
Happiges Lehrgeld für jungen FCA
Das 1:5 ist nicht etwa das Schlussresultat. Nein, 1:5 heisst es aus Sicht des FC Aarau zur Pause. Man muss wohl sehr tief ins Archiv hinuntersteigen, um auf eine statistisch ähnlich schlechte Halbzeit des FC Aarau zu stossen. Ein Pausenresultat wie beim Grümpelturnier, passend zur handgestrickten Lokalität auf dem Sportplatz Utogrund in einem Zürcher Wohnquartier, wo der FC Winterthur wegen Bauarbeiten in der heimischen Schützenwiese momentan seine Gegner empfängt.
1:5 – was gibt der Trainer seiner Mannschaft nach so einer Halbzeit für den Rest der Partie mit auf den Weg? Die sportliche Wende herbeireden wäre unglaubwürdig. Also appelliert Patrick Rahmen an den Stolz der Spieler. Und er erinnert sie an das Spiel gegen GC vor eineinhalb Wochen (0:5), als der FC Aarau 300 Meter Luftlinie entfernt im Letzigrund nicht nur resultatmässig, sondern auch wegen der Art und Weise des Auftritts sein Gesicht verloren hat.
Immerhin: In der zweiten Halbzeit präsentiert sich der FC Aarau im Utogrund auf Augenhöhe mit dem Gegner, gewinnt sie gar durch ein Tor des eingewechselten Damir Mehidic mit 1:0. Gleichzeitig sollten die Aarauer nicht den Fehler machen, dieser zweiten Halbzeit in der Aufarbeitung viel Gewicht einzuräumen: Winterthur nämlich machte mit vier Toren Vorsprung im Rücken nur noch das Nötigste, was den Gästen die Leistungssteigerung erleichterte.
Darum: Was ist im ersten Durchgang schiefgelaufen? Wie kann es sein, dass der FC Aarau nach den zwei Siegen gegen Wil (4:1) und Chiasso (3:1) wieder sein hässliches Gesicht zeigt und von Winterthur in den ersten 46 Minuten bis zur Pause in seine Einzelteile zerlegt wird? Es gibt mehrere Gründe: Winterthur und am kommenden Freitag Leader Lausanne sind qualitativ andere, sprich viel grössere Kaliber als Wil und Chiasso. Das wird beispielsweise durch die Effizienz der Winterthurer deutlich: Gleich die ersten zwei Chancen verwertet das Heimteam in Person von Doumbia und Buess, mit freundlicher Unterstützung der haarsträubend verteidigenden Aarauer Hintermannschaft.
Keine Minute nach dem 0:2 trifft Winterthur-Verteidiger Lekaj ins eigene Tor, bei den Gästen keimt Hoffnung auf. Doch wiederum nur vier Zeigerumdrehungen später übertölpelt Sliskovic im Laufduell den Aarauer Giuseppe Leo und trifft zum 3:1. Dieses erneute Gegentor kommt für den FC Aarau viel zu schnell und ist letztlich der Genickschlag.
Die Treffer zum 1:4 und 1:5 schliesslich sind die Quittung für das Lehrgeld, das die junge Aarauer Mannschaft an diesem Abend zahlt. Sinnbildlich dafür steht der 18-jährige Linksverteidiger Stevan Lujic, der sich in diesen zwei Szenen vom 35-jährigen Routinier Davide Callà abtrocknen lässt.
Gegen Lausanne wohl wieder mit Neumayr
Patrick Rahmen rang vor der Partie mit sich, ob er zum dritten Mal in Folge mit der gleichen Startelf spielen lassen will. Nach den Eindrücken im Abschlusstraining entschied er sich dafür. Dem Trainer daraus einen Strick zu drehen, wäre falsch. Rahmen hat sich nach dem GC-Debakel für den Weg mit jungen Spielern entschieden, Rückschläge wie dieser gegen Winterthur gehören zu einer solchen Entwicklung.
Klar ist aber: Am Freitag gegen Tabellenführer Lausanne wird die Aarauer Mannschaft anders aussehen. Man darf etwa davon ausgehen, dass der zuletzt drei Mal nur eingewechselte 34-jährige Topskorer Markus Neumayr beginnen wird. Und man muss angesichts von nun 56 Gegentoren in 27 Spielen auch auf die Wohlgesinnung des Fussballgottes hoffen, dass der FC Aarau gegen die beste Offensive der Liga nicht die nächste Kanterniederlage kassiert.