Ex-Mitarbeiterinnen der Spitex Region Zofingen AG kritisieren die Fusion

Die Spitex Region Zofingen (SRZ) AG hat auf Basis der Eigentümerstrategie und den Vorgaben des Kantons die hauswirtschaftlichen Dienstleistungen reduziert. Entsprechend wurde in diesem Bereich abgebaut. Die Ex-Mitarbeiterinnen haben das Gespräch mit dem ZT gesucht. «Wir wollen, dass die Leute auch unsere Sicht erfahren», sagen sie. Die Frauen wurden zur Pro Senectute vermittelt, die inzwischen den Hauswirtschaftsservice anbietet, oder gekündigt. Die Klienten wurden gemäss SRZ über die Veränderung individuell mündlich und schriftlich informiert. Wenn gewünscht, wurde der Kontakt zur Pro Senectute hergestellt. Aus Sicht der Frauen ist die SRZ aber alles andere als auf Kurs.

Im Gespräch mit dem ZT bringen sie Beispiele, was sie als Angestellte störte. So seien sie im Vorfeld der Fusion mangelhaft, widersprüchlich und oft verspätet informiert worden. «Als die Fusion vollzogen war, hiess es: Macht so weiter wie vorher», erzählt eine Ex-Angestellte. Unter anderem hätten die Pensen der Mitarbeiterinnen nicht mehr mit der Planung übereingestimmt. Und es sei vorgekommen, dass Klienten doppelt oder gar nicht mehr geplant wurden. Als Dienstleisterinnen für die Klienten im Bereich der Hauswirtschaft hätten sie zudem das, was vorher möglich war, plötzlich nicht mehr machen dürfen. Beispielsweise Fensterputzen. «Dabei sind die Klienten die Hauptpersonen in der Spitex. Am Schluss bezahlen sie unseren Lohn», finden die Frauen. In der Organisation sei aus ihrer Sicht nicht spürbar gewesen, dass der Kunde im Zentrum stehe. Diese – zumeist älteren – Menschen hätten ihr Leben lang ihren Beitrag an die Gesellschaft geleistet. «Darum haben sie auch eine angemessene Betreuung zu Hause verdient», finden die Ex-Mitarbeitenden.

Besonders gestört hat sie, dass sie andere Klienten besuchen mussten. «Unsere Klienten, die wir vorher – teilweise jahrelang – betreuten, sahen wir plötzlich nicht mehr», so die Ex-Mitarbeiterinnen. Die Planung habe zudem «absurde Situationen» ergeben. So musste beispielsweise eine Mitarbeiterin erst in Glashütten jemanden betreuen, danach in Zofingen und schliesslich in Rothrist. Zudem befand sich das Material für Hauswirtschaft nur noch in Oftringen. Je nachdem waren so zusätzliche Fahrten nötig. Als die Frauen sich dafür einsetzten, weiterhin ihre bekannten Klienten besuchen zu dürfen, habe es geheissen, sie seien unflexibel. Die Frauen vermissten seit Beginn der SRZ eine transparente Kommunikation und eine geregelte Planung.

Reduktion war Vorgabe der Aktionärsgemeinden

Walter Hungerbühler, Geschäftsleiter der SRZ, nimmt Stellung. 2019, im ersten Betriebsjahr der Spitex Region Zofingen AG, seien es 530 Stellenprozente im Bereich der Hauswirtschaft gewesen. Für das Jahr 2021 seien 325 Stellenprozente budgetiert. «Vor der Fusion der Spitex-Organisationen waren viele Mitarbeitende im Stundenlohn und auf Abruf, also mit sehr flexiblen Pensen, angestellt. Mitarbeitende mit einem Pensum von mehr als 20 Prozent sind heute im Monatslohn mit Jahresarbeitszeit angestellt», erklärt Hungerbühler. Er betont: «Grundsätzlich richten sich die Einsätze immer nach den Bedürfnissen der Kundschaft, was Änderungen im Einsatzplan auslösen kann.»

