«Ich bin verantwortlich, dass der Schlendrian nicht Einzug hält»

Chris Bartolone, am Mittwoch wäre für die Mannschaft eigentlich ein Erholungstag geplant gewesen, doch es kam anders.

Chris Bartolone: Ja, wir besammelten uns in der Garderobe, weil wir das Gefühl hatten, dass es Redebedarf gibt, um über unsere Situation zu sprechen. Wir gingen nicht aufs Eis, aber wir wollten zusammenkommen, um viele Dinge anzusprechen. Wir hätten uns gerne einen Erholungstag gegönnt, aber das ist zurzeit nicht möglich.

Welche Erkenntnisse zogen Sie aus diesem Teamtreffen?

Nun, unser Spiel ist nicht so schlecht (überlegt lange). Aber es gibt einige Sachen, die mich nicht zufriedenstellen. Ich übernehme Verantwortung für die Dinge, wie sie derzeit vor sich gehen, und ich nehme auch mich in die Pflicht, das Team noch besser auf die Spiele vorzubereiten. Ich wollte wissen, ob jeder Einzelne bereit ist. Es ist keine grosse Sache, an einem freien Tag für 45 Minuten zur Arbeit zu kommen und über Probleme zu sprechen.

Sind Sie zufrieden mit der Aussprache?

Es hat sich gelohnt. Es waren gute Gespräche. Verstehen Sie mich nicht falsch: Wir verfallen nun nicht in Panik, aber ich wollte wissen, wie wir das als Einheit sehen.

Was war der Tenor?

Natürlich will man als Eishockeyprofi so viele Spiele wie möglich gewinnen. Aber wir gelangten zuletzt an einen Punkt, an dem vieles reibungslos und geschmeidig lief. Und wenn man dann plötzlich auf ein Hindernis auf dieser Meisterschafts-Strasse trifft, ist es wichtig, wie man es überwindet und damit umgeht. Ja, es war in meinen Augen sehr wertvoll, dass wir uns alle ausgetauscht haben.

0:3 gegen Ajoie, 1:5 gegen Thurgau. Was lief in Ihren Augen falsch?

Wir müssen in allen Bereichen ein Team werden, von der Defensive in die Offensive und wieder zurück. Und ich übernehme diese Verantwortung, dass wir ein Team werden. Wir müssen in allen drei Zonen auf dem Eis in jeder Phase des Spiels gleichmässig gut, gleichmässig hart arbeiten. Das war zuletzt nicht der Fall.

Sie sprechen nicht zuletzt den kopflosen Offensivdrang an.

Wir sind in Sachen Toreschiessen noch immer an der Spitze, schiessen oftmals fünf oder sechs Tore. Und auf dem Weg zum Sieg spielt man dann noch hier und dort einen schönen Pass, versucht da und dort noch einen ansehnlichen Trick – und dann gewinnen wir. Was ich damit sagen will: Nimmt alles seinen geplanten Lauf, wird man manchmal sehr schnell selbstgefällig. Das ist menschlich. Aber man muss eben auch in der Lage sein, mal einem 0:2- oder 1:4-Rückstand hinterherrennen zu können. Die Frage ist: Wie geht man mit dieser Rolle um? Was ist der Gameplan, wenn eine solche Situation eintrifft? Wir waren noch nicht oft damit konfrontiert und wollen darauf besser vorbereitet sein.

Die Selbstgefälligkeit – ein wunder Punkt. Bei einigen Spielern hält der Schlendrian Einzug, die mit Minimaleinsatz versuchen, Spiele zu gewinnen.

Es ist meine Verantwortung, dass dieser Schlendrian nicht Einzug hält. Ich bin unglaublich detailversessen. Ich will, dass alles in geordneten Bahnen läuft und auch in den Trainings beachtet wird, immer alle Vollgas geben. Als Coach weiss man aber, dass dieses Stop-Signal, dieses Hindernis auf der Strasse der Meisterschaft, irgendwann kommen wird. Das kann nach fünf oder auch erst nach 20 oder 30 Spielen der Fall sein. Das hat nichts mit unseren Gegnern zu tun, das geht nur um unsere Einstellung. Wir müssen daraus lernen.

Hält der Schlendrian mal Einzug, ist es schwierig, ihn wieder loszuwerden. Wie bringt man das aus den Köpfen?

