Gastro, Events, Freizeit: Das müssen Sie zum Start der verschärften Zertifikatspflicht wissen

Der Bundesrat ist sich einig: Wenn wir das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben so normal wie möglich weiterführen wollen, dann müssen Zertifikate fast überall zum Einsatz kommen. Guy Parmelin (SVP) und Alain Berset (SP) argumentierten einhellig, das Zertifikat erlaube eine Rückkehr zu Normalität und sei weniger «brutal» als die beiden Alternativen. Einerseits lasse sich eine Überlastung der Spitäler vermeiden. Andererseits könnten so weitere Schliessungen verhindert werden.

Ein gültiges Zertifikat erhalten alle Personen ab 16 Jahren, die doppelt geimpft, genesen oder negativ getestet sind. Für Personen ohne Zertifikat zieht der Bundesrat die Schraube an. Das Zertifikat wird ab Montag, 13. September nicht nur an Veranstaltungen und in Discos verlangt, sondern auch in Restaurants, Aquaparks, Bibliotheken, Museen und Zoos. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den neuen Regeln.

1. Darf mein Arbeitgeber von mir ein Zertifikat verlangen?

Das hängt vom Arbeitgeber ab. Neu ist jedem Arbeitgeber freigestellt, ob er ein Schutzkonzept mit Zertifikaten einführen will. Einzige Vorgabe: Er muss die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konsultieren.

2. Muss ich meinem Arbeitgeber sagen, ob ich geimpft bin?

Nicht zwingend. Denn mit der Anwendung «Zertifikat light» sieht ein Arbeitgeber nicht, wer geimpft ist, nur dass das Zertifikat gültig ist. Doch müssten sich Ungeimpfte für ein gültiges Zertifikat regelmässig testen lassen. Und wenn sie wollen, dass der Arbeitgeber (oder im Falle repetitiver Tests der Bund) die Kosten übernimmt, dann führt kein Weg daran vorbei, als dies mitzuteilen. Die Verbände der Arbeitnehmenden warnen nun, dass der Datenschutz nicht gewährleistet werden könne und dass das Risiko von Diskriminierungen am Arbeitsplatz steige.

3. Wieso zahlt der Bund keine Tests für Ungeimpfte mehr?

Der Bundesrat hat bereits vor einem Monat entschieden, dass die Tests der Ungeimpften ohne Symptome nicht mehr länger von der breiten Öffentlichkeit finanziert werden sollen. Ab dem 1. Oktober müssen sie ihre Tests selber berappen, wenn sie ein Covid-Zertifikat wollen.

4. Diskriminiert dies nicht sozial Benachteiligte?

Der Bundesrat sieht darin kein Problem. Parmelin argumentiert: «Die Leute hatten viel Zeit, um sich impfen zu lassen. Wir haben vor mehr als einem Monat angekündigt, dass die Tests kostenpflichtig werden.» In anderen Worten: Wer die Tests nicht zahlen, aber am gesellschaftlichen Leben teilnehmen will, soll sich impfen lassen. Die Gewerkschaften verlangen von den Arbeitgebern, dass Impfungen auch während der Arbeitszeit möglich sein sollen.

5. Das Covid-Zertifikat gilt in Restaurants. Was bedeutet das für mich als Gast?

Alle Personen, die über ein Covid-Zertifikat verfügen können sich neu frei im Restaurant bewegen – ohne Abstand, ohne Plexiglasscheibe, ohne Maske. Dasselbe gilt für Veranstaltungen im Innern wie Kinos oder für Freizeiteinrichtungen wie Fitnesscenter. Ausgenommen sind wie bis anhin die Terrassen von Restaurants.

6. Was wenn ich von der Terrasse auf die Toilette muss?

Die Behörden zeigen Kulanz: Wer ohne Zertifikat auf eine Toilette muss oder Essen im Take-away abholen will, der kann wie bisher Maske tragen.

7. Und wenn ich ohne Zertifikat im Restaurant Platz nehme?

Der Wirt kann Personen ohne Zertifikat des Lokals verweisen. Ansonsten droht dem Gast eine Busse von bis zu 100 Franken. Für Serviceangestellte gelten andere Regeln als für Gäste: Abhängig vom Schutzkonzept des Wirts können die Angestellten alternativ zum Zertifikat auch Maske tragen. Für den Wirt sind die Regeln nochmals anders: Will er sein eigenes Lokal betreten, muss er ein Zertifikat aufweisen. Will er die Zertifikatspflicht für seine Beiz umgehen, kann er gemahnt, mit bis zu 10000 Franken gebüsst oder sein Lokal geschlossen werden.

8. Gibt es Ausnahmen der Zertifikatspflicht?

Ja, im öffentlichen Verkehr, in der Gondelbahn und im Detailhandel gilt wie bis anhin die Maskenpflicht. Auch religiöse Veranstaltungen sowie Parlamente und Gemeindeversammlungen sind von der Zertifikatspflicht ausgenommen.

9. Wieso gelten für Parlamentarier andere Regeln?

Der Bundesrat begründet dies mit Grundrechtsschutz. Die Wahrnehmung politischer und religiöser Rechte müsse gewährleistet sein, das Funktionieren des Staates ebenfalls. Schutzkonzepte sind allerdings notwendig.

10. Die Zahl der Neuinfektionen und Hospitalisationen haben sich seit letzter Woche marginal verändert. Damals hat der Bundesrat die Zertifikatspflicht nicht einführen wollen. Wieso jetzt plötzlich doch?

Alain Berset erklärte, dass der Bundesrat vor einer Woche noch keine Dringlichkeit gesehen habe. Die Lage in den Spitälern bleibe aber angespannt, die Intensivstationen seien ausgelastet. Der «nichtimmune» Teil der Bevölkerung sei zu gross, um eine weitere grosse Infektionswelle zu verhindern.

11. Ist es nicht fahrlässig, nun die anderen Schutzmassnahmen abzuschaffen?

Alain Berset sagt dazu: «Nein.» Es gebe nur wenige Fälle von geimpften Personen, die sich anstecken und das Virus weitergeben. «Die Viruslast ist bei Geimpften viel kleiner.» Das Risiko sei indes nicht bei Null. «Aber wir haben nie eine Null-Risiko-Strategie gefahren.»

12. Wieso handelt der Bundesrat bei den Schulen nicht, wo sich das Virus derzeit schnell ausbreitet?

Berset antwortet genervt: Der Bundesrat habe Empfehlungen gegeben, Schüler regelmässig zu testen, um grössere Ausbrüche zu verhindern. Nur: Für die Schulen sind die Kantone zuständig. Und die folgten den Ratschlägen des Bundesrats nur beschränkt. Hingegen können nun Hochschulen die Zertifikatspflicht einführen.