Freispruch oder schuldig? Ab heute wird Donald Trump der Prozess gemacht: Das müssen Sie wissen

Ab heute muss sich Donald Trump schon zum zweiten Mal in seiner politischen Karriere einem Amtsenthebungs-Prozess im amerikanischen Senat stellen – obwohl er seit gut drei Wochen gar nicht mehr im Amt ist. Wie funktioniert das? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Verfahren gegen den Ex-Präsidenten.

Was wird Trump konkret vorgeworfen?

Die Demokraten werfen dem ehemaligen US-Präsidenten vor, er habe seinen Amtseid verletzt und Leib und Leben der Kongressmitglieder gefährdet, indem er sich im Nachgang zur Präsidentenwahl am 3. November geweigert habe, seine Niederlage zu akzeptieren. So setzte er seinen Vize Mike Pence unter Druck und rief ihn dazu auf, während der gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus am 6. Januar die zertifizierten Wahlresultate zurückzuweisen.

Zugleich versammelte Trump an diesem Tag seine Anhänger in Washington, und rief sie dazu auf, «Amerika zu retten» und die Beglaubigung des angeblichen Wahlbetrugs «zu stoppen». Die anfänglich friedliche Demonstration beim Weissen Haus eskalierte, als Hunderte von Trump-Anhängern das Kapitol stürmten. Sieben Menschen starben. 140 Polizisten wurden verletzt.

Wie wird sich Trump verteidigen?

Die beiden Anwälte Bruce Castor und David Schoen, die Trump während des Prozesses vertreten, stellen sich auf den Standpunkt, dass der Ex-Präsident nach dem 3. November einzig von seinem Recht auf freie Meinungsäusserung Gebrauch gemacht habe.

Es stehe Trump frei zu glauben, dass er den heutigen Präsidenten Joe Biden «in einem Erdrutsch» besiegt habe. Castor und Schoen werden vor dem Senat aber kaum nicht den Versuch unternehmen, die absurden Thesen des abgewählten Präsidenten zu beweisen.

Trump ist seit dem 20. Januar gar nicht mehr im Amt. Welche Rolle spielt dies im Verfahren?

Eine wichtige. Die Anwälte des ehemaligen Präsidenten sagen, das Verfahren verstosse gegen die Verfassung. Bei Trump handle es sich um einen Privatier und der Senat besitze nicht die Befugnis, gegen ehemalige Amtsträger vorzugehen. Allein: In einer Testabstimmung in der vorigen Woche wiesen 55 der 100 Senatoren diese Argumentation zurück.

Die Demokraten verweisen auf das Verfahren gegen einen ehemaligen Verteidigungsminister im 19. Jahrhundert, dessen Prozess im Senat ebenfalls erst nach seinem Rücktritt stattfand. Und sie sagen: Würde ein «Impeachment» gegen Trump aus verfassungsrechtlichen Gründen abgewiesen, dann besässen abgewählte oder zurücktretende Mitglieder der Bundesregierung künftig einen Freipass für die letzten Tage ihrer Amtszeit.

Wird Trump im Verfahren aussagen?

Nein. Obwohl der ehemalige Präsident mit einem dramatischen Auftritt im Kongress liebäugelte, will sich Trump nicht öffentlich gegen die Vorwürfe verteidigen. Die entsprechende Vorladung der Demokraten wies er in der vergangenen Woche zurück.

Die Demokraten werden nun versuchen, mit Hilfe von Videoaufnahmen der dramatischen Vorfälle am 6. Januar in Washington zu rekonstruieren, welche Rolle der Ex-Präsident beim Sturm auf das Kapitol genau spielte. Die Präsentation werde sowohl «fesselnd» als auch «grauenerregend» sein, sagt Chefankläger Jamie Raskin, ein demokratischer Abgeordneter aus Maryland.

Wie wird der Prozess enden?

Voraussichtlich mit einem Freispruch für Trump. Für eine Verurteilung wäre eine Zweidrittelmehrheit notwendig – es müssten sich also mindestens 17 Republikaner sämtlichen 50 Demokraten im Senat anschliessen.

Ein solches Abstimmungsresultat scheint unwahrscheinlich. Deshalb wird Trump wohl auch nicht aus dem Politbetrieb verbannt und könnte bei der nächsten Präsidentenwahl erneut kandidieren.