Garten-Center dürfen nichts mehr verkaufen – «Kurzarbeit lässt unser Stolz nicht zu»

«Warum müssen Läden, die Blumen verkaufen, geschlossen sein? Einsamen Leuten können Blumen stark helfen», sagte der Ökonom Bruno S. Frey am Mittwoch dieser Zeitung. Er ist nicht allein: Leser F.B. kritisiert etwa, dass Gartencenter zurzeit geschlossen sein müssen. Schliesslich sei jetzt Frühling. Viele Leute seien zu Hause und hätten Zeit für den Garten. Auch das Online-Portal infosperber.ch fordert: «Gärtnereien sollten offen bleiben».

Doch die Verordnung des Bundes ist klar: Läden, die keine Lebensmittel oder Güter des täglichen Bedarfs verkaufen, müssen geschlossen bleiben. Der Verkauf von Setzlingen und ähnlichem ist in allen Läden verboten, stellt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) klar. Auch Grossverteiler wie Coop und Migros müssen ihr entsprechendes Sortiment abdecken.

Verdoppelung im Online-Shop

Viele Produkte aus dem Gartenbereich könnten bereits heute online gekauft werden, sagt BAG-Sprecher Daniel Dauwalder. «Zudem wäre es zu begrüssen, wenn Gärtnereien ein Angebot auf die Beine stellen oder ausweiten, bei dem Bestellungen online oder via Telefon aufgegeben werden können und dann ausgeliefert werden.»

Einen solchen Online-Shop betreiben viele betroffene Läden schon. Die Umsatzeinbussen kompensieren sie damit bei weitem nicht. Peter Dietrich vom Gartencenter Dietrich mit zwei Filialen in den Kantonen Bern und Freiburg sagt, im Online-Shop registriere er eine Verdoppelung des Wachstums. Trotzdem: «Zurzeit machen wir nur etwa 10 bis 15 Prozent des normalen Umsatzes, aber haben noch 60 Prozent unserer Kosten.»

«Natürlich ist die Schliessung sinnvoll»

Trotzdem will Dietrich am Online-Shop festhalten: «Das ist auch ein Dienst am Kunden und ein Entgegenkommen gegenüber unseren Schweizer Lieferanten, die so wenigstens noch etwas Absatz generieren können.» Dietrich stellt die Massnahmen des Bundes nicht in Frage. Er sei kein Virologe, und die Gesundheit gehe vor. «Es wäre aber schön, wenn wir nach dem 19. April wieder öffnen dürften. Wir könnten die Hygiene-Empfehlungen des BAG in unserem Geschäft einhalten.»

Verständnis für die angeordnete Schliessung hat auch Erwin Meier-Honegger, Co-Geschäftsführer des Gartencenter Meier in Dürnten ZH. Ob sie sinnvoll sei? Eine dumme Frage, findet er. «Selbstverständlich ist das sinnvoll. Für eine andere Antwort müssten sie wohl den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro fragen.» Dieser hatte zuletzt die Gefahr durch das Coronavirus kleingeredet.

Drive-In ist laut Bund erlaubt

Meier-Honegger sagt, er verzeichne Umsatzeinbussen von 150’000 Franken pro Tag. Per E-Mail und telefonisch gingen etwa 100 Bestellungen täglich ein. Am Freitag starte nun ein neuer Online-Shop. Ein gewinnbringendes Geschäft werde der wohl kaum. «Betriebswirtschaftlich wäre es kurzfristig sinnvoller, den Betrieb stillzulegen und voll auf staatliche Unterstützung respektive Kurzarbeit zu setzen», so Meier-Honegger. «Das lässt unser Stolz aber – noch – nicht zu.»

Zulässig wäre laut Angaben des BAG auch ein System, bei dem Kunden telefonisch oder online Bestellungen aufgeben und diese dann bei den Gärtnereien etwa in einem Unterstand abholen, ohne mit Mitarbeitern in Kontakt zu kommen.

«Da hätte ich ein schlechtes Gewissen»

Darauf verzichte er aber ganz bewusst, sagt Meier-Honegger. «Ein solches Vorgehen würde noch mehr Menschen aus dem Haus locken. Am Verkaufspunkt selber mag ja alles hygienisch super sein. Aber die Leute sind dadurch zusätzlich unterwegs, gehen tanken, sind in der Garage, treffen sich dazwischen unweigerlich mit anderen Menschen und so weiter.» All diese Kontakte gelte es aber gerade zu reduzieren, gerade mit Hinblick auf das Personal in den Spitälern. Er wolle nicht dafür verantwortlich sein, dass sich ältere Menschen zusätzlich bewegten.

Johannes Zulauf vom Gartencenter Zulauf in Schinznach AG hält die Massnahmen des Bundesrates ebenfalls für «richtig und sinnvoll»: «Wir unterstützen diese vollumfänglich uns setzen sie bei uns um.» Auf dem weitläufigen Gelände seines Gartencenters wären die Hygiene-Vorgaben zwar umsetzbar, aber: «Ob die Bestimmungen auch vollumfänglich umgesetzt würden, hängt auch von den Kunden ab.»

Auch Ältere kaufen nun online ein

Zwischen März und Mai mache sein Center 70 Prozent des Jahresumsatzes. «Die Einbussen sind immens», so Zulauf. Im Online-Shop verzeichne er eine sehr starke Nachfragesteigerung. «Damit können wir einen Teil der Ausfälle des Ladens kompensieren. Leider ist es aber nicht bei allen Pflanzen möglich, diese im Paket zu versenden.» Bei zarten Setzlingen oder zerbrechlichen Sommerblumen sei das nicht der Fall.

Immerhin: Die Krise sorgt für eine Art Digitalisierungsschub. «Viele Leute bestellen jetzt zum ersten Mal online. Oft sind das auch ältere Menschen», sagt Zulauf. «Das Bedürfnis, jetzt bei dem schönen Wetter im Garten oder auf dem Balkon etwas anzupflanzen ist riesig»