
Homeoffice: Wer bezahlt den zweiten Bildschirm und die Tastatur für das Büro zu Hause?
Ganz uneigennützig war die Forderung des Logitech-Chefs nicht, die er kürzlich im Interview mit der «Schweiz am Wochenende» machte: «Für mich ist klar: Firmen sollten ihre Angestellten bei den Homeoffice-Investitionen unterstützen», sagte Bracken Darrell, dessen Konzern mit dem Verkauf von Mäusen, Tastaturen, Bildschirmen und anderem Computerzubehör Milliarden einnimmt. «Das steigert die Wertschätzung und die Produktivität.» In der Realität ist hier viel Freiwilligkeit im Spiel, denn die rechtliche Situation in der Schweiz ist nicht ganz klar.
Wer bezahlt denn nun für die Zusatzkosten im Homeoffice?
Die Kurzantwort: Es kommt darauf an. Denn es gibt zuvor zwei Grundsatzfragen, die geklärt werden müssen. Erstens: Werden die Angestellten von ihren Arbeitgebern ins Homeoffice beordert oder wollen sie freiwillig lieber von zu Haus aus arbeiten? Und zweitens: Wird der zweite Bildschirm ausschliesslich oder auch für die Arbeit gebraucht? Je nach Antworten auf diese beiden Fragen müssen die Arbeitgeber alles, einen Teil oder gar nichts bezahlen.
Notwendige Berufsauslagen seien zwingend von den Arbeitgebenden zu übernehmen, sagt Roger Rudolph, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Zürich. «Umstritten hingegen ist, ob diese auch dann für die Rechnung zahlen müssen, wenn Homeoffice auf Wunsch der Arbeitnehmenden eingeführt wird und im Betrieb ein Arbeitsplatz zur Verfügung stehen würde.»
Muss also die Firma für den zweiten Bildschirm zahlen?
Es sei Sache der Arbeitgebenden, die Mitarbeitenden mit den notwendigen Arbeitsgeräten auszustatten, betont Rudolph. «Und das gilt grundsätzlich auch im Homeoffice.» Die Firma muss also auch für den zweiten Bildschirm aufkommen, wenn er für die Arbeit erforderlich ist. Hingegen könnten sich Arbeitgebende und Arbeitnehmende auch auf einen anderen Kostenschlüssel einigen.
«Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn die neue Ausrüstung auch für die Privatbenützung verwendet werden darf», sagt Rudolph. «Umgekehrt sollten auch eine Entschädigungsregelung getroffen werden, wenn private Geräte der Arbeitnehmenden ebenfalls für berufliche Zwecke eingesetzt werden.»

Roger Rudolph: Arbeitsrechtsspezialist und Professor an der Universität Zürich.
Wer zahlt die höhere Stromrechnung?
Notwendige Berufsauslagen seien zwingend von den Arbeitgebenden zu übernehmen, hält Rudolph fest. «Dies gilt auch für eine aufgrund von Homeoffice höher ausfallende Stromrechnung.» Jedenfalls, wenn die Angestellten von zu Hause aus arbeiten müssen. Rechtlich umstritten ist laut Rechtsprofessor Rudolph die Frage hingegen, wenn die Arbeitnehmenden freiwillig Homeoffice machen.
Für den Arbeitgeberverband ist die Antwort jedoch klar: Arbeiten Angestellte im Betrieb und hätten einfach auch die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, dann muss der Arbeitgeber in der Regel «keine weiteren Kosten für das Homeoffice übernehmen», sagt Schwarzenbach. «Mit der Bereitstellung eines Arbeitsplatzes im Betrieb ist er seinen Pflichten schon nachgekommen.»
Wie lange muss man am Abend erreichbar sein?
Ob Büro oder Homeoffice: Es gilt das Arbeitsrecht, das etwa die wöchentlichen Höchstarbeitszeiten von bis zu 50 Stunden, das Sonntagsarbeitsverbot oder die täglich einzuhaltenden Ruhezeiten von elf aufeinanderfolgenden Stunden regelt. Und das viele branchenspezifische Ausnahmen zulässt.
Ohne explizite, vertraglich festgehaltene Abmachung müssen die Arbeitnehmenden in der Regel nur während der ordentlichen Betriebszeiten des Unternehmens erreichbar sein. «Vorbehalten bleiben dringende betriebliche Bedürfnisse», sagt Rudolph, wie etwa eine technische Panne, die eine sofortige Kontaktaufnahme erfordere.
