Hochdorf schliesst Fabrik nach 126 Jahren– 120 Jobs weg

Mit diesem Bild wurde für Heliomalt geworben. Bild: zvg
Mit diesem Bild wurde für Heliomalt geworben. Bild: zvg

Hier entstand das Schweizer Kultgetränk

​Hochdorf stellt den grössten Teil des für die Herstellung von Schweizer Schokolade nötigen Milchpulvers her. Das bekannteste Erzeugnis des Unternehmens war indes Heliomalt, ein Malzgetränk in Pulverform. Es war so erfolgreich, dass 1963 eine neue Fabrik in Hochdorf gebaut werden konnte. In den 1990er Jahren verschwand Heliomalt aus dem Markt, 2019 wurden die Namensrechte verkauft. Milchpulver für Babynahrung produziert Hochdorf bereits seit 1908. Vorübergehend stellte man auch Kondensmilch her und Dosenmilch, die zwei Jahre lang haltbar war.

Die Hochdorf-Gruppe, drittgrösste Milchverarbeiterin der Schweiz, schliesst schrittweise ihre Fabrik in Hochdorf. 120 Stellen gehen so im Seetal verloren. 2023 soll die Produktion am Standort im thurgauischen Sulgen gebündelt werden, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. Dort entstehen dann 45 neue Jobs.

In Hochdorf bleibt indes der Hauptsitz des Milchverarbeiters. 70 Leute werden weiter in der Leitung und Verwaltung des Konzerns arbeiten. Verkaufen will Hochdorf hingegen das gesamte Firmenareal. Für die 24 000 Quadratmeter möchte man noch im laufenden Jahr einen Käufer finden. Das Unternehmen will sich dann bei ihm einmieten, bis die Neuüberbauung des Geländes beginnt. «Danach gibt es verschiedene Möglichkeiten», sagte Firmensprecher Christoph Hug.

Als Grund für die Fabrikschliessung wird die angespannte Bilanzsituation genannt. Hochdorf hatte in den vergangenen Jahren viele Firmen gekauft und verkauft. Mit einer Vorwärtsstrategie wollte man sich vom Margendruck befreien. Das Unterfangen scheiterte. Jetzt hat das Unternehmen über 100 Millionen Franken Schulden.

Kein Geld für Investitionen im Seetal

Hochdorf stellt hauptsächlich Milchpulver für die Schokoladeindustrie her. Das Unternehmen versucht stärker im Bereich von Babynahrung und milchbasierten Spezialitäten Fuss zu fassen. Im Thurgau wurde daher in neue Produktionsanlagen investiert. In Hochdorf bestände in den kommenden Jahren ebenfalls Erneuerungsbedarf. Das sei wirtschaftlich nicht zu stemmen, hiess es.

Durch die Werksverlagerung in den Thurgau, wo heute schon die meisten Produktionsmitarbeiter tätig sind, werde der Standort Sulgen «in allen Bereichen profitabler», indem die verarbeitete Rohstoffmenge und damit auch die Auslastung steigen würden. Mit dem Schritt sollen sieben bis neun Millionen Franken jährlich eingespart werden.

Für die Fabrikschliessung in Hochdorf soll der Kontakt mit den Sozialpartnern gesucht werden. Man wolle den Prozess mit allen Beteiligten sorgfältig und sozialverträglich gestalten, schreibt die Unternehmens­leitung.

Milch aus der Umgebung verarbeitet

Von Bedeutung ist die Produktion in Hochdorf aber nicht nur für die dort Angestellten. Die Milch kommt meist aus Betrieben der Umgebung. Die Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP), denen mit Emmi auch das grösste Molkereiunternehmen der Schweiz gehört, liefern über7 Prozent der eingekauften Milch an Hochdorf. Was die Fabrikschliessung für die lokalen Erzeuger bedeutet, ist noch unklar.

Klar ist indes, dass mit der Fabrikschliessung eine 126-jährige Tradition der Milchverarbeitung in Hochdorf zu Ende geht. 1895 gründeten 28 Männer die «I. Centralschweizerische Naturmilch-Exportgesellschaft». Ab 1899 hiess das Unternehmen Schweizerische Milchgesellschaft (SMG), 2000 kam die Umbenennung in Hochdorf Nutritec. Bis 1930 gingen die meisten Produkte in den Export, anschliessend konzentrierte man sich auf den Schweizer Markt.