Hausärzte werden mit Impf-Anfragen überhäuft

Seit Anfang Woche wird im Aargau geimpft. Der Ansturm auf die Impftermine war gross, sind doch die im Kanton verfügbaren Dosen Personen über 75 Jahren vorbehalten sowie jüngeren Personen aus Risikogruppen. Anmelden konnten sich über 75-jährige Impfwillige über die Plattform der Kantonsspitäler. Einen Impftermin erhalten haben aber längst nicht alle (wir berichteten). Risikopatienten, die noch keine 75 Jahre alt sind, hatten gar keine Möglichkeit, sich über diese Plattform anzumelden. Hier müsse der Hausarzt die Anmeldung vornehmen, heisst es beim Kanton. Doch darüber aufgeklärt wurden die Hausärzte sehr kurzfristig. Seitens des Departements Gesundheit und Soziales (DGS) des Kantons Aargau heisst es: «Der Aargauische Ärzteverband ist ein wichtiger Partner in der Impfkampagne. Gemeinsam mit ihm wurde ein Rundschreiben an die Hausärzte verfasst, das der Ärzteverband am 5. Januar 2021 verschickt hat.»

Bei den Hausärzten läuft seit der Ankündigung, dass sich Impfwillige bei ihnen anmelden können, die Telefonleitung heiss. So auch bei Heinz Bhend, Präsident der Hausärzte Region Zofingen. Neben der dadurch enstehenden Überlastung der Praxen gibt es noch ein weiteres Problem: Den Hausärzten steht nur eine spezielle Telefonnummer zur Anmeldung zur Verfügung – und diese ist ständig überlastet. So kann Bhend seine Patienten mit einer Anmeldung für einen Impftermin nicht unterstützen. «Weder ich noch meine medizinischen Praxisangestellten haben Zeit für die Warteschleife», sagt Bhend. Ausserdem sei es doch schlicht nicht sinnvoll, alle Patientendaten per Telefon durchzugeben und dabei die Namen allenfalls gar buchstabieren zu müssen. Eine E-Mail sei doch viel zielführender.

Einschätzung liegt weiterhin bei den Hausärzten

Vorläufig bleibt es laut Michel Hassler, Mediensprecher DGS, jedoch so, dass die Hausärzte ihre Patienten lediglich über diese Nummer zur Covid-19-Impfung anmelden können. Jedenfalls so lange, bis ein anderes Terminvergabesystem zur Verfügung steht. «Der Kanton arbeitet eng mit den Hausärzten und dem Aargauischen Ärzteverband zusammen und versucht laufend, Prozesse zu optimieren», sagt Michel Hassler. «Insbesondere wurden auch die verfügbaren Informationen aktualisiert, um der interessierten Bevölkerung aufzuzeigen, dass aktuell seitens Bund nicht mehr Impfdosen zur Verfügung stehen und das kantonale Angebot deshalb begrenzt ist.» Aktuell stünden lediglich rund 2500 Impftermine pro Woche zur Verfügung. Im Kanton Aargau allein wohnen rund 57 000 Personen im Alter von 75 Jahren oder älter sowie schätzungsweise 80 000 Personen unter 75 Jahren mit chronischen Vorerkrankungen. «Die Einschätzung, ob jemand unter 75 Jahren in die Risikogruppe gehört oder nicht, kann aber nur die Hausärztin oder der Hausarzt vornehmen», betont Hassler. «Das wird auch künftig so bleiben.»

Heinz Bhend fordert eine klare Triage seitens Kanton

Das sieht Heinz Bhend eher kritisch. «Ein Risikopatient von mir muss bei einem Kollegen nicht zwingend auch ein Risikopatient sein. Es setzen nicht alle die Kriterien gleich an», sagt er. Darum fände er es sinnvoller, wenn die Hausärzte dem Kanton die impfwilligen (Risiko-)Patienten über und unter 75 Jahre per gesichertem Mail melden. Dieser macht dann eine klare Triage und entscheidet, welche Gruppen zuerst geimpft werden und welche später. Aufgrund dieser Triage verschickt der Kanton dann die Impftermine. Das würde weder einen Ansturm auf Anmeldeplattform und Hausärzte geben noch zu verstopften Hotlines führen und die ethische Entscheidung, wer wann die Impfung bekommt, wäre zentral gelöst. So würde man auch dem Problem entgegenwirken, dass viele über 75-Jährige über keinen Internetzugang verfügen und darum Hilfe bei ihrem Hausarzt suchen.

Aktuell bleibt dieses Problem jedoch bestehen. «Wir empfehlen, dass sich die Personen von ihrem Umfeld – also Familie oder Freunde – oder vom Hausarzt unterstützen lassen», sagt Hassler. Es sei aber auch Geduld gefragt angesichts der Versorgungslage. Auf der Website des Kantons gibt es zudem eine Telefonnummer für medizinische Fragen zum Coronavirus unter www.ag.ch/coronavirus-impfung.