
Fredrik Söderström: «Sind sie deshalb schlecht? Überhaupt nicht!»
1:4 bei den Ticino Rockets. Irgendwann geht jede Serie mal zu Ende, aber diese erste Niederlage überhaupt im 20. Duell hat sprachlos gemacht.
Wir tun uns schwer. Wieder mal. Wir sind wieder am Punkt von Anfang Dezember angelangt, an dem wir oft das Spiel bestimmen, aber dafür nicht belohnt werden. Wir haben in Biasca 38 Schüsse abgegeben, einige davon waren von hoher Qualität. Doch wir waren nur im Stande, ein Tor zu erzielen, als wir längst im Panik-Modus angelangt waren. Das ist zu wenig.
Sie waren weit weg von einem Sieg.
Ja, es fühlt sich hart an. Wären wir unter die Räder gekommen, hätten nie einen Puck gesehen, dann wäre eine Niederlage verständlich, dann hätte sowohl ich wie auch die Spieler versagt. Aber ich muss sagen: Ich verstehe den Frust der Spieler. Denn viele von ihnen rufen ihre Leistungen ab, sie spielen, was wir von ihnen erwarten können. Es sind die Führungsspieler, die Probleme bekunden. Und sie wissen es, der Rest des Teams weiss es, ich weiss es. Das macht unsere Situation nicht einfacher.
Wie gehen die Führungsspieler in Ihren Augen damit um?
Es ist auch hart für sie, klar. Nun, sich in der Gruppe zu verstecken versuchen ist eine grosse Waffe von Teamsportlern, die in Tiefs stecken. Aber was ich sehen will, ist, dass sie einen Schritt nach vorne machen. Wir wollen alle als Einheit in eine Richtung ziehen und so lange die Führungsspieler für uns im Einsatz stehen, glauben wir auch an sie und versuchen zu helfen. Verstehen Sie mich nicht falsch: Wir gehen mit ihnen hart ins Gericht, aber wir setzen auf sie, wir pushen sie – auf eine gute Art. Es fühlt sich falsch an, sie in die vierte Linie zu versetzen oder komplett auf sie zu verzichten, nur um damit ein Zeichen gesetzt zu haben. Es ist klar: Umso länger die Situation anhält, desto mehr muss ich versuchen und bin dazu gezwungen, Linien umzustellen.
Das machen Sie ja schon die ganze Zeit. Sie sind äusserst aktiv, stellen die Linien um, testen, ob dies oder jenes passt. Blitzt da ein bisschen Verzweiflung hervor?
Es geht mir nahe, wenn wir auf solche Weise Spiele verlieren, das geht mir unter die Haut, ich trage die Verantwortung. Aber Sie sprechen es an: Ich kann Einfluss nehmen bis zur Bande, ich kann Inputs geben während des Spiels, kann Videos zeigen, kann die Spieler pushen, aber manchmal muss man auch einen Schritt zurück machen, es kann auch zu viel Coaching sein, es kann auch zu viel Videostudium sein, irgendwann hat man es satt. Ich muss den Führungsspielern auch nicht jeden Tag unter die Nase binden, dass wir mehr von ihnen erwarten. Wir bewegen uns schon jetzt auf einer feinen Linie.
Sie sprechen das Miteinander an.
Es ist eine spezielle Saison. Wir haben nicht diese Meisterschaftspausen wie sonst üblich. Vor einem Jahr waren wir in Engelberg im Trainingslager, daraufhin ging ich nach Schweden, wir alle fanden für einige Tage Abstand voneinander. Nun haben wir das nicht, spielen wieder im Zweitagesrhythmus, fünf Spiele in neun Tagen. Das kann zusätzlich belastend sein. Es bringt niemandem etwas, hier tagtäglich mit grimmiger Miene aufzukreuzen.
In den letzten neun Spielen gelang dem Team in den Startdritteln ein einziges Tor, auch gegen die Rockets blieben sie torlos nach 20 Minuten. Warum?
Der Start in Biasca, in den ersten zehn Minuten – nun, es war nicht perfekt, aber es war sicher gut genug. Wir hatten das Spiel in der Hand, drückten sie in die Defensive, aber wurden nicht dafür belohnt. Und dann kriegten wir das Gegentor – und wir waren mental geschlagen. Diese Gruppe schwächelt mental.
Daraus zu finden, ist hart.
Absolut. Aber wir haben einen Mentaltrainer, der vor ein paar Wochen individuelle Sessions durchführte. Das begrüsse ich ganz grundsätzlich: Mentaltrainer sollten einen Teil einer Mannschaft sein – und ich spüre es: Die Spieler brauchen es. Ich muss aber festhalten: Wir hatten gute Beispiele von mentaler Stärke. Der Sieg zu Hause gegen die Rockets zum Beispiel. Auch am Dienstag hat es mehr Spieler gegeben, die ihre Leistung abgerufen haben und gut spielten. Ich kann doch etwa von Cyril Oehen nicht verlangen, dass er einen Hattrick schiesst. Es würde mich ungemein freuen für ihn, aber es ist nicht sein Hauptjob.
Sie sprechen die Imports Dion Knelsen und Garry Nunn an.
Grossartige Typen mit herausragenden Fähigkeiten. Aber wenn sie nicht da sind, dann geht die ganze Struktur kaputt. Hinzu kommt, dass alle sehen, wie zum Beispiel Figren in Kloten, Hazen oder Devos bei Ajoie ihre Leistungen abrufen. Aber sind deswegen Dion und Garry schlechte Hockeyspieler? Überhaupt nicht! Es gibt ein mentales Problem, das wir angehen müssen. Wir haben nun Verstärkung von zwei jungen, talentierten Spielern aus Übersee, nun müssen wir die Rollen richtig verteilen.
Sie haben in Biasca kurz vor Schluss Suleski und McTavish in Überzahl aufs Eis geschickt. Das ist ein grosses Zeichen an die Führungsspieler.
Es ist eines – und es ist meine Verantwortung, solche Signale abzusenden. Es geht nicht darum, die ganze Zeit Schuldige auszumachen. Ich denke, einer der grössten Fehler von Coaches ist, die Schuld jungen, unerfahrenen Spielern zuzuschieben. Das ist einfach. Dabei sollte es umgekehrt sein: Man darf von Führungsspielern etwas erwarten.
Werfen wir einen Blick nach vorne: Fünf Spiele in neun Tagen, nun stehen Ajoie, zweimal Thurgau und Kloten an. Was dürfen wir vom EHC Olten erwarten?
Ich wiederhole mich gerne: Es ist nicht einfacher, in Biasca die Pflicht zu erfüllen, als in der Ajoie zu gewinnen. Die Ausgangslage ist eine andere. Ich sehe keine Anzeichen, dass die Spieler Angst vor diesen Spielen hätten. Es ist Zeit, Ajoie zu schlagen.
Die Konkurrenz kommt indes näher. Sechs Verlustpunkte sind es noch auf Platz sieben, was einen Umweg über die Pre-Playoffs bedeuten würde. Diese Challenge wollen Sie vermeiden, oder?
Ganz klar: Wir sollten uns in den Top Fünf klassieren und unser Ziel bleibt, den Heimvorteil für die Playoffs zu holen, das ist auch unser Anspruch. Daran ändert sich nichts, so schnell geben wir nicht auf. Es wird ein offenes Rennen bis zum letzten Spiel sein, aber das sollte uns nicht nervös machen. Wir nehmen die Herausforderung gerne an.