
Im Keller für einen guten Zweck den Windschatten genutzt
Für Triathleten ist es nichts Aussergewöhnliches, zuhause oder drinnen zu trainieren, sprich auf der Rolle Rad zu fahren, auf einem Laufband zu rennen oder im Hallenbad das Schwimmen zu verbessern. Einen kompletten Langdistanz-Triathlon daheim zu absolvieren, ist aber doch eher speziell. Der Deutsche Jan Frodeno, dreifacher Sieger beim Ironman Hawaii, tat genau dies. Im Pool mit Gegenstromanlage auf der Terrasse schwamm er zuerst 3,86 km. Dann pedalte er 180,2 km auf der Rolle mit immer demselben Blick aus dem Fenster in Girona, 100 Kilometer nordöstlich von Barcelona, wo er mit seiner Frau und den Kindern lebt. Zum Schluss rannte Jan Frodeno einen Marathon auf dem Laufband. Der 39-Jährige «finishte» nach 8:33:40 und sammelte bei seinem Indoor-Rennen mehr als 200 000 Euro Spendengelder. Das meiste kam zusammen durch Zuschauer, die Frodenos «Wettkampf» im Livestream dank Webcams mitverfolgten und bestens unterhalten waren dank per Videocall zugeschaltete Sportgrössen. Frodenos Spendengeld kommt den Helfern in Girona zugute, die gegen das Corona-Virus kämpfen und der Organisation «Laureus Sports for Good».
Auslöser für die verrückte Idee, zuhause einen Ironman zu absolvieren, war das Kindermädchen von Jan Frodenos Familie. Die ausgebildete Krankenschwester meldete sich freiwillig, um im Spital zu helfen.
Virtuell gegen 1500 «Gümmeler» unterwegs
«Eine schöne Geschichte und einfach eine tolle Idee von Jan Frodeno», fand auch der Zofinger Hobby-Triathlet Martin Salm. Auf der Radfahr- und Lauf-Online-Plattform Zwift fuhr er an jenem Samstag wie viele andere virtuell, daheim auf seiner Rolle, gegen und mit Jan Frodeno. «Zu Beginn fuhren rund 1500 ‹Gümmeler› mit, etwa 100 waren die gesamten 180 Kilometer dabei», erzählt Martin Salm. Er pedale auch in Corona-freien-Zeiten im Training lieber im Keller als mit hohem Tempo im Strassenverkehr, weil das weniger gefährlich sei. Der 53-Jährige war hinter Frodeno bald mit einer sechsköpfigen Gruppe unterwegs, in der sich die Fahrer via Chat gegenseitig motivierten. «Franzosen waren dabei, ein Neuseeländer, es war witzig», sagt Martin Salm und scherzt: «Und anders als bei ‹richtigen› Rennen durften wir windschattenfahren. Für den Kopf ist es anspruchsvoller, auf der Rolle oder auch auf dem Laufband so lange unterwegs zu sein als real im Wettkampf.»
«Sein» wichtigstes Rennen findet 2020 nicht statt
Letztlich verlor der Bankangestellte mit 4 Stunden 51 Minuten auf Frodeno etwa 40 Minuten. «Die Zeit war egal, ich bin ja nicht Profi wie er, mitmachen und etwas für den Körper zu tun war die Hauptsache.»

Auf ein Ziel hin trainiert der ehemalige Fussball-Schiedsrichter heuer nicht, sprich nicht mehr. Er habe seine Saison quasi abgebrochen, werde dann, wenn es wieder Wettkämpfe gibt, an einem aus dem Training heraus spontan teilnehmen. Sein Fokus lag heuer auf dem Kult-Triathlon Challenge Roth vom 5. Juli. Zum zweiten Mal nach 2019 hatte er sich einen der 3500 Startplätze ergattert. Das Rennen wurde aber abgesagt. «Für die Veranstalterfamilie ist das ein harter Schlag, der existenzielle Sorgen mit sich bringt. Ihre Situation bewegt mich sehr», so Martin Salm. Statt Jan Frodeno mit Spendengeldern zu unterstützen, kam er dem Aufruf der Challenge-Roth-Organisatoren nach. Salm verzichtet darauf, sein Startgeld zurückzufordern, um so die Chancen zu erhöhen, dass der Anlass 2021 stattfinden kann. Er freut sich bereits auf ein «Hammer-Rennen» im Juli 2021.
Denn eines fehlt in einem Tri@home definitiv, wie Martin Salm betont: «Die Stimmung am Streckenrand.» So war es denn auch für Jan Frodeno seltsam, als er seinen Indoor-Wettkampf beendete und einfach das Laufband ausschaltete, statt den Applaus vom Publikum geniessen zu können.