
Fünf Stunden lang nach einem freien Spitalbett gesucht: Situation in Aargauer Spitälern spitzt sich zu
Die hohen Zahlen der hospitalisierten Coronapatienten im Aargau bringt die Spitäler an ihre Grenzen. «Fast alle Spitäler weisen eine hohe bis sehr hohe Auslastung ihrer Intensivpflegebetten und Überwachungsplätze aus», sagt Markus Schwendinger, Direktor Notfallstation und Intensivstation am Kantonsspital Baden (KSB). Weil viele Covid-Patienten eine intensivmedizinische Betreuung benötigen, stehen weniger Intensivpflegebetten (IPS-Betten) für Nicht-Covid-Patienten zur Verfügung. Dadurch sind die Spitäler mangels freier Kapazitäten immer wieder dazu gezwungen, IPS-Patienten in andere Institutionen zu verlegen.
Verlegungen in andere Kantone sind schwierig
Die Aargauer Spitäler greifen sich gegenseitig unter die Arme: «Der innerkantonale Austausch unter den Spitälern funktioniert im Aargau sehr gut», sagt Schwendinger. Darüber hinaus steht das KSB in engem Kontakt zu Spitälern in den Nachbarkantonen, um IPS-Patienten dorthin verlegen zu können. «Dies ist mit einem hohen organisatorischen Aufwand verbunden. Es ist beispielsweise schon vorgekommen, dass man fünf Stunden lang telefoniert hat, ehe sich eine Lösung fand», sagt Schwendinger vom KSB.
Wenn sich auch in den benachbarten Kantonen keine freien IPS-Betten finden, steht als letzte Option als nationale Koordinationsstelle die Rega zur Verfügung. «Das heisst nicht, dass daraus resultierende Verlegungen mit einem Rettungshelikopter durchgeführt werden», sagt Corina Zellweger, Mediensprecherin der Rega. «Die Einsatzzentrale der Rega sucht auf Anfrage der Spitäler nach freien Intensivbetten für Patienten, über die Art der Transporte entscheiden jedoch die Spitäler.»
Die Verlegungen von Intensivpflege-Patienten seien schwierig, aber nach wie vor machbar, sagt Markus Schwendinger. «Wir hoffen, dass die Massnahmen des Kantons und des Bundes rasch Wirkung zeigen, sodass sich die Situation in den Spitälern bald entspannt.»
Hirslanden warnt vor Überlastung der Spitäler
Auch die Intensivstation der Hirslanden Klinik Aarau ist seit Wochen fast durchgehend komplett ausgelastet mit Covid- und Non-Covid-Patienten, wie etwa Herzpatienten. «Da auch die anderen Zentrumsspitäler stark ausgelastet sind, gestaltet sich eine allfällige Verlegung von zusätzlichen intensivpflichtigen Patienten schwierig», sagt Philipp Lenz, Leiter Kommunikation der Hirslanden Klinik in Aarau. «Bisher konnten jedoch inner- oder ausserkantonale Lösungen gefunden werden. Wir stehen in täglichem, sehr engem Austausch mit den anderen Spitälern und dem Kanton.»
Trotzdem warnt er: «Ob die Massnahmen ausreichen und sich die Bevölkerung an die Regeln über die Feiertage hält, spüren wir erst im Januar.» Es gelte dringend zu verhindern, dass nicht mehr alle Patienten behandelt werden können und schwierige ethische Entscheidungen getroffen werden müssen.
Das Kantonsspital Aarau (KSA) koordiniert die Intensiv- und Akutbetten für Covid-19-Patienten in der Region Aargau West, sprich mit den Spitälern Zofingen, Menziken, Rheinfelden sowie der Hirslanden Klinik. Diese Woche bedurften zum ersten Mal mehr Covid-19-Patienten der Intensivpflege, als in der Region Aargau West durch Schaffung zusätzlicher IPS-Betten zur Verfügung gestellt werden konnten. Sprich: Eine Person musste ausserkantonal verlegt werden.
Es gibt eine schweizweite digitale Erfassung der Spitalbetten. «Das ersetzt aber nicht den direkten Kontakt mit anderen Spitälern, da sich die Situation laufend ändert», sagt Isabelle Wenzinger, Mediensprecherin des KSA. «Es braucht für jede Überweisung Abklärungen und einen Informationsaustausch.» Die interne Koordinationsstelle des KSA ist im täglichen Austausch mit den Spitälern im Aargau West, der Region Aargau Ost und gegebenenfalls der nationalen Koordinationsstelle.
Sollten die Zahlen weiter ansteigen, fahre man so weiter: «Wenn auch in anderen Kantonen keine freien IPS-Betten mehr verfügbar wären, müsste triagiert werden. Das lässt sich nur vermeiden, wenn die Zahl der Neuansteckungen und folglich die Zahl an Hospitalisationen wieder sinkt.» Das erreiche man nur, wenn jeder die behördlich angeordneten Massnahmen einhalte, sagt auch Wenzinger.