«Ich habe grossen Respekt vor meiner Mutter, dass sie mich so ausgehalten hat»

Luca Kiener galt einst als grosse Zukunftshoffnung des SC Langenthal und der SCL Tigers. Vor zwei Saisons gehörte der Verteidiger zum Kern der U18-Nationalmannschaft, ausserdem hatte er als erster 2000er überhaupt, Spiele im NLB-Team des SC Langenthal bestritten. Plötzlich verschwand das Talent aber von der nationalen Eishockeybühne. Und eine Rückkehr dorthin ist vorerst nicht in Sicht.

Der 28. November 2017 war ein spezieller Tag für Luca Kiener. Der damals 17-Jährige bestritt an diesem Abend bereits den dritten Einsatz für den SC Langenthal. Auf seine Einsätze für den Heimatclub sei er heute noch stolz, sagt er. Alfred Bohren, Langnauer Trainerlegende und heute Berater bei den SCL Young Tigers, sagte damals, dass Kiener eines der grössten Talente in der Organisation sei. Für Bohren war klar: Er könnte es schaffen. Damit konfrontiert wird Luca Kiener einen kurzen Moment nachdenklich. «Ja», meint er, «das tut weh.» Dass Kiener enttäuscht ist, ist nur logisch. Seit einem Check im Januar 2018 ist er quasi Eishockey-Invalid.

Rasanter Aufstieg bis ins Langenthaler Fanionteam

Begonnen hat Luca Kieners Karriere in Langenthal. Bis ins zweite Novizenjahr spielte der Verteidiger bei den Oberaargauern, ehe er zu den Young Tigers wechselte. Als den Langenthalern wegen Verletzungen im Winter 2017 die Verteidiger ausgingen, erhielt der Herzogenbuchseer ein Anruf vom damaligen Sportchef Noël Guyaz. «Er sagte mir: Heute ist Training und Morgen Match – und dann war ich dabei», erzählt Kiener, «einst war die NLB mein Ziel und plötzlich war ich als 17-Jähriger schon da.» Er träumte von Einsätzen an der U18-WM und einer grossen Karriere in der NLA.

Im Januar 2018, bei diesem Spiel in Lugano, wurde ihm aber die 59. Minute zum Verhängnis. Kopfvoran flog er nach einem Check in den Rücken in die Bande. Als er auf der Bank ankam, hatte er Kopfschmerzen. Tagelang, ja monatelang, legten sich diese nicht. Kiener versuchte mehrmals, aufs Eis zurückzukehren. Aber ständig pulsierte sein Kopf, Besserung war keine in Sicht. Was folgte, war ein krasser Bruch in seinem Leben: Während einem Jahr konnte Kiener kaum die Handelsschule besuchen, an Eishockeyspielen war gar nicht zu denken. «Ich fühlte mich in meinem Alltag nicht mehr wohl», erinnert er sich. Eishockeyspiele schauen sei wie Gift gewesen, selbst vor dem Fernseher. Gesprochen habe er darüber jedoch kaum, obwohl es gerade seinem Umfeld auffiel, dass sich vieles verändert hatte. «Ich war nicht mehr ich. Ich war dauernd gereizt und unzufrieden», erinnert er sich, «ich habe grossen Respekt vor meiner Mutter, dass sie mich so ausgehalten hat, wie ich war.»

Es drohen weitreichende Konsequenzen

Mittlerweile ist aber schon wieder vieles anders. Luca Kiener sitzt entspannt im Langenthaler Schoren und schaut den Spielen «seines» SCL zu, ohne sich zu ärgern. «Ich bin wieder der Alte», sagt er und schmunzelt. Er habe merken müssen, dass die Gesundheit oberste Priorität habe. Dabei half auch die Aussage eines Arztes, der überspitzt sagte, «dass ich mich bei einer weiteren Gehirnerschütterung vielleicht nicht einmal mehr an meinen Namen erinnern kann.» Im Fitnesstraining findet er heute einen Ausgleich, ausserdem hilft der 19-Jährige seit dieser Saison im SCL-Nachwuchs als Assistent von U15-Trainer Martin Schaub mit. Daneben hat er die Handelsschule frisch begonnen. «Das hat nun Priorität», sagt er. Eishockey ist in seinem Leben höchstens zweitrangig und als Beruf kein Thema mehr. Auch eine Rückkehr als Spieler in tieferen Ligen sei nicht geplant, sagt Kiener. Einerseits plagen ihn die Kopfschmerzen weiterhin rund zwei Mal wöchentlich, andererseits will er den Gefühlen, die vielleicht hochkommen könnten, noch keine Chance geben. Psychisch habe er diesen Lebensabschnitt aber nun besser verarbeitet, weiss er. «Aussagen, wie jene von Alfred Bohren, hätten mich vor einem Dreiviertel-Jahr wohl noch in Tränen ausbrechen lassen. Aber heute kann ich damit leben.»

Immerhin bleiben ihm nicht nur die schlechten Seiten seiner Leidenschaft erhalten. Nicht missen will er seine Erinnerungen an jene fünf Spiele in Gelb-Blau. Und ausserdem hängt zu Hause sein SCL-Trikot mit der Nummer 9 über dem Bett. Es ist ein Beweis dafür, dass er sein Ziel doch irgendwie erreicht hat. Immerhin lief er für «seinen» SC Langenthal im Profi-Team auf.

Eine empfindliche Niederlage

 

Der SC Langenthal enttäuscht gegen die GCK Lions vor heimischem Publikum und verliert mit 1:4. Dabei lassen sie vor allem im physischen Bereich vieles zu wünschen übrig. Während 40 Minuten gewann der SCL kaum einen Zweikampf, während die Junglöwen energisch zu Werke gingen. «Viel zu wenig aggressiv», bemängelte auch Verteidiger Mathieu Maret, «das Blocken von Schüssen fehlte fast gänzlich.» Das hatte denn auch Konsequenzen: Nach einem Drittel lag Langenthal mit 0:1 in Rückstand, als es nach 35 Minuten 0:3 stand, wechselte Jeff Campbell seinen Torhüter, um ein Zeichen zu setzen. «Heute hat vieles nicht gepasst», sagte Yves Müller, «wir haben nicht auf den Mann gespielt, waren zu wenig hungrig – den Sieg haben wir so nicht verdient.»

Langenthal agierte im Schlussdrittel etwas besser, der Motor kam aber nie wirklich in Gang. Simon Sterchi gelang es in der 49. Minute nach der besten Offensivkombination das 1:3 zu schiessen. Axel Simic, der beste Gäste-Spieler, schoss die Scheibe in der 59. Minute schliesslich ins verlassene Tor zum 1:4. «Nach dem tollen Spiel in Kloten ist das hier sehr schade», so Maret. Für Sonntag, zum Auswärtsspiel gegen Winterthur hat der Verteidiger sofort eine Reaktion angekündigt. Gegen den EHCW verlor Langenthal bisher noch nie – und das soll so bleiben.