Ich erwähne gerne mein Lieblingszitat, worüber wir auch schon in den Playoffs gesprochen haben: «Man darf nicht zu hoch fliegen und nicht zu tief fallen.» Es ist eine Frage der Mentalität. Vielleicht war auch mein Job ungenügend, weil ich nicht oft genug darauf hingewiesen habe, dass wir nicht zu hoch fliegen dürfen. Unser Treffen am Mittwoch ging auch um dieses Thema. Falls es eine Nonchalance in unseren Reihen gibt, gibt es nur eines: Sie muss so schnell wie möglich wieder aus unserer Garderobe. Das ist nicht der EHC Olten, den wir sehen wollen. Ich denke, alle Spieler wissen, dass man mit etwas Zurücklehnen als Verlierer vom Feld gehen wird – auf jeder Profistufe. Man darf den Gegner nie unterschätzen. Ich nehme das auf meine Kappe und werde noch mehr den Finger darauf legen.

Nach dem Thurgau-Spiel blieb die Garderoben-Türe 25 Minuten lang zu, was noch nie der Fall war, seit Sie in Olten arbeiten. Was haben Sie den Spielern gesagt?

Es geht in die Richtung, was wir im Meeting besprochen hatten: Wir müssen ein Team werden. Als die Resultate für uns sprachen, konnten wir die Schwierigkeiten des Lernprozesses etwas kaschieren. Wir lernen immer noch, wie wir als Einheit funktionieren.

Nur als Team gewinnt man Spiele.

Ich nahm das Beispiel Cason Hohmann. Er hat 17 Punkte. Aber es reicht nicht, wenn man jeden Abend punktet, wir brauchen mehr von ihm – in allen Belangen des Spiels. Die Torhüter spielen grossartig. Sie sind unsere Stütze, auch wenn wir zuletzt fünf Tore gekriegt haben. Aber wir brauchen auch mehr von ihnen – von allen. Es spielt auch keine Rolle, wer Topskorer ist oder was gut aussieht. Fakt ist: Wir brauchen noch immer mehr von jedem Einzelnen. Das basiert auf meiner Arbeit, das Team vorzubereiten, dass jeder seine Rolle annimmt und wir eine starke Einheit werden.

Sie haben im Thurgau-Spiel ein paar Spieler «bänkeln» lassen. Was war Ihre Message dahinter?

Dass sie unseren Gameplan berücksichtigen müssen. Alle haben unserem System zugestimmt, dann hat das jeder zu befolgen. Es ist aber nicht bloss ein System der Coaches, sondern auch ein System der ganzen Gruppe. Wir müssen uns daran festhalten können, um Erfolg zu haben. Aber man darf Veränderungen im Spiel nicht überbewerten. Manchmal muss man etwas versuchen, um Emotionen zu wecken, den Spielfluss des Gegners zu unterbrechen, wie etwa ein Torhüterwechsel oder ein Timeout.

Ein Blick nach vorne: Mit Visp und Langenthal warten zwei schwierige Spiele auf den EHC Olten. Es werden Spiel 7 und 8 in 15 Tagen sein. Ist die Müdigkeit ein Thema?

Es werden zwei harte Spiele sein gegen zwei intakte Mannschaften. Ich bin überzeugt: Wir werden zu einer Reaktion bereit sein. Die Müdigkeit ist da, darf aber keine Ausrede sein. Natürlich ist der Oktober sehr fordernd. Aber es ist für alle Teams ähnlich, niemand kann sich erlauben, freie Tage zu nehmen, weil alles so vollbepackt ist mit Saisonspielen, Cupmatches, Trainings und vielen Reisen. Unter dem Strich war der Oktober ein Gewinn für uns, es waren positive Wochen, aus denen wir viel lernen werden.

Eine zehntägige Nationalmannschaftspause steht bevor. Wie wird diese Zeit beim EHC Olten genutzt?

Wir werden das noch besprechen. Aber auch wir sind Menschen: Es wird sicher eine Auszeit von einigen Tagen geben, in denen wir Kraft tanken können – in mentaler und physischer Hinsicht. Einige werden Verletzungen ausheilen lassen können, bevor es dann schon bald wieder weitergeht.