
«Ich bin sicher: Die Erde wird beobachtet!»
Wenn Erich von Däniken wie in diesen Tagen in den USA auftritt, wird Zofingen immer an prominenter Stelle miterwähnt: EvD sei in Zofingen geboren, heisst es in den Ankündigungen stets. Im Interview spricht der Bestseller-Autor über seinen Geburtsort, Ausserirdische – und warum er trotz Religionszweifeln jeden Tag betet.
Das grosse Büro Erich von Dänikens an der Spielmatte in Unterseen-Interlaken verströmt den Charme eines Mannes, der sich gerne mit Büchern umgibt. Vielen Büchern. Richtig vielen Büchern. Von Däniken, wie immer im blauen Veston, begrüsst den Besucher herzlich und kommt sofort zur Sache: «O.k. my dear», sagt er, «machen wir also das Interview. Wie ist ihr Name nochmals? Pfister? O.k. Also los. Haben Sie das Tonband laufen? Gut. Aber Moment noch.» Von Däniken holt seine Zigaretten. «Rauchen Sie? Bei mir darf man rauchen», sagt er – und steckt sich einen Glimmstängel an.
Ihr Geburtsort ist Zofingen. Haben Sie Kindheitserinnerungen an Zofingen?
Erich von Däniken: Jein. Als Kleinkind überhaupt keine. Aber ich habe meinen 50. Geburtstag im Hotel Zofingen gefeiert, mit etwa 100 Gästen. Das war toll! Und mein Assistent Ramon Zürcher kommt aus Zofingen.
Wie lange waren Sie in Zofingen?
Das weiss ich nicht einmal genau. Das müsste ich meine Mutter oder meinen Vater fragen, und beide sind längst verstorben. Ich schätze, wir waren zwei, drei Jahre in Zofingen.
Haben Sie sich schon als Kind mit Ausserirdischen beschäftigt?
Ich war als Junge ein Halunke, und mein armer, geplagter Papa fand, den müsse man ins Internat stecken. Er brachte mich in das katholische, von Jesuiten geführte Collège Saint-Michel in Fribourg. Dort mussten wir unter anderem Bibel-Übersetzungen machen, lateinisch–griechisch, griechisch–deutsch. Ich hatte damals einen tiefen Glauben an den lieben Gott. Bei den Bibel-Übersetzungen überkamen mich allerdings Zweifel. Ich fragte mich, ob sich in anderen Kulturen des Altertums auch so seltsame Geschichten finden wie in der Bibel. Damit fing es an. Im Gymi. Als 15-Jähriger. Mit Religionszweifeln.
Gab es eine Textstelle, über die Sie besonders stolperten?
Definitiv. Wir mussten vier Seiten des Propheten Hesekiel übersetzen. Der Text entstand im 6. Jahrhundert vor Christus, die ganze jüdische Oberschicht war damals in babylonischer Gefangenschaft. Hesekiel schildert, wie sich der Himmel öffnet und sich von dort ein Fahrzeug nähert. Er beschreibt die Flügel und Felgen des Fahrzeugs, er beschreibt die Räder und den Lärm: wie das Getöse eines Heerlagers, wie das Rauschen und Donnern vieler Wasser.
Für Sie war das nicht mehr das Wirken des lieben Gottes?
Genau. Ich sagte zum Professor, das ist doch nicht der liebe Gott – der braucht doch kein Fahrzeug. «Oh, doch», meinte der Professor, «Hesekiel hatte eine Vision, er sah den lieben Gott auf dem Thronwagen.» Mir reichte diese Antwort überhaupt nicht. Hesekiel war also so etwas wie ein Startschuss.
Das muss kurz nach dem Krieg gewesen sein – Sie haben diesen als Kind erlebt.
Ja, als Bub erlebte ich den Krieg in Schaffhausen, wo ich aufwuchs, hautnah. Ich höre immer noch die Sirenen heulen – Fliegeralarm! Am 1. April 1944 wurde als einzige Schweizer Stadt Schaffhausen bombardiert, ausgerechnet von den Amis, nicht etwa von den Deutschen.
Sie waren damals neun Jahre alt.
Ja. Wir Schüler waren im Steig-Schulhaus, als das Sirenengeheul losging. Alle Kinder mussten in den Keller rennen. Die Lichter gingen aus, die Mädchen kreischten. Die Lehrer kamen und sagten, Schaffhausen werde bombardiert – wir sollten alle auf dem schnellsten Weg nach Hause rennen. Ich lief also nach Hause, etwa drei Minuten. Unterwegs sah ich, dass die halbe Stadt brannte. Zu Hause im Keller traf ich andere Besucher, meine Mutter weinte, man hörte Flak-Feuer: ra-ta-ta-ta-taaa. Irgendwann hörte es auf.
Machen wir einen Zeitsprung in die späten 60er-Jahre. Sie schrieben Ihren ersten Bestseller, waren aber gleichzeitig Hotelier. Wie kam eigentlich dieses erste Buch zustande?
