
FCA-Captain Gianluca Frontinos Herzenswunsch
Vergangenen Samstagabend, Stadion Brügglifeld: Markus Neumayr ist im Freudentaumel. Er zieht das Trikot aus, dreht eine kleine Ehrenrunde und lässt sich von den Fans des FC Aarau für sein Tor zum 2:0 gegen Lausanne feiern. Neumayr weiss genau, wie wichtig dieser Treffer war. Entsprechend gross sind die Begeisterung und die Erleichterung. Doch das Ganze hat einen Schönheitsfehler: Der 33-jährige Deutsche wird von Schiedsrichter Nikolaj Hänni wegen übertriebenen Torjubels verwarnt. Es ist Neumayrs vierte gelbe Karte in dieser Saison. Er fehlt am Samstag im Auswärtsspiel gegen den FC Schaffhausen.
Ganz ungelegen kommt Neumayr die Sperre allerdings nicht. Der zentrale Mittelfeldspieler mit der überragenden Übersicht plagt sich seit Wochen mit Problemen im rechten Knie herum. «Die Schmerzen sind so stark, dass ich Tabletten nehmen muss», sagt Neumayr. Eine Pause tut ihm gut. Umso mehr, als dass die nächste Partie der Aarauer in Schaffhausen auf Kunstrasen gespielt wird. Auf einer Plastikunterlage werden die Gelenke besonders strapaziert. Ein Einsatz wäre Gift für sein lädiertes Knie.
Neumayr also fehlt im kapitalen Spiel gegen die Nordostschweizer. Doch was hat das alles mit Gianluca Frontino zu tun? Ganz einfach: Die Sperre für Neumayr ist die Chance von Frontino. Er spielt im zentralen, offensiven Mittelfeld, also exakt auf der gleichen Position wie Neumayr. Und Frontino ist dank seiner Technik geradezu prädestiniert für das Spiel auf Kunstrasen. Ist also alles angerichtet für eine Gala-Vorstellung des Captains?
Auf den ersten Blick spricht vieles für einen Einsatz von Frontino. Auf den zweiten Blick gibt es das eine oder andere Fragezeichen. Es wäre nämlich sein erster Einsatz von Beginn an seit dem Heimspiel gegen Chiasso am 25. August. Frontino fehlt es nach einer monatelangen Verletzungspause mit Achillessehnen-Problemen an Kraft und Kondition für 90 Minuten. Es machte lange Zeit den Anschein, als sei die Saison für ihn gelaufen. Dann schoss er im Auswärtsspiel in Genf gegen Servette den wichtigen Treffer zum zwischenzeitlichen 1:1. Plötzlich wurde die Nummer 10 des FC Aarau zum Hoffnungsträger. Plötzlich war Frontino wieder in aller Munde.
Patrick Rahmen lässt sich bezüglich der Startformation nicht in die Karten schauen. Der Trainer des FC Aarau lässt offen, ob sein Captain von Beginn an spielen oder als Einwechselspieler zum Einsatz kommen wird. Frontino selbst fühlt sich fit und ist bereit. «Spätestens seit dem Teileinsatz und dem Tor gegen Servette weiss ich, dass ich auf hohem Challenge-League-Niveau noch mithalten kann», sagt er. «Die Energie ist da. Ich brenne auf einen Einsatz. Schliesslich will ich mit dem FC Aarau die zwei Barrage-Spiele erreichen. Ich würde es aber auch akzeptieren, wenn ich nicht von Beginn an spiele. Schliesslich ist die Aufstellung einzig und allein Sache des Trainers.»
Ein Platz in der FCA-Startformation im Spiel in Schaffhausen wäre für Frontino eine besondere Genugtuung. Mehr noch. Für ihn würde ein Herzenswunsch in Erfüllung gehen. Vor neun Jahren gab er sein Debüt als Profi mit dem FC Schaffhausen bei einem 0:0 gegen Winterthur. Der Trainer der Schaffhauser war damals René Weiler. Jener René Weiler, der 2013 mit dem FC Aarau in die Super League aufgestiegen ist. Es wäre eine schöne Geschichte, wenn Frontino kurz vor dem Rücktritt der aktiven Karriere an der früheren Wirkungsstätte nochmals eine Kostprobe seines Könnens abliefern könnte. Mehr noch. Es wäre sogar eine Geschichte mit romantischem Hintergrund. Den Applaus von seinem Fan-Club mit mindestens 20 Personen aus dem engsten Umfeld hätte er zumindest auf sicher. Und die Pfiffe jener Schaffhauser Anhänger, die ihm den Wechsel von Schaffhausen zu Winterthur im Frühjahr 2017 bis zum heutigen Tag nicht verziehen haben, könnte er dank seiner Erfahrung problemlos wegstecken. Und in rund drei Wochen ist seine Zeit als Berufsfussballer eh vorbei. Am 3. Juni wird er in die USA reisen und Las Vegas unsicher machen. Und am 2. August nimmt Frontino seine Tätigkeit als Versicherungs- und Vorsorgeberater in seiner Heimatstadt Schaffhausen auf und wird Spielertrainer und Chefstratege des FC Diessenhofen.
Zurück zum kapitalen Spiel des FC Aarau in Schaffhausen: Im Vorfeld stellen sich vor allem zwei Fragen. Spielt Frontino eine Hauptrolle oder eine Nebenrolle? Und gehen für den FC Aarau vor den restlichen Partien gegen den SC Kriens, Chiasso und Rapperswil-Jona die Träume vom Barrage-Platz und vom Aufstieg in die Super League weiter?