Gehirnwäsche beim Zappen

Wenn ich mich abends mal durchs TV-Programm zappe, bleibe ich regelmässig bei Teleshopping-Sendungen hängen. Nirgends erweist sich die Regel, dass man Botschaften nur lange genug wiederholen muss, um ihnen Glaubwürdigkeit zu verleihen, besser bestätigt. Natürlich muss man sich als skeptischen Geist eine Weile den Botschaften aussetzen, um die Wirkung beobachten zu können. Ein kalorienreicher Snack, der das schlechte Gewissen anstachelt, hilft dabei. Da ist zum Beispiel dieses wundersame Slim-Gel. Animierte Grafiken, die aus einer National-Geographic-Doku stammen könnten, veranschaulichen, wie die Wirkstoffe tief in die Haut eindringen und dort das aufgedunsene Gewebe innert Minuten zum Schmelzen bringen. «Quatsch!», denke ich. In der nächsten Einstellung massiert sich eine Strandschönheit das Gel in die Oberschenkel und – schwupp – 30 Minuten später ist ihr Beinumfang um 3 Zentimeter geschrumpft. «Hm», denke ich. Vom nächsten Zeugen – einem Mann – flimmern schlagende Vorher/Nachher-Bilder über den Schirm: Das Gel hat einen schönen Teil seiner Wampe quasi weggefressen! Heieiei. «Was kostet eine Tube genau?», denke ich. Bevor ich die Kreditkarte zücke, zappe ich mich noch rechtzeitig zum nächsten Sender – da läuft gerade «Ex On The Beach: Body SOS». Auch da sieht man unglaubliche Vorher/Nachher-Aufnahmen; ein Wunder-Gel reichte allerdings nicht. Sie liegen auch nicht 30 Minuten, sondern 12 Wochen auseinander. Und dazwischen liegen unzählige Trainings – unter dem Kommando von Personal Trainern, unter Schweiss und Tränen. Es gilt eben auch die Regel: Manche Botschaften verdrängt man gern und schnell wieder, obwohl man sie schon tausend Mal gehört hat.

Bsetzistei ist die wöchentliche Kolumne der Redaktorinnen und Redaktoren des Zofinger Tagblatts und der Luzerner Nachrichten.