Geoffroy Serey Dié, der unterschätzte Krieger

Vor einer Woche, am Tag nach seiner Vertragsunterschrift beim FC Aarau, wird deutlich, welch grosse Nummer da im Brügglifeld gelandet ist: Geoffroy Serey Dié, der Captain der afrikanischen Fussballmacht, verkündet seinen Rücktritt aus dem Nationalteam der Elfenbeinküste. Die Nachricht findet auf dem ganzen Kontinent Aufnahme in die Newsportale und TV-Sender. Auf Instagram, wo Serey Dié seinen Abgang verkündete, gratulieren Weltstars wie Didier Drogba, Samuel Eto’o und Emanuel Adebayor zur Nationalmannschafts-Karriere.

Gemessen am Renommee und den sportlichen Erfolgen ist Serey Dié die schillerndste Neuverpflichtung der Klubhistorie. In der Schweiz hat er bei Sion (2008 bis 2012), Basel (2013 bis 2015 und 2016 bis 2018) und Xamax (Frühling 2019) tiefe Spuren hinterlassen. Das wird er, die Prognose sei gewagt, auch in Aarau: Vor seiner Brügglifeld-Premiere heute Abend gegen Schaffhausen erzählen Wegbegleiter über ihre Erfahrungen mit dem 34-Jährigen.

Christian Constantin (Präsident FC Sion):

Vor elf Jahren holt Sion Serey Dié in die Schweiz. Zwischen dem Spieler und Präsident Constantin, zwei emotionale Sturköpfe, entsteht etwas, das das Umfeld als «Vater-Sohn-Beziehung» bezeichnt, in der es halt auch mal kracht. Constantin selber sagt: «Serey war einer meiner besten Transfers: Einerseits sportlich, er hat nach dem Wechsel zu uns 44 Länderspiele für die Elfenbeinküste gemacht, damals ein Weltklasse-Team. Und finanziell: Für 100 00 Dollar habe ich ihn nach dem Tipp eines Freundes aus Algerien geholt, im Dezember 2012 hat Basel über 2 Millionen Franken bezahlt. Ich wollte ihn damals nicht verkaufen, aber die Basler waren damals überragend und haben ihm den Kopf verdreht, Serey flehte mich an, ihn gehen zu lassen. Wir haben in den vier gemeinsamen Jahren viel erlebt und uns sehr gut verstanden. Einmal wettete ich gegen ihn, dass ich ins Tor stehe und er von 20 Schüssen maximal 13 verwertet, er hat dann genau 13 Mal getroffen – zum Glück, sonst hätte ich ihm drei Tage meinen Ferrari ausleihen müssen. Auf dem Platz hatte er Leidenschaft, Herzblut und Kampfwille wie kein Zweiter. Ich kann dem FC Aarau zu diesem Transfer nur gratulieren!»

Raphaël Nuzzolo (Captain Neuchâtel Xamax):

Im Januar 2019 ist Xamax Tabellenletzter in der Super League, als die Neuenburger Serey Dié aus Basel ausleihen. Für Captain Nuzzolo der Schlüssel für den Ligaerhalt: «Die Verpflichtung von Serey war ein Signal an die Konkurrenz, dass Xamax noch lebt. Er hat uns tatsächlich Unmengen an Sauerstoff gegeben. Die jungen Spieler haben zu ihm hochgeschaut und wollten ihm im Training beweisen, dass sie mit ihm mithalten können, das hat uns im Endeffekt besser gemacht. Serey hat ab und zu etwas locker trainiert, aber jeder wusste, am Spieltag ist er zu 1000 Prozent bereit. Meistens hat man ihn in der Kabine schon von draussen gehört, aber es gab auch Tage, an denen er nichts geredet hat. Er ist sensibel, doch wenn er merkt, dass es die Leute gut mit ihm meinen, dann würde er für seine Mannschaft sterben. Mit Typen wie ihm gewinnt man Kriege. Übrigens: Bei Serey reden alle nur von seiner aggressiven Spielweise. Aber hey, er ist genauso ein brillanter Fussballer, er kann nicht nur das gegnerische Spiel zerstören, sondern das der eigenen Mannschaft ankurbeln und Torchancen einleiten. Ich habe nur wenige Mitspieler gehabt, die sich mit der ersten Ballberührung so viel Raum verschaffen wie Serey.»

Murat Yakin (Trainer FC Schaffhausen): 

Yakin war von Anfang 2013 bis 2014 Jahre Serey Diés Trainer beim FC Basel, zwei mal wurden Sie Meister, kein Trainer hat länger mit ihm zusammengearbeitet. Nun ist Yakin ausgerechnet Trainer beim ersten Gegner, auf den Serey Dié mit Aarau trifft: «Das ist schon ein sehr spezieller Transfer des FC Aarau, Serey Dié wird auf jeden Fall helfen. Er ist ein Spieler, den man als Trainer gerne hat, ein absoluter Leader. Er kann eine Defensive stabilisieren und die Mitspieler motivieren. Offensiv setzt er ebenfalls Akzente. Serey ist ein lebensfreudiger Typ, zu jedem Spass bereit. Auf dem Platz aber ist er total fokussiert, ein Winnertyp. Ich freue mich, ihn am Samstag im Brügglifeld zu sehen. Und ich freue mich für ihn, dass er wieder einen Platz gefunden hat.»