
Fussball-Junioren sorgen für unerwarteten Geldsegen aus dem Ausland
Kevin Spadanuda ist furios in die Saison gestartet. Mit sieben Toren und einem Assist in Meisterschaft und Cup hat sich der laufstarke Flügel des FC Aarau in die Notizbücher der Super-League-Klubs gespielt. Hält seine Form an, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der 24-Jährige das Interesse der ausländischen Klubs auf sich zieht. Auch aus diesem Grund verfolgt man beim SC Schöftland, mit dem Spadanuda die Rückrunde 2017/18 bestritten hat, den Werdegang des einstigen Schützlings aufmerksam mit.
Denn bei einem Transfer eines Profifussballers ins Ausland ist der aufnehmende Klub gemäss Fifa-Reglement dazu verpflichtet, allen Vereinen, die bei der Ausbildung des Spielers mitgewirkt haben, eine Entschädigung für ihre Arbeit zu entrichten. Die betroffenen Vereine werden mit insgesamt fünf Prozent an der Transfersumme beteiligt, die pro im Verein verbrachte Saisons aufgeteilt wird. Im Detail sind 0,25 Prozent für das 12. bis 15. Lebensjahr und 0,5 Prozent für das 16. bis 23. Lebensjahr fällig. Dieser Solidaritätsmechanismus gilt auch bei Weiterverkäufen des Spielers im Verlauf dessen Karriere, ausser bei Inlandtransfers.
Nicht planbar, sondern «reine Glückssache»
Der SC Schöftland kam bereits einmal in den Genuss einer Entschädigung: Als Renato Steffen, der von August 2007 bis Juli 2011 auf der Rütimatten kickte, im Januar 2018 für 1,75 Millionen Euro vom FC Basel nach Wolfsburg wechselte, erhielten die Schöftler rund 45000 Euro von den Niedersachsen. Für die Aargauer, deren Budget sich damals auf 300000 Franken belief, ein stattlicher Betrag. «Wir hatten etwas zu hohe Ausgaben, weshalb wir froh waren um diesen unerwarteten Geldsegen», sagt der SCS-Presseverantwortliche Andi Jurt, der vor dreieinhalb Jahren im Vorstand sass.
Weil die Regeln für alle gleich seien, stuft Jurt das System als fair ein. «Planen kann man solche Einnahmen aber nicht», sagt er, «es ist reine Glückssache, weil es in der Schweiz sehr wenige Spieler gibt, die den Sprung ins Ausland schaffen.» Umso grösser sei die Begeisterung über den Zustupf gewesen: «Wir konnten uns doppelt freuen. Einer unserer Spieler hat es in die Bundesliga geschafft und wir haben dafür noch etwas erhalten», sagt Jurt.
Mithilfe vom Cousin und Zofingens Anel Hodzic
Seit diesem Sommer spielt auch Sead Selishta in Deutschland. Der 18-jährige Stürmer aus Oftringen wechselte vom Team Aargau U18 zum Chemnitzer FC und geht in der U19-Bundesliga auf Torjagd. «In der höchsten deutschen Nachwuchsliga kann ich mich mit den besten Spielern meiner Altersklasse messen und mich auf hohem Niveau weiterentwickeln», sagt Selishta. Diese Herausforderung habe er gesucht, nachdem es beim FC Aarau trotz Profi-Debüt im Cup gegen Wil keine echte Perspektive gab. «Ich will so viel Spielpraxis wie möglich sammeln. Für einen jungen Fussballer ist das das Wichtigste», sagt er.
Sein Cousin Hedon Selishta, letzte Saison noch Profi bei Rot-Weiss Essen, stellte den Kontakt zu Berater Anel Hodzic her. Dank der Agentur des Stürmers des SC Zofingen durfte Sead Selishta in Karlsruhe, Offenbach und Chemnitz vorspielen. «In Chemnitz stimmte das Gesamtpaket. Ich habe das Vertrauen des Trainers von Anfang an gespürt», erklärt Selishta, der in den bisherigen zwei Meisterschaftspartien in der Startelf stand und viel Selbstvertrauen tanken konnte.
Gleich drei Oftringer Junioren versuchen sich in Deutschland
Neben Sead Selishta versuchen mit Jasin Jusic, der ebenfalls bei der Chemnitzer U19 spielt, und Luis Mestre (Stuttgart U19) zwei weitere Oftringer Junioren in Deutschland ihr Glück. Die Ausbildungsentschädigung, die der FC Oftringen für das Trio erhalten könnte, sei laut Sportchef Maurizio Carlino im Hinterkopf präsent – mehr nicht. «Die Beiträge wären eine schöne Sache, aber in erster Linie wünschen wir unseren Junioren, dass sie ihre Ziele erreichen», sagt Carlino.
Diesen ordnet Sead Selishta alles unter. Sein Vertrag bei Chemnitz läuft altershalber nur bis nächsten Juni, ob danach ein Profivertrag winkt oder die Rückkehr in die Schweiz erfolgt, darüber macht er sich noch keine Gedanken. «Ich will meine Defizite verbessern und die Grundlagen beherrschen. Wohin mich dieser Weg führt, werden wir sehen», sagt er.
Selbst wenn der Profi-Traum nicht in Erfüllung gehen sollte, sei das Jahr in Chemnitz bezüglich Mentalität und Reife eine Bereicherung. So hat Selishta fernab des Elternhauses in Oftringen gelernt, selber zu kochen und zu waschen. «Die Umstellung war schwierig, aber man gewöhnt sich daran», sagt er. «Ich wurde ins kalte Wasser geworfen. Die Frage ist, ob ich mitschwimmen will oder nicht.»