Ich schrieb schon längst vor meinem ersten Buch. Es gab damals eine obskure Zeitschrift namens «Neues Europa». Für diese schrieb ich jeden Monat, schon Jahre vor meinem ersten Buch. Schon Ende 1964 brachte die deutschsprachige kanadische Zeitung «Der Nordwesten» eine ganze Seite von mir. Titel: «Erhielten unsere Vorfahren Besuch aus dem Weltall?».
Das erste Buch kam erst vier Jahre später.
Richtig. Stolz schickte ich das Manuskript dem Econ-Verlag in Düsseldorf. Nach vier Wochen kam es zurück. Kommentar: unprofessionell, ungeeignet! Ich fertigte mühsam etwa 20 Fotokopien an und schickte es an 20 weitere Verlage. Alle schickten es zurück.
Was brachte den Durchbruch?
Jedes Jahr hatte ich im Hotel einen Gast, Thomas von Randow, damals Wissenschaftsredaktor der «Zeit» in Deutschland. Wir duzten uns und fachsimpelten an der Bar, auch über Ausserirdische. «Erich, du solltest ein Buch schreiben», sagte er eines Abends bei einem Glas Wein. «Ich habe ein Buch, aber keinen Verleger», antwortete ich. «Das kriegen wir doch hin», meinte Randow darauf.
Er half Ihnen also?
Am anderen Tag sass er in meinem Büro, eine Szene, die ich nie vergesse. Er telefonierte mit dem Econ-Verlag, wo mein Buch schon rausgeflogen war. Und sagte: «Du Erwin, ich habe hier einen jungen Schweizer neben mir, der hat ein völlig verrücktes Buch geschrieben, aber der Typ ist nicht verrückt. Du solltest ihn vielleicht mal anhören.» Randow reichte mir den Hörer rüber – der Rest ist Geschichte.
Das Buch «Erinnerungen an die Zukunft», wurde ein riesiger Erfolg.
In den USA verkaufte es sich als Taschenbuch etwa sieben Millionen Mal. Verdient habe ich kaum etwas. Als ahnungsloser Jungautor wird man nur reingelegt.
Aber das Telefon hörte nicht mehr zu klingeln auf?
Am Anfang änderte sich nicht viel. Bei der «Weltwoche» arbeitete damals Jürg Ramspeck …
… der spätere Chefredaktor der «Weltwoche» …
… Ja. Ramspeck kam zu mir und schlug einen Vorabdruck vor. Ich willigte ein. Plötzlich wurde mein Buch auf Weltwoche-Aushängen in Zürcher Trams angekündigt. Dann ging es richtig los. Natürlich auch mit den Kritikern.
Von Ihrer Theorie sind Sie seither im Grundsatz nicht abgerückt – oder doch?
Nein. Im Wesentlichen hat sich nichts geändert. Gewisse Dinge sehe ich schon anders. Als junger Mann war ich leichtgläubig, jeder Schmarren, den man gelesen hat, hat man geglaubt. Ich war begeisterungsfähig. Und ich war überhaupt nicht kritikfähig. Mit den Jahren und Jahrzehnten hat sich das komplett gelegt. Ich merkte: Sehr oft haben die Kritiker recht. Ich lernte, mit Wissenschaftlern sachlich zu diskutieren.
All die Diskussionen haben Sie von Ihrer Grundthese nicht abbringen können – und die ist höchst umstritten.
Das stimmt. Vor Jahrtausenden besuchten Ausserirdische die Erde. Unsere Vorfahren begriffen nicht, was das soll. Irrtümlicherweise nahmen sie an, es seien Götter. Die Ausserirdischen benahmen sich, wie sich heute Ethnologen benehmen: Sie studierten die Menschen, lernten ein paar Sprachen, gaben Ratschläge. Irgendwann verabschiedeten sie sich, mit dem Versprechen einer späteren Wiederkunft. Das Versprechen der Wiederkunft war Bestandteil sämtlicher ausgestorbener Kulturen: der Inkas, Mayas und Ägypter beispielsweise.
Haben Ihnen die Verleger nach dem ersten Erfolg den roten Teppich ausgerollt?
So nicht gerade. Erst viel später hörte ich, dass der Verlag nah an einer Pleite war. Dank von Däniken habe er sich wieder aufgerappelt. Manche Autoren meldeten sich beim Verleger und meinten, sie könnten ihre Bücher nicht mehr im Econ-Verlag publizieren, wenn dieser «so einen Mist wie Däniken vertreibt». Darauf hat der Verleger geantwortet: «Wenn ich von Däniken nicht hätte, könnte ich eure Bücher gar nicht vertreiben.»
Es folgten viele weitere Bücher und vor allem Reisen – Ihr Fotoarchiv soll gewaltig sein …
Kommen Sie mit!
Von Däniken steht auf und geht in den übernächsten Raum vor. Vor einem Metallschrank bleibt er stehen und öffnet ein paar der Schubladen.
Beeindruckend.
Ja, diesbezüglich bin ich stolz. 200 000 Dias, alle sind digitalisiert. Ich war fleissig. Wir stellen das Material auch zur Verfügung. Ich will, dass es genutzt wird.
