In der Schweiz nachgewiesen: Jetzt bereitet die brasilianische Mutante sogar Berset Sorgen

Am 26. Februar 2020 hat ein 61-jähriger Brasilianer als Erster das Coronavirus nach Brasilien gebracht – aus Norditalien. Heute fürchtet sich die Welt vor der brasilianischen Variante P.1, auch bekannt als «Manaus-Mutation», die nun den umgekehrten Weg nach Europa geht.

Die Daten auf der Webseite CoVariants der Universität Bern zeigen, dass die brasilianische Virusvariante ausserhalb Brasiliens bislang noch selten ist. Trotzdem: Die ansteckende Mutation verbreitet sich seit einiger Zeit auch ausserhalb des riesigen lateinamerikanischen Landes. Die Mutation aus dem brasilianischen Amazonas-Gebiet wurde bislang in 25 Ländern nachgewiesen. In Deutschland sind rund 130 Fälle bekannt, in der Schweiz 12. In den meisten der betroffenen Länder geht man davon aus, dass sie sich im Land selbst noch nicht durch Ansteckung verbreitet hat, sondern durch Reisende aus Brasilien importiert worden ist.

In Brasilien selbst ist P.1 bereits die dominierende Variante des Coronavirus. Die Mutation ist verwandt mit jener der südafrikanischen Variante, die bis heute in 48 Ländern festgestellt worden ist, darunter auch in der Schweiz.

In Brasilien ist die Pandemie-Situation derzeit so angespannt wie in keinem anderen Land der Welt. Etwa 314’000 Menschen sind seit Beginn der Pandemie gestorben. Die Todesrekorde in Brasilien werden jeden Tag aufs Neue gebrochen. Zuletzt starben mehr als 3700 Menschen an Covid-19 – an einem einzigen Tag.

Ansteckender, aber nicht gefährlicher

Das liegt nicht zuletzt daran, dass P.1 als ansteckender gilt als der Urtyp von Sars-CoV-2. Dass diese Variante ausgerechnet in Manaus entstanden ist, hat eventuell damit zu tun, dass dort im vergangenen Jahr bereits etwa 70 Prozent der Menschen infiziert waren. Deshalb spricht man bei P.1 von einer Escape- oder Fluchtmutation, die sich neben den bestehenden Antikörpern in immunisierten Körpern einen Weg gesucht hat.

Befürchtet werden deshalb Reinfektionen wie auch eine reduzierte Wirkung des Impfstoffs gegen P.1. Für beides gibt es gemäss Richard Neher von der Universität Basel allerdings bisher keine wissenschaftlichen Hinweise aus den ersten Untersuchungen.

Trotzdem ist die Furcht vor der «Manaus-Mutation» weltweit gross. Schliesslich hat man vor einem Jahr bereut, den Flugverkehr aus und nach Wuhan nicht schneller gestoppt zu haben. Portugal hat die Flugverbindungen nach Brasilien schon länger eingestellt und die Sperre kürzlich bis Mitte April verlängert.

In der Schweiz hat sich Bundesrat Alain Berset am Mittwoch zu möglichen Reiseeinschränkungen geäussert: «Wir verfolgen die Situation in Brasilien besorgt», sagte der Bundesrat. Es gebe aber weniger Flüge als üblich. Alle, die aus Brasilien kommen, müssen beim Einsteigen ins Flugzeug einen negativen Test vorweisen und sich in der Schweiz unverzüglich in Quarantäne begeben. Das reicht gemäss Berset derzeit aus.

Man könne sich fragen, ob zusätzliche Massnahmen nötig seien, wie damals, als die britische Virusvariante aufgekommen ist, sagte Berset. Eine Blockierung von Flügen sei aber eine sehr harte Massnahme, die man nicht lange aufrechterhalten könne. In der EU gilt grundsätzlich bis auf eine Handvoll Ausnahmen ein generelles Einreiseverbot aus Drittstaaten. Das betrifft neben Nordamerika auch Südamerika und damit Brasilien.

Neue Tansania-Mutation aufgetaucht

Ausgenommen sind jedoch «essenzielle» Reisen, zum Beispiel aus dringenden familiären Gründen, für Menschen in Gesundheitsberufen oder für Rückkehrer. Sie müssen bei der Einreise einen negativen Test vorweisen und anschliessend in Quarantäne. Die EU-Kommission rät von einem totalen Flugverbot ab. Da Gesundheitspolitik aber in die nationale Kompetenz fällt, entscheidet am Schluss jedes Land selbständig über Flugverbote.

Sorgen bereitet jetzt auch eine neue Mutation aus Afrika, die bei drei Tansaniern nachgewiesen worden ist. Die Variante A.VOI.V2 hat 31 Mutationen. Viel ist über die Tansania-Mutation aber noch nicht bekannt. So ist etwa unklar, wie verbreitet diese Variante im Land selbst ist. Immerhin weiss man, dass sie die Mutation N501Y nicht enthält, welche sowohl in den britischen, südafrikanischen und brasilianischen Varianten vorkommen und diese ansteckender machen.