
Grossratswahlen: Glarner sieht bei den Grünen rot – doch was will die SVP?
Nachdem die SVP bei den Nationalratswahlen im letzten Jahr über 6 Prozent Wähleranteil verloren hat, will der neue Kantonalpräsident Andreas Glarner die Partei wieder auf den Erfolgskurs zurückbringen und hat angekündigt, die SVP Aargau zu einem «Leuchtturm» für die Schweiz zu machen. Um das zu schaffen, will er wieder mehr Basisarbeit leisten. Was ist seit seinem Amtsantritt geschehen? «Mir ist Corona etwas dazwischen gekommen», gibt Glarner zu. Er habe aber viele Ortsparteien besucht, den Tarif und seine Vorstellungen durchgegeben. «Wir sind auf gutem Kurs», ist er überzeugt.
Anders als die SVP konnten die Grünen in den letzten Wahlen dazugewinnen: Sie erreichten 7 Prozent bei letzten Grossrats-Wahlen, fast 10 Prozent bei den Nationalratswahlen vor einem Jahr. «Jetzt haben die Leute aber mit Corona andere Sorgen als den Klimawandel. Hören Ihnen die Leute bei dem Thema noch zu?», will Moderator Rolf Cavalli von Daniel Hölzle, Präsident der Grünen Aargau, wissen. «Ja, denn je länger wir mit griffigen Massnahmen warten, umso dringender wird es», zeigt sich dieser überzeugt. «Das ist sich die Bevölkerung bewusst.»
Die Coronakrise könnte manchen Parteien auch Aufwind geben: «Besonders in der Zeit des Lockdowns stellten sich wohl viele wieder die Sinnfrage, es gab eine Wertediskussion. Hilft das einer Partei mit christlichen Glauben im Namen?», will Cavalli wissen. Roland Frauchiger, Präsident der EVP Aargau, zeigt sich überzeugt: «Es kamen zentrale Fragen auf. Wir haben uns als Partei engagiert, als wir sahen, dass ältere Menschen in Alters- und Pflegheimen nicht mehr besucht werden konnten.» Man habe sich beim Regierungsrat gemeldet und sei froh, dass jetzt die Eigenverantwortung der Institutionen stärker zum Tragen komme. Klar sei die Umwelt auch wichtig. «Aber der Mensch ist uns noch wichtiger», sagt Frauchiger.
SVP-Glarner: «Wer die Grünen wählt, bekommt Sozialismus»
Die SVP – momentan mit 45 Sitzen klar stärkste Partei – wolle ihren Wähleranteil halten, sagt Glarner auf die Frage nach dem Wahlziel. Ein bisschen konservativ? «Nein, das ist normal. Der Klimahype ist zum Glück wieder vorbei, ich habe gehört Greta geht wieder zur Schule», sagt Glarner, und legt gleich nach: «Wer im letzten Herbst grün gewählt hat, hat rot bekommen. Ich habe nichts gegen Leute, die Sorge zur Umwelt tragen wollen, aber wer die Grünen wählt, bekommt Sozialismus.» Man sehe es zur Zeit in Bern. «Da wird einem Angst und Bange», so Glarner.
Daniel Hölzle ist dagegen überzeugt, dass die SVP auch in den eigenen Reihen viele Leute hat, die den Klimakurs der SVP nicht mehr mittragen wollten: «Auch unter den Wählern kenne ich viele, die das so sehen.»
Cavalli möchte dann von Glarner wissen, was man konkret im Grossen Rat erwarten könne, wenn man SVP in die Urne lege. «Keine neuen Gebühren, Steuern und Abgaben.» Zudem wolle man einmal mehr den Versuch starten, eine Einheitspolizei zu etablieren, und den Sozialmissbrauch bekämpfen.
Wieviele der SVP-Anliegen trägt die EVP mit? Frauchiger spricht von einem «gewissen Verständnis», mittragen könne man aber nicht sehr viel. Man wolle sich für die Umwelt einsetzen, und die Glaubwürdigkeit der Partei hoch halten. «Dazu gehört eine faire und sachliche Auseinandersetzung.»
«Zeigen, was möglich ist»
Weil Glarner sich über die «Klima-Chaoten» mokiert, die momentan vor dem Bundeshaus demonstrieren, muss sich Hölzle die Frage gefallen lassen, ob denn die Grünen keinen Rechtsstaat wollten. «Doch, natürlich», führt dieser aus, «aber da die Jüngeren noch nicht so viel politische Mitsprache haben, verstehe ich, wenn sie zu zivilem Ungehorsam greifen, wenn sie sehen, dass es einfach nicht vorwärts geht.»
Cavalli spricht Glarner auf einen weiteren Punkt im Wahlprogramm an, den Abbau von Staatstätigkeiten. Glarner erklärt, damit sei keineswegs die Polizei gemeint, aber der Staat müsse an vielen anderen Orten zurückgebunden werden. Ob der Staat im Sinne der EVP ab- oder ausgebaut werden müsse, will Frauchiger nicht pauschal beantworten: «An manchen Orten könnte er seine Aufgaben besser wahrnehmen, an anderen braucht es mehr Eigenverantwortung.» Zum Beispiel brauche es in der Coronafrage wieder mehr selbständiges Handeln.
Bei den Grünen ist der Name Programm. Reicht das noch? «Wir waren schon immer die Partei, die sich für eine intakte Umwelt eingesetzt hat, und das ändert sich nicht. Deshalb haben wir auch entschieden, nochmals dieselben Wahlplakate zu verwenden», erklärt Hölzle. Glarner wendet ein, dass die Schweiz im Gegensatz zu China nur für einen Bruchteil der weltweiten Emissionen verantwortlich sei. «Als reiches Land müssen wir auch vorangehen und zeigen, was möglich ist», entgegnet Hölzle.