazzfestival Willisau. Für mich war es immer ein Traum, mal auf der Bühne dieses Festivals zu spielen.
Haben Sie Vorbilder?
Früher hatte ich vor allem Gitarristen wie Eric Clapton, Jimi Hendrix oder John Scofield als Vorbilder. Inzwischen interessieren mich unter anderem Songwriter/-innen, Komponisten/-innen und Musiker/-innen der freien Improvisation mehr. Das Interesse ist ganzheitlicher geworden und nicht nur gitarrenspezifisch.
Welche Highlights erwarten Sie im Jahr 2019?
Mit Kali geht es ab Mitte Mai auf Russlandtour. Das wird bestimmt abenteuerlich und wohl auch etwas anstrengend. Wir spielen voraussichtlich etwa zehn Konzerte innerhalb von zwölf Tagen. Und ab Juni, gleich anschliessend, darf ich für vier Monate ins Zentralschweizer Atelier in Berlin. Ich freue mich sehr darauf, Zeit für eigene Ideen zu haben, mich musikalisch weiterzuentwickeln und mich von der Stadt und den Leuten in Berlin inspirieren zu lassen.
Das nächste Konzert findet am Samstag, 13. April, um 20 Uhr im Kulturraum Bau4 in Altbüron statt.