
Grosser Rat tagt zukünftig mit Maskenpflicht – der Aargau wird zum politischen Sonderfall
Wenn es um die Maskenpflicht in Einkaufszentren und Läden geht, ist der Aargau liberal: Solange kaum Corona-Ansteckungen in Geschäften vorkommen, sei dies nicht sinnvoll, heisst es beim Gesundheitsdepartement. Während in Nachbarkantonen wie Zürich und Solothurn alle Kunden beim Einkaufen eine Maske tragen müssen, ist dies im Aargau freiwillig.
Genau umgekehrt sieht dies beim Kantonsparlament aus: Nach den Herbstferien tagt der Grosse Rat wieder im historischen Gebäude in Aarau, wo für alle Ratsmitglieder im Saal eine Maskenpflicht gilt. Nur am Rednerpult dürfen die Grossräte die Maske abnehmen.
Dies hat das Ratsbüro, in dem die Spitzen aller Fraktionen vertreten sind, laut einer Mitteilung mehrheitlich beschlossen. Damit wird der Aargau zum Sonderfall, wie eine Erhebung der AZ zeigt. In keinem einzigen Nachbarkanton setzen die Parlamente auf Sitzungen mit Maskenpflicht.
Kantonsparlamente tagen oft in grossen Messehallen
In Zürich, wo die strengsten Coronaregeln gelten, tagt der Kantonsrat ohne Publikum und ohne Maske in der Halle 7 der Messe in Zürich Oerlikon. Im Kanton Solothurn, wo in den Läden eine Maskenpflicht gilt, verzichtet das Parlament darauf und tagt an externen Orten, wo die Distanzregeln eingehalten werden können. Der Basler Grosse Rat und der Baselbieter Landrat tagen bis auf weiteres im Kongresszentrum der Messe Basel. Ohne Maskenpflicht und ohne Plexiglasscheiben, aber mit weiten Sitzabständen.
Der Kantonsrat Luzern tagt bis mindestens Ende Jahr in der Messe Luzern, wo die Abstände eingehalten werden können. Seit der Septembersession gilt im Eingangsbereich Maskenpflicht. Auch beim Anstehen zum Mittagessen soll die Maske getragen werden.
Der Zuger Kantonsrat tagt in der Turnhalle der Kantonsschule, eine Maskenpflicht gibt es nicht. In der Einladung zur nächsten Sitzung vom 24. September heisst es aber, wo der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden könne, sei eine Schutzmaske zu tragen.
Der Grosse Rat des Kantons Bern führt seine Herbstsession in der Bernexpo durch, wo im Frühling auch National- und Ständerat tagten. In den Messehallen gilt grundsätzlich Maskenpflicht, die Ratsmitglieder dürfen die Masken an ihren Sitzplätzen aber ablegen, weil der Abstand dort ausreicht.
Plexiglas und Sitzungen in Spreitenbach wären teuer
Schon letzte Woche hatte sich Grossratspräsidentin Edith Saner (CVP) für die Rückkehr nach Aarau mit Maskenpflicht ausgesprochen. Weiter in der Umwelt Arena Spreitenbach zu tagen, wo der Abstand eingehalten werden kann und Masken nicht nötig sind, hätte pro Sitzungstag 40’000 bis 50’000 Franken gekostet. Der Einbau von Plexiglasscheiben im Grossratssaal in Aarau wäre auf rund 60’000 Franken zu stehen gekommen.
Nach intensiver Diskussion habe sich das Büro für die Rückkehr ins Grossratsgebäude entschieden, heisst es in der Mitteilung. Zuvor habe man sich von Kantonsärztin Yvonne Hummel informieren lassen. Grossratsvizepräsident Pascal Furer (SVP) sagte am Montag in der AZ, der Rat könne aus seiner Sicht ohne Plexiglas und Masken in Aarau tagen.
Eine Minderheit im Ratsbüro hätte gemäss Mitteilung die Fortführung des Betriebs in Spreitenbach bevorzugt. Sitzungen in Aarau könnten nicht als Rückkehr in die Normalität gesehen werden. In der Umwelt Arena könnten die Abstände eingehalten werden, was weniger einschneidende Massnahmen für das Schutzkonzept nach sich ziehen würde.