Wer sorgt für den notwendigen Gesundheitsschutz im Homeoffice?
Es ist in erster Linie Sache der Unternehmen, auch bei Homeoffice ihrer gesetzlichen Fürsorgepflicht nachzukommen. «Gleichzeitig stehen aber auch die Arbeitnehmenden in einer erhöhten Pflicht, gerade weil sie im Homeoffice mehr Freiheiten geniessen», sagt Rudolph.
Insbesondere hätten sie die Schutzvorgaben der Unternehmen etwa zur Arbeitszeit und zu den Pausen einzuhalten und bei Problemen die Arbeitgebenden frühzeitig zu informieren, damit diese die notwendigen Vorkehrungen treffen können. Schliesslich können bei Missständen auch die Behörden einschreiten, da Homeoffice nichts an der Anwendbarkeit der Schutzbestimmungen des Arbeitsgesetzes ändert. Auch der Arbeitgeberverband setzt laut Schwarzenbach beim freiwilligen Homeoffice auf die Eigenverantwortung der Angestellten.
Gibt’s politischen Handlungsbedarf?

Daniel Jositsch: Präsident des Kaufmännischen Verbands und Zürcher Ständerrat (SP).
Ja, sagt Daniel Jositsch, Zürcher Ständerat und Präsident des Kaufmännischen Verbands, der zur Allianz der Arbeitnehmerorganisationen «Die Plattform» gehört. Er hat eine Motion eingereicht, in welcher er den Bundesrat dazu auffordert, gesetzliche Grundlagen für Homeoffice zu schaffen.
Die Erfahrungen im Coronajahr hätten gezeigt, dass Klarheit geschaffen werden müsse, etwa in Bezug auf den Gesundheitsschutz aber auch bezüglich Arbeits- und Ruhezeiten. Jositsch plädiert dafür, die «Grundpfeiler einer Homeoffice-Vereinbarung» im Obligationenrecht (OR) festzulegen, in welcher «Umfang der Telearbeit, die Erreichbarkeit, die Vergütung der mit der Verrichtung von Homeoffice verbundenen Ausgaben sowie zur Verfügungstellung von Arbeitsgeräten- und Arbeitsmaterial» geregelt würden. Dies sollte dann für alle Angestellten gelten, welche regelmässig von zu Hause aus arbeiteten.
Rechtsprofessor Rudolph ist skeptisch gegenüber Sonderregeln für einzelne Berufsgruppen oder Angestelltenkategorien. Bei Homeoffice hingegen handle es sich um eine verbreitete, unternehmensübergreifende und absehbar noch weiter zunehmende Beschäftigungsform mit spezifischen arbeitsrechtlichen Regelungs- und Schutzbedürfnissen.
«Vor diesem Hintergrund würde ich eine gesetzliche Regelung begrüssen.» Sie sollte aber ausreichend Gestaltungsspielraum für angemessene betriebliche oder sozialpartnerschaftliche Regelungen belassen. Anders sieht dies der Arbeitsrechtsexperte und emeritierte Professor Thomas Geiser: «Eine strengere Reglementierung ist nicht nötig», sagte er im Juni gegenüber CH Media. «Es ist nötig, sich an die bestehende zu halten.»
Können Homeoffice-Investitionen oder die Miete fürs Arbeitszimmer von den Steuern abgezogen werden?
Im Grundsatz gilt: «Es können nur jene Kosten geltend gemacht werden, die auch tatsächlich anfallen», sagt Joel Weibel von der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Das heisst: Wer Ausgaben fürs Homeoffice in der Steuererklärung abziehen will, kann nicht gleichzeitig die Kosten für die Pendelfahrt und für die auswärtige Verpflegung geltend machen. Nicht alle Kantone waren im Coronajahr 2020 gleich streng bei der Anwendung der Regel.
Zudem gibt es einen Pauschalabzug für berufsbedingte Kosten, der 3 Prozent des Nettolohns und mindestens 2000 und maximal 4000 Franken beträgt. Wer mehr abziehen will, muss strenge Bedingungen erfüllen. Doch auch hier gilt: Die Spielregeln sind von Kanton zu Kanton verschieden.