
Exkursion in die lautlose und dunkle Welt der Flattertiere

Wenn der Aberglaube bleibt
Kein Tier wurde so stark mit Gerüchten belegt wie die Fledermaus. Aufgrund ihrer Nachtaktivität, ihres lautlosen Fluges und ihres lange Zeit unbekannten Orientierungssinnes verbanden sie die Menschen direkt mit dem Teufel. Ausserdem glauben einige noch, dass Fledermäuse ihnen in die Haare fliegen könnten. Obwohl die meisten Menschen noch nie eine Fledermaus gesehen haben, fürchten oder ekeln sie sich vor ihnen. Dabei haben viele eine falsche Vorstellung von der Grösse. Die grösste heimische Art erreicht gerade einmal eine Körperlänge von acht Zentimetern. Es gibt aber auch Kulturen, da werden Fledermäuse als Gottheiten verehrt. So ist das chinesische Wort «Fu» gleichbedeutend mit «Fledermaus» und «Glück». (pd/kpe)
Alle schauen gebannt nach oben: Eigenartige «Vögel» rasen in schnellem Tempo durch den fast dunklen Himmel. Immer wieder schlagen sie schnelle Haken, verschwinden hinter den Bäumen, um kurze Zeit später wieder aufzutauchen. Es sind Fledermäuse: Zwergfledermäuse, Braune Langohren und Abendsegler, die auf der Jagd nach Insekten sind. Jedes mal, wenn die Fledermaus einen Haken schlägt, hat sie eine Mücke oder einen Käfer geortet und schnappt nach ihm. Eigentlich wäre die Flugshow für menschliche Ohren völlig geräuschlos. Doch dank kleinen Geräten, die Olivier Fiechter, Fledermausexperte und Förster, verteilt hat, hören die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fledermausexkursion das Knattern der Ortungsgeräusche der kleinen Raubtiere. Das sind sie nämlich, kleine Raubtiere mit entsprechendem Gebiss, zusammen mit den exotischen Flughunden eine eigene Ordnung der Säugetiere.
Erschwerende Umstände für die kleinen Tiere
Das und noch viel mehr erzählt Fiechter den rund 30 Teilnehmern der Exkursion an den Trübelbachweiher beim Kloster St. Urban. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Verein Lebendiges Rottal und der Arbeitsgemeinschaft für Fledermausschutz. Es ist ein wunderbarer Sommerabend. Noch bei Tag trifft sich die Gruppe und Olivier Fiechter führt sie ein in das spannende Leben der Fledermäuse. Er berichtet aber auch darüber, wie schwer es die kleinen Tiere bei den Menschen haben. Wie die Fledermäuse viele ihrer Wohnquartiere in Häusern und Kirchen, aber auch in alten Bäumen verloren haben. Wie schwierig es für sie geworden ist, genügend Futter zu finden: Die ausgeräumten Landschaften, der häufige Wiesenschnitt und der Pestizideinsatz der Landwirtschaft haben viele Insekten dezimiert. Wenn die Menschen die schönen Abende des trockenen Sommers ohne Mückenplage geniessen konnten, war die Futtersuche für die Fledermäuse aufwendig. Denn die Mücken machen einen Grossteil der Nahrung vieler Arten aus. Aber auch wenn es viel regnet, ist es für die kleinen Jäger nicht unproblematisch, da sie bei Regen nicht jagen können.
Beim Rundgang zum Trübelbachweiher, dann an den Waldrand mit Ausblick ins Freie und wieder zurück erzählt Experte Olivier Fiechter auch viel über den Wald und die Waldbewirtschaftung. Dass es nötig sei, angesichts der Klimaerwärmung einen ganz neuen Wald mit weniger Nadelholz zu planen und zu pflanzen – nicht zuletzt auch zugunsten der Fledermäuse. Ein Musterbeispiel wäre die Mittelwaldbewirtschaftung mit einem bunten Gemisch aus Laubhölzern. Diese wurde hier im Gebiet einst sogar traditionell vom Kloster betrieben und neu in einem Teil des Klosterwaldes wieder aufgenommen. (jst)