
«Fall Brian»: Bundesgericht pfeift Vorinstanz zurück
Der «Fall Brian» ist um ein weiteres Kapitel reicher: Wie aus einem Urteil des Bundesgerichts hervorgeht, hat das Zürcher Obergericht die Verlängerung der Sicherheitshaft von Brian K. bis zum Beginn des Strafvollzugs ungenügend begründet. Das Bundesgericht hat somit eine Beschwerde des Straftäters teilweise gutgeheissen. Zuerst hatte die Nachrichtenagentur Keystone-SDA darüber berichtet.
Konkret habe das Zürcher Obergericht zwei von Brian eingereichte Privatgutachten zu den psychischen und sozialen Auswirkungen des strengen Haftregimes nicht «genügend gewürdigt und sich dazu nicht zureichend geäussert», heisst es. Damit habe die Vorinstanz den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Bundesgericht fordert eine Perspektive
Brian K. ist derzeit in der Sicherheitsabteilung der Justizvollzugsanstalt Pöschwies ZH untergebracht. Er befindet sich 23 Stunden am Tag in Isolationshaft und hat auch bei seinem täglichen einstündigen Spaziergang keine sozialen Kontakte zu anderen Häftlingen. Auf die Dauer werfe dieses Haftregime die Frage eines menschenwürdigen Haftvollzugs auf, schreibt das Bundesgericht.
Daher müssten die Haftbedingungen «vertiefter begründet werden», heisst es im Urteil weiter. Darüber hinaus wäre zu erwarten, dass die Vollzugsbehörden grundsätzliche Überlegungen zum Haftvollzug gemacht hätten und «zumindest ein Konzept vorlegen könnten, wie sich die Lockerung der Haftbedingungen angehen liesse». Solch eine Perspektive könnte die Haftverlängerung allenfalls zulässig machen, selbst wenn das Haftregime erst künftig gelockert werde.
Brian K., der schon als Kind wegen Gewalttaten in die Fänge der Justiz kam, wurde als Jugendlicher unter dem Pseudonym «Carlos» medial bekannt. Er sitzt derzeit eine mehrjährige Haftstrafe im Gefängnis Pöschwies in Regensdorf ab, weil er Gefängnispersonal angegriffen hat. Erst kürzlich rügte Nils Melzer, Sonderberichterstatter für Folter des UNO-Menschenrechtsrats, das strikte Haftregime des 25-Jährigen. Die lange Isolationshaft bezeichnete er als «unmenschlich». (dpo)
Urteil 1B_398/2021 vom 4.8.2021