Seit dem Erscheinen Ihres ersten Buches hagelt es Kritik. Tenor: Ihre Theorien sind Humbug, Hirngespinste. Sie waren jahrzehntelang Spott ausgesetzt. Wie gehen Sie damit um?
Ich weiss, dass ich mit der Grundidee auf dem richtigen Pferd sitze und all diejenigen, die spotten, verlieren werden. Das ist nur eine Frage der Zeit. Inzwischen räumt jeder vernünftige Wissenschafter ein, dass es Ausserirdische geben muss – allein schon aus statistischen Gründen. Auch, dass Ausserirdische menschenähnlich aussehen könnten, ist keine abwegige Theorie, beispielsweise vertreten vom 1927 verstorbenen schwedischen Nobelpreisträger Svane August Arrhenius. Viele Dinge, dich ich damals frech in den Raum gestellt habe, sind inzwischen alle denkbar. Der Spott hat auch aufgehört, weil ich gelernt habe, mit den Kritikern umzugehen.
Hat Sie die Kritik verletzt?
Klar, am Anfang war ich verletzt, weil ich glaubte, Kritiker hätten etwas persönlich gegen mich.
Sie haben vor ein paar Jahren einen zweifelhaften Preis erhalten, das «Goldene Brett vorm Kopf».
Ja, von der Skeptiker-Vereinigung. Sie fand, ich hätte den Preis verdient. An jenem Abend, an dem der Preis verliehen wurde, wäre ich sehr gerne in Wien gewesen und hätte ihnen entgegengehalten: «Das Brett vor dem Kopf habt ihr!» Leider konnte ich nicht hingehen, weil ich seit langem eine andere Verpflichtung hatte.
Sind Sie religiös?
Ich bin überzeugt, dass das ganze Universum aus Geist besteht – ich weiss, das klingt unwissenschaftlich. Ich nenne Gott den grandiosen Geist der Schöpfung. Ich kann mir Gott als gigantische Schwingung vorstellen – und wir alle sind Bestandteil davon. Zu diesem undefinierbaren Wesen bete ich jeden Tag, weil ich dankbar bin, Teil davon zu sein.
Sie vertreten also eine Art Pantheismus.
So kann man es sagen. Ich respektiere aber alle Religionen. Und am Ende jedes Vortrags sage ich: Bitte glauben Sie nichts. Ich drehe mich im Grab um, wenn irgendwelche Spinner daherkommen und aus meinem Gedankengut so etwas wie eine Sekte machen – das ist das Letzte, was ich will!
Was wollen Sie denn?
Dass man die Dinge mal von einer anderen Perspektive sieht.
Eine Perspektive, für die es keinen einzigen Beweis gibt?
Vielleicht gibt es diesen Beweis schon – wenn man nur richtig hinsehen will. Ich bin sicher: Die Erde wird beobachtet. Aber es interessiert die Medien nicht. Es wird ja oft von Lügen-Presse gesprochen. Ich halte nichts davon. Die Journalisten, die ich kenne, sind ehrliche Leute – das sage ich jetzt nicht nur, weil Sie Journalist sind. Aber was wahr ist: Es gibt Themen, die werden nicht aufgegriffen. Besser wäre das Wort Verschweiger-Presse. Ich will Ihnen was vorlesen …
Von Däniken steht erneut auf und kramt ein Exemplar seines neusten Buches «Botschaften aus dem Jahr 2118» aus dem Schreibtisch.
Ich habe ein paar Zitate für Sie. «Ich bin mir der Sache sicher: Manchmal durchqueren völlig unbekannte Objekte geräuschlos unseren Luftraum und legen dabei Flugeigenschaften an den Tag, die wir mit unseren technischen Mitteln nicht imitieren können», sagt Denis Letty, Generalmajor der französischen Luftwaffe. Oder: «Ich und einige andere Medien hatten das Privileg, von offizieller Seite darüber informiert zu werden, dass unser Planet bereits von Ausserirdischen besucht wurde und dass das Ufo-Phänomen real ist», sagte Edgar Dean Mitchell, Kapitän von Apollo 14 und sechster Mensch auf dem Mond.
Beweise sind das nicht.
Oder sie kommen in den Medien nicht durch. Der Zeitgeist ist nicht reif. Mitchell sagte mir übrigens einmal bei einem Glas Wein, dass er vor jedem Start angewiesen worden sei, das Wort Ufo oder Ausserirdische nie zu gebrauchen – nur Code-Wörter seien erlaubt gewesen.
Auch kein Beweis. Aber eine letzte Frage: Woher nehmen Sie Ihre unbändige Energie?
Ich weiss es nicht. Die Götter lieben mich! Ich fliege nicht mehr gern in der Weltgeschichte herum. Aber ich bin dankbar, dass ich mit über 80 noch auf der ganzen Welt auftreten kann.
Den Kommentar von Chefredaktor Philippe Pfister zum Interview mit Erich von Däniken finden Sie auch online.