
Im Auge des Betrachters
Wann haben Sie das letzte Mal Tränen gelacht? Ich weiss es ganz genau – es war beim Lesen einer Medienmitteilung der Kantonspolizei Solothurn. In Olten war jemand in ein Wohn- und Geschäftshaus eingebrochen – was per se überhaupt nicht zum Lachen ist. Aber: Die Beschreibung des Täters war so detailliert, so farbig im wahrsten Sinne des Wortes, dass ich mir nicht nur ein Lachen nicht verkneifen konnte, es liefen mir tatsächlich Lachtränen über die Wangen. Denn der Täter war laut Zeugenaufruf der Kantonspolizei Solothurn in einen WEISSEN Ganzkörperanzug gekleidet, der eine ROTE Aufschrift trug. Dazu trug der Täter GRAUE Handschuhe und eine WEISSE Hygienemaske, eine GRÜNE Baseballmütze und SCHWARZE Sneakers. Der Werkzeugkoffer, den er mitführte, war SCHWARZ-ORANGE, die Umhängetasche WEISS-BLAU. Und zu guter Letzt flüchtete der Täter mit einem DUNKELBLAUEN Fahrrad mit GRAUER Aufschrift.
Ich sass da und versuchte mit erstickter Stimme meinen Kollegen die Pressemitteilung vorzulesen, während ich mir die Lachtränen aus dem Gesicht wischte. Die Kollegen fanden aber zu meinem Erstaunen die Mitteilung nicht halb so lustig wie ich. Sie lächelten höflich, in mein Lachen einstimmen wollte aber keiner so richtig. Und so zeigt sich wieder einmal mehr: So vieles liegt im Auge des Betrachters, nicht nur die Schönheit, auch das Empfinden, was im jeweiligen Kontext lustig ist – oder eben nicht. Und so habe ich mich gesammelt, mit einem Schmunzeln ein letztes Mal den Text gelesen und mich dann wieder meinen Aufgaben zugewandt. Gleichzeitig habe ich aber gehofft, dass diese ebenso detaillierte wie farbenfrohe Täterbeschreibung die Solothurner Kantonspolizei bei der Fahndung nach dem Einbrecher unterstützen wird.