Die Reduktion der hauswirtschaftlichen Leistung war eine Vorgabe der Aktionäre der SRZ, also der Eigentümergemeinden. «Diese Vorgabe ist verständlich», sagt Hungerbühler. Werden von den Klienten der Spitex Hauswirtschaftsleistungen bezogen, verbleiben für die Gemeinden subventionierte Kosten von Fr. 41.70 pro Stunde. Werden die vergleichbaren Leistungen von der Pro Senectute erbracht, subventionieren die Gemeinden die Stunde nur mit 10 Franken. Für die Kunden würden die Leistungen in vergleichbarer Qualität angeboten, für die Gemeinden könne das pro Jahr aber Differenzen von Zehntausenden von Franken ausmachen, so Hungerbühler.

Die Kernkompetenz der Spitex ist die Pflege

Zum Thema Fensterputzen sagt er: «Es gibt einen klar abgegrenzten Leistungskatalog, der auf der Pflegeverordnung des Kantons Aargau beruht. Der Fensterputz ist ein Spezialauftrag, der nicht durch die Spitex abgedeckt werden darf.» Die «absurde Situation» bezeichnet Hungerbühler als Beispiel aus individueller Sicht einer Mitarbeitenden. Es entspreche nicht den üblichen Einsätzen im Bereich Hauswirtschaft. Die Regelmässigkeit der Einsätze sei in den hauswirtschaftlichen Einsätzen gegeben. «Grundsätzlich richten sich die Einsatzpläne immer nach den Bedürfnissen der Kundschaft, nicht nach denen der Mitarbeitenden», so Hungerbühler. «Aus wirtschaftlichen Gründen wird aber immer angestrebt, dass die Einsatzpläne mit möglichst wenig langen Zu- und Wegfahrten zusammengestellt werden.» Durch das erhöhte Engagement der Pro Senectute im Bereich Hauswirtschaft ergebe sich für diese mehr Einsatzstunden, was noch effizientere Einsatzpläne ermögliche.

Die Vollkosten für eine Hauswirtschaftsstunde betragen bei der Spitex rund 80 Franken, bei der Pro Senectute rund 48 Franken. «Das hat damit zu tun, dass die Spitex ihre Kernkompetenz auf die Pflege und nicht die Hauswirtschaft ausgerichtet hat», erklärt Hungerbühler. Dennoch gehören die hauswirtschaftlichen Leistungen zum gesetzlich vorgeschriebenen Angebot der Gemeinden. Ob diese subventioniert werden, liegt dann im Ermessen der Gemeinden. «Nicht alle Gemeinden in der Region subventionieren diese Leistungen, jedoch alle Trägergemeinden der SRZ», sagt Christian Reize, Verwaltungsratspräsident der SRZ. Die SRZ sei Leistungserbringerin und koordinierende Instanz für die Pflege und die Hilfe zu Hause. Die Pro Senectute Aargau sei ausschliesslich im Bereich Hilfe zu Hause tätig.

Hauswirtschaftliche Leistungen erhalten grundsätzlich alle bedürftigen Menschen über 60 Jahre sowie IV-Beziehende jeglichen Alters. Im Tätigkeitsgebiet der SRZ übernimmt nun die Pro Senectute die Hauswirtschaftsdienstleistungen bei über 60-Jährigen. «Insbesondere auch dann, wenn absehbar ist, dass sie auf längerfristige Unterstützung angewiesen sind», so Hungerbühler. Die SRZ betreue nach wie vor Leistungsbeziehende unter 60 Jahren, zum Beispiel in einer Reha-Situation nach Unfällen.

Zum Vorwurf der schlechten Kommunikation sagt Hungerbühler: «Veränderungen sind immer schwierig, insbesondere für betroffene Mitarbeitende bei einer Fusion. Die Verantwortlichen der Spitex Region Zofingen AG glauben jedoch, dass die Fusion sehr gut vorbereitet war.» Die Mitarbeitenden sowie die Vereine seien in mehreren Infoveranstaltungen über die Fusion und das Vorgehen informiert worden. Die Geschäftsleitung und die zuständige Bereichsleitung würden regelmässig an Bereichssitzungen teilnehmen, wo alle Mitarbeitenden ihre Fragen stellen oder einen persönlichen Termin vereinbaren könnten.