FC Aarau: Stefan Maierhofer raus, Spielkultur rein

Der «Major» ist Gold wert: Im Heimspiel des FC Aarau gegen Servette (3:3) holte Stefan Maierhofer zwei Penaltys raus und legte Markus Neumayr den Ball zum 1:0 auf. Der 36-jährige Teamsenior kommt nun gesamthaft auf acht Tore und fünf Vorlagen und ist neuer Führender der internen Skorerliste (vor Varol Tasar und Olivier Jäckle). Einen Haken hatte Maierhofers Galavorstellung gegen den Tabellenführer jedoch: In der 84. Minute sah er für ein Foulspiel die gelbe Karte. Und weil es die vierte in dieser Saison war, ist der Österreicher am Samstag in Lausanne gesperrt.

Nimmt man die nackten Zahlen als Massstab, ist Maierhofer für den FCA unersetzbar. Und sein Fehlen im kapitalen Auswärtsspiel gegen Barrage-Konkurrent Lausanne ein schlechtes Vorzeichen. Doch es gibt auch eine andere Sichtweise, mit der man zum Schluss kommt: Maierhofers Absenz kann dem FCA sogar guttun. In verschiedener Hinsicht.

Schneuwlys ungewohnte Rolle

Maierhofers Platz im Sturmzentrum wird ziemlich sicher Marco Schneuwly einnehmen. «Endlich wieder auf meiner Lieblingsposition», dürfte sich Schneuwly freuen, der wegen Maierhofer meist auf dem linken Flügel zum Einsatz kommt. Dies, weil Trainer Patrick Rahmen auf keinen der beiden verzichten will, in seinem 4-2-3-1-System aber nur Platz für einen Zentrumsstürmer hat. Richtig warm wurde Schneuwly mit der ungewohnten Rolle nie. Verständlich: Ihm fehlen die Schnelligkeit und die Dribbelstärke, die es auf dieser Position braucht. Schneuwly machte sich in 14 Jahren Super League einen Namen als Vollstrecker im Strafraum. Aber seit Maierhofers Verpflichtung musste er wegen diesem aus dem Zentrum weichen, weil der Österreicher noch weniger gut dribbeln und noch weniger schnell rennen kann.

Sommer-Neuzugang Schneuwly, der zuvor in 334-Super-League-Partien 103 Mal traf, erzielte für den FCA in 16 Anläufen erst zwei Tore. Nicht etwa als linker Flügel, sondern in Spielen, in denen Stefan Maierhofer fehlte und Schneuwly als Stossstürmer ran durfte: Unvergessen seine Traumkiste gegen Vaduz (Endstand 3:1), die im Dezember zum «Tor des Monats» gekürt wurde. Das zweite Mal traf Schneuwly beim Rückrundenauftakt gegen Wil (3:1).

FCA beraubt sich eigener Stärke

Letzteres Spiel verfolgte Maierhofer wegen des im Endeffekt verpassten Transfers nach Saudi-Arabien auf der Tribüne. Kein Problem für seine Teamkollegen, im Gegenteil: Sie spielten sich in einen Rausch, die erste Halbzeit waren die besten 45 Minuten des FC Aarau in dieser Saison. Warum? Weil das Team ohne seinen «Major» zum schönen Spiel gezwungen und dadurch unberechenbarer für den Gegner war.

Maierhofer ist mit seinen Toren und seiner Robustheit vor allem ein Segen für den FCA. Aber er ist eben auch Fluch: Sehen die Verteidiger vorne den 2,02-Meter-Leuchtturm stehen, ist für sie die Verlockung gross, einfach hohe Bälle auf Maierhofer zu schlagen – mit der Gewissheit, dass dieser neun von zehn Kopfballduellen gewinnt.

Mit dem 20 Zentimeter kleineren Schneuwly im Sturmzentrum fällt das Alibi für den unprätentiösen «Kick and Rush»-Fussball weg, die Spieler sind zu Flachpass-Stafetten gezwungen. Alles andere als ein Nachteil: Der «schöne» Fussball mit verschiedenen Angriffsvarianten liegt der Mannschaft, umso mehr, seit sie mit Winter-Neuzugang Neumayr einen ligaweit überdurchschnittlichen Spielmacher in ihre Reihen hat. Leider beraubt sich der FCA wegen Maierhofer oft der eigenen Stärke.

Für Aarauer Spielkultur wird in Lausanne gesorgt sein, Patrick Rahmen dürfte die gleiche Startelf wie beim 3:1 gegen Wil nominieren: Mit Schneuwly als Stossstürmer, umgeben von der Flügelzange Varol Tasar und Petar Misic, für die Rahmen von vielen seiner Trainerkollegen beneidet wird.

Auch statistisch muss der FCA Maierhofers Absenz gegen den Tabellenzweiten nicht fürchten. Zwei Mal fehlte Maierhofer in dieser Saison auf dem Matchblatt, zwei Mal wurde er erst im Verlauf der Partie eingewechselt. Resultat: vier Siege. Dennoch wird Maierhofer in einer Woche in Winterthur wohl in die Startelf zurückkehren. Nicht auszudenken, wenn es dem FC Aarau gelingt, in den restlichen Partien Maierhofers Qualitäten in Einklang mit der eigenen Spielstärke zu bringen.