Filmreife Geschichten: Der SC Langenthal ist ein Meister wie aus dem Märchenbuch

Die Saison des SC Langenthal würde ein exzellentes Drehbuch für einen Hollywood-Streifen abgeben. Der SCL ist nämlich ein Meister der speziellen, aussergewöhnlichen und spektakulären Geschichten. Die erste betrifft Goalie Philip Wüthrich. Der 21-jährige Berner, der auf die Saison hin von den Junioren des SC Bern als zweiter Goalie zum SC Langenthal stiess, wurde vom Notnagel zum Überflieger. Wüthrich hexte den SCL zum Titel. An ihm sind in den Playoffs die Spieler von Kloten, Olten und La Chaux-de-Fonds gescheitert, verzweifelt und zerbrochen.

Teamwork war entscheidend

Es ist aber auch die Geschichte von Brent Kelly, dem 38-jährigen SCL-Kanadier, der seine letzte Saison mit den Oberaargauern bestreitet. Im Herbst nicht selten als «lahme Ente» ohne Wirkung unterwegs, lief der Kanadier in den Playoffs zur Hochform auf. Kelly zeigte noch einmal seine grosse Klasse, führte die erste Linie an und schoss entscheidende Tore. Der Kanadier hat sich zum Schluss selber die Krone aufgesetzt. Spielte der SCL im Herbst zeitweise «ohne» Ausländer (neben Kelly fiel auch Kim Karlsson nicht auf), verfügte er in den Playoffs über das beste und effektivste Ausländer-Duo, denn mit Pascal Pelletier, der im Dezember den unglücklichen Karlsson ersetzte, tat man einen Glücksgriff. Der Kanadier war zwar kein auffälliger, aber dafür ein umso effizienterer, cleverer und kaltblütiger Skorer, der immer wieder entscheidend ins Szene trat.

Und da wäre auch noch Robin Leblanc. Der Kanadier mit Schweizer Lizenz lief im fortgeschrittenen Eishockey-Alter zur absoluten Höchstform auf. Leblanc verfügt über jene aussergewöhnlichen Eigenschaften, wie sie nur Meisterspieler besitzen, die in wichtigen Momenten für die Differenz sorgen können. Einzelne sorgten für meisterliche Geschichten, die ganze Mannschaft für den Triumph. Wie der SCL als Einheit zusammenwuchs, war beeindruckend. Der SCL war am Ende auch der Meister des Teamworks.

Hanberg, der Meisterregisseur

Der Meistertitel ist aber nicht zuletzt auch die Geschichte des kühlen Schweden Per «Pelle» Hanberg. Der SCL-Trainer ist der Autor und Regisseur des unglaublichen «Meister-Märli». Was er aus dem Team gemacht hat, ist in der Tat erstaunlich. Wie er in den Playoffs auf sämtliche Situationen und Antworten des Gegners reagiert hat und es fertigbrachte, dass die Mannschaft seine Vorgaben haargenau umzusetzen vermochte, ist phänomenal und rückblickend betrachtet kaum zu glauben. Denn wer den SC Langenthal in den ersten Meisterschaftsspielen dieser Saison gesehen hatte, nahm ein schwerfälliges, mühevoll agierendes Team wahr, das höchstens Mittelmass verkörperte. Diese Mannschaft gewann gestern den Playoff-Final gegen La Chaux-de-Fonds souverän mit 4:0 Siegen.

Es brauchte Geduld

Bis es aber so weit war, brauchten die SCL-Fans in Schoren viele Nerven und Geduld. Geduld deshalb, weil die vierte Finalpartie die schwächste der Langenthaler war, die zwar im ersten Drittel mit Schwung starteten, diesen aber mit zunehmender Spieldauer verloren. Doch die Gäste wussten die Schwächephasen der Oberaargauer nicht auszunutzen und als die Neuenburger einen Doppelausschluss kassierten, schlug SCL-Captain Stefan Tschannen zu (2:1; 36. Minute). Am Ende fehlte den Gästen die Kraft zur Wende.

«Die Teamleistung gab heute den Ausschlag und natürlich einmal mehr unser Goalie, der die Fehler seiner Vorderleute alle ausbügelte», bilanzierte SCL-Verteidiger Hans Pienitz, der auch davon sprach, dass man in der Finalserie mehr Biss gehabt und in allen Belangen konsequenter agiert habe als La Chaux-de-Fonds. Nach Worten suchte nach der Partie der überragende Goalie Philip Wüthrich. «Es ist einfach unglaublich, wir haben eine Riesentruppe und mit dieser Equipe haben wir eine Riesensaison gespielt», sagte er. Zu seinen unglaublichen Leistungen meinte er: «Ich habe einfach immer versucht, mein Bestes zu geben und dem Team zu helfen. Klar, gab es immer wieder Situationen, in denen auch ich angespannt und etwas nervös war, aber es ist mir irgendwie immer gelungen, eine Topleistung zu erbringen.»

Wie geht es weiter beim SCL?

Für den SC Langenthal steht nun die Ligaqualifikation gegen Rapperswil-Jona oder Davos an (aktueller Stand 1:3). Die Oberaargauer wollen auch jene Serie gewinnen. Ob es dann mit der Promotion klappt, ist allerdings fraglich. Denn Liga-Direktor Denis Vaucher hat eine klare Antwort darauf, ob der SCL im Stadion «Schoren» in der National League spielen dürfte: «Nein, der Schoren erfüllt die Anforderungen an ein Stadion in der höchsten Liga nicht und kann auch mit infrastrukturellen Anpassungen in der Sommerpause 2019 nicht NL-tauglich gemacht werden.» (kza/zt)