«Ich bin einer, der einen grossen Willen hat» – mit VIDEO

 

Am Montag vor einer Woche wurde Trainer Lars Leuenberger mitgeteilt, dass der EHC Biel auf Antti Törmänen als Headcoach setzen wird, der an Krebs erkrankt war und nun wieder an die Bande zurückkehrt. Noch am gleichen Tag kontaktiert EHC-Olten-Sportchef Marc Grieder Leuenberger und trifft sich am Dienstag mit ihm und der Oltner Klubführung. Am Sonntag folgt die Einigung, am Montagmorgen kriegt Fredrik Söderström die Absage.

Lars Leuenberger, wie gut kennen Sie den EHC Olten?
Lars Leuenberger: Noch nicht so gut. Wir erleben heute den Start, wir stehen vor einem Marathon, nun sind wir auf den ersten paar Metern. In den nächsten Monaten will ich die Leute des Klubs und die Spieler kennenlernen. Für mich ist das wichtig, damit man Vertrauen aufbauen kann. Auch war es ein Vorteil, dass bereits ein Grundvertrauen da war. Ich habe schon damals beim SC Bern mit Marc Grieder offen über meine Zukunft gesprochen, und so war es für mich sehr interessant. Ich habe schnell gespürt, dass ein ehrliches Interesse an mir vorliegt.

Sie kommen vom EHC Biel nach Olten. Es ist schön, dass Antti Törmänen nach seiner Krebserkrankung wieder coachen kann, doch damit wurde Ihnen eine Chance genommen. Haben Sie geahnt, dass es eine Fifty- Fifty-Entscheidung wird?
Schwierig zu sagen. Ich wusste, dass Antti noch Gespräche führen wird und wir dann informiert werden. Man kann daran nichts ändern und es ist ja auch etwas Schönes, dass in unserem Business das Menschliche eine Bedeutung hat. Ich habe am selben Tag Antti ein SMS geschrieben und ihm gratuliert.

Hatten Sie denn schon einen Plan B in der Hinterhand?
Nein, null. Ich hatte mit Grieder schon mal gesprochen und auch andere Klubs hatten sich gemeldet, aber da war nichts konkret.

Sie waren schon vor zwei Jahren ein Thema in Olten. Was ist heute anders als vor zwei Jahren?
Damals stand ich noch unter Vertrag in Bern, da hatte ich eine andere Rolle (Anm.: Direktor Scouting und strategische Entwicklung). Es war nicht einfach nach dem Meistertitel mit dem SC Bern, verstehen zu können, dass man eigentlich etwas gewonnen hat und doch mit leeren Händen dasteht. Das war brutal für mich persönlich. Ich brauchte Zeit, das zu verarbeiten.

Das muss schwierig sein.
Ich habe gesehen, wie schwierig es ist, einen Job als Headcoach in der Schweiz zu erhalten. Es war ein supercooler Job, ich habe es sehr gerne gemacht in Bern. Aber als Grieder damals mit der Anfrage kam, musste ich mich zuerst finden und wollte wissen, wohin es geht. Es standen auch noch andere Sachen im Raum. Doch irgendwann hat es wieder Klick gemacht.

Was hat denn Klick gemacht?
Ich wusste, dass ich wieder an der Bande stehen möchte. Es fehlte mir das Adrenalin, selber mit einer Mannschaft zu arbeiten, ein Team zu führen, den Takt vorzugeben, Emotionen zu spüren. Was ich drei Jahre gemacht habe, war Empfehlungen abgeben und begleiten.

Das Trainerbusiness ist schnelllebig und mit Risiken verbunden. Mussten Sie sich zuerst bewusst werden, dass Sie in diesem knallharten Business weiterarbeiten wollen?
Ich selber wusste schon immer, dass ich es will. Aber ich musste abschätzen und mir die Frage stellen: Was ist es mir wert? Wie viele Schweizer sind Trainer in den beiden höchsten Ligen?

Nicht viele.
Das ist brutal. Man weiss gar nicht, wie viele gute Schweizer Headcoaches es gibt, weil sie die Chance gar nie erhalten.

Welche Qualitäten bringen Sie als Headcoach mit?
Eine grosse Leidenschaft. Wenn man als Führungsperson bei jemandem das Feuer entfachen kann, ist das etwas vom Schönsten. Das mache ich sehr gerne und bringe ich mit, nebst der Fachkompetenz, die es braucht. In all den Jahren durfte ich viel von Coaches lernen, auf Reisen in der NHL, Finnland oder Schweden konnte ich meinen Rucksack füllen. Und Spieler haben mir in Biel das Feedback gegeben: Wow, auch wenn wir nichts gewonnen haben, aber du hattest den Drive reingebracht, den Willen, etwas gewinnen zu wollen. Und ich fordere sicher viel. Ich bin einer, der einen grossen Willen hat und die Leute mitreissen möchte.

Wie sehr kann Lars Leuenberger böse werden?
Es kann laut werden, wenn es mir den Deckel lupft. Aber es heisst nicht, dass man als Spieler nach einem Fehler versohlt wird. Es geht um das Erklären und Aufzeigen, aber irgendwann reisst bei allen der Geduldsfaden. Wichtig ist: Ich bin nicht fehlerfrei – niemand ist das. Es geht immer darum, was man aus den Fehlern lernt und da wird es vielleicht mal weniger Eiszeit geben. Dabei geht es nicht ums Bestrafen.

Ist Strengsein also passé?
Die neue Generation hört sicher auf etwas anderes. Der Austausch ist intensiver, es muss mehr gesprochen werden, mehr erklärt werden. Wir haben in Biel viel mehr auf Videostudium mit den einzelnen Spielern gesetzt als mit der ganzen Mannschaft. Vor allem mit den Jungen. Um sie nicht vor der Mannschaft blosszustellen.

Olten sieht sich in den Top 4. Das dürfte sich mit Ihren Ansprüchen decken?
Alle, die ich vom Klub schon kennenlernen durfte, sind ehrgeizig und arbeiten hart, um etwas zu erreichen. Ich komme nun nicht nach Olten und sage: Ich will Meister werden und will aufsteigen. Das wäre falsch, denn es braucht sehr viel, um solche Ziele zu erreichen. Und es muss alles passen. Das Ziel muss sein, Leute stolz machen zu können. Dass sie irgendwann wieder mal ins Stadion kommen können und auch bei einer Niederlage sagen können: Wow, das ist eine tolle Mannschaft. Das wird sich sukzessive